Gojira - The Link

Review

Was fällt mir nicht alles Skurriles ein, wenn ich an die Zukunft des Metal meine Gedanken verschwende… Meine persönlichen Ansprüche und Hoffnungen? Knallhart, bruchsicher, vielfältig, einfallsreich, nachhaltig, unpathetisch, selbstbewusst, schwer verdaulich, gänzlich Nostalgie- und Klischee-resistent, glaubwürdig. Jaja, schöne Utopie, was? – Nicht ganz. Es scheint, als habe eine kleines, französisches Konsortium unbescholtener Musikerfinder eine Verknüpfung zu dieser schönen, neuen Welt jenseits aller metalhistorischer Vergangenheitsbewältigung aufgezeigt. Das bereits zweite Album dieses Quartetts nämlich weist in steinschwerem wie widerspenstigem Sound einen bemerkenswerten Weg in ungeahnte Fluren einer liebgewonnenen Landschaft, die man aber bislang für leider Gottes endlich hielt. Fast ausschließlich mittels des altbekannten und schon oft für ausgereizt erklärten Werkzeugs, machen sich Gojira auf Erkundungsreise an den Rand des Probaten, kreuzen hier die touristisch überlasteten Pfade SEPULTURAS, lassen sich dort von CRYPTOPSY zu unnachahmlichen Hyperblast-Experimenten beflügeln und kratzen unbefangen am Industrial-Thron der FEAR FACTORY. Dabei harrt der Schwerpunkt der Musik auf bleiern lastenden Riffs, auf einer schwülen, apokalyptischen Atmosphäre. Mal in drückender Flaute, mal in halsbrecherischer Geschwindigkeit findet Gojiras Hammer das Genick des Zuhörers. Das phantastisch tighte Werk von Drummer Mario hindert auch das massivste Riff am Zusammenbruch unter der eigenen Last, ohne dabei selbst nervös oder selbstsüchtig zu wirken. Dazu schließen sich halb melodisch brüllend oder kehlenschwer grunzend, aber ununterbrochen brachial die Vocals in die Gewalt atmende Umgebung ein. – Gojira haben mit The Link die Brücke in eine optimistische Metal-Zukunft geschlagen und der derzeit populären „Back-to-the-roots“-Nostalgie unerschrocken und unbefangen den Rücken gekehrt. Nach dem gierigen Aufsaugen von „Rememberance“, „Indians“ oder „Inward Movement“ zeichnet sich in mir die Hoffnung ab, dass Totgesagte länger leben und dank unkonventioneller Charaktere wie dieser der Terminus „New Metal“ einmal nicht mehr mit U$-amerikanischer Crossover-Inflation und ihrem weltweiten Klon-Gefolge assoziiert wird, sondern seiner einst hoffnungsvollen und von Innovation kündende Klangfarbe wieder Rechnung tragen kann. Dieses Album ist – bei aller musikalischer Schwere – ein zuversichtlicher Aufbruch!

01.11.2003
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