Harasai - The I-Conception

Review

HARASAI aus Essen haben sich die Produktion ihres Albums ordentlich was kosten lassen und wie auch schon zu Demo-Zeiten Dan Swanö für die Soundfragen engagiert. Das Ergebnis dieser Wahl ist, dass „The I-Conception“ einen ziemlich wuchtigen und professionellen Rahmen verpasst bekam. Gerade die Gitarren und der Gesang braten ordentlich am Limit, zu billiges Equipment wie läppische PC-Lautsprecher könnte mit dem Ergebnis leicht überfordert sein. Trotzdem: Wer Wert auf eine anständige Produktion legt, und das dürfte da für so ziemlich jeden gelten, für den bleiben keine Wünsche offen.

„The I-Conception“ hat mehrere Dinge nicht, die bei anderen Alben und Demos junger Bands viel von der Energie kaputt machen: Keinen hohlen Drum-Sound, kein unfertig klingendes Gesamtbild, kein druckloses Gepolter. HARASAI klingen relevant, frisch und zeitgemäß, und das unterstreichen auch die Songs, die über weite Strecken sehr viel Potenzial erkennen lassen. Das gilt insbesondere für den Opener „…Into Oblivion“ (schon vom gleichnamigen Demo bekannt) und für „A Constant Disbelief“, eine sehr eingängige Nummer, die von Björn Gooßes (THE VERY END, NIGHT IN GALES) mit cleanen Vocals aufgepeppt wurde. Schön auch das ständig präsente Gitarrengefiedel, bei dem sowohl die untermalenden Leads wie auch die Riffs und Soli ordentlich Gas geben und die gegen die allgegenwärtige Stumpfheit schön den Mittelfinger erhebt. Melodic Death mit gitarrentechnsicher Hingabe – dieses Stilmittel konsequent zu nutzen ist in diesem Genre fast die halbe Miete. Mitreißende Gitarrenmelodien sind letztlich die Essenz eines guten Melodic Death-Songs. Eine überlange Nummer wie das am Ende platzierte „The Endless Road“, mit ruhigem Intro und Break stellt natürlich noch nicht die gesamte kompositorische Welt in den Schatten, zeigt aber, welchen Weg sich HARASAI auch zu gehen trauen: Den etwas ausunfernden, weitaus kunstvolleren. Das sorgt für Abwechslung, auch wenn auf „The I-Conception“ exakt dieser Punkt vielleicht noch das größte Manko ist: Aha-Momente und Augenblicke vollkommener Erhabenheit fehlen noch. Konsequent den eingeschlagenen Weg verfolgt, wird auch das allerdings nur eine Frage der Zeit sein. Auch gesangstechnisch wird die auf diesem Album schon überzeugende Leistung von Martin sich in absehbarer Zeit weiterentwickeln, diese Zeit, bis sich der unwiderstehliche Charme der Band auf seinem Höhepunkt befindet, muss man der Band zugestehen.

Insgesamt ist „The I-Conception“ also ein Werk, in das besonders Genre-Fans mal reinhören sollten. Es dürfte interessant sein, die Entwicklung dieser Band zu beobachten. Das, was derzeit noch an herausragendem Material fehlt, kann sich schon bald als der letzte nötige Schritt entpuppen. Songtechnisch ist HARASAIS Debüt erstaunlich reif und hochwertig, natürlich gibt es aber auch noch etwas Luft nach oben. Professionalität und Leidenschaft für die Musik sind bei diesen ersten Lebenszeichen am wichtigsten. Und da muss man bei „The I-Conception“ nicht lange suchen.

18.12.2010
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