Hell - Curse & Chapter

Review

Als HELL vor zwei Jahren ihr beinahe sehnsüchtig erwartetes Debüt „Human Remains“ veröffentlichten, schien die von der Tragik des Selbstmordes von Originalsänger und -gitarrist Dave Hallyday überschattete NWoBHM-Kultband endlich eine Art Abschluß gefunden zu haben. Der Durchbruch schien der 1982 gegründeten Band aufgrund von Pech mit ihrem damaligen Plattenlabel und dem anschließenden Split, der zu Hallydays drastischem Schritt führte, auf ewig verwehrt zu bleiben. Doch mit „Human Remains“, auf dem die Songs, die die Band in den Achtzigern geschrieben hatte, im neuen Gewand mit Andy Sneap an der zweiten Gitarre und David Bower am Mikro, schlußendlich doch das Licht der Welt erblickten, schlugen HELL recht große Wellen und legen jetzt mit „Curse & Chapter“ den Nachfolger vor.

Im Gegensatz zum Vorgänger konnten sich HELL auf „Curse & Chapter“ nicht mehr ausschließlich auf altes Material verlassen, sondern haben neben einigen bereits live erprobten Songs, die ihren Ursprung in der Frühphase der Band haben, auch einige neue Tracks geschrieben (hier findet ihr mehr über den Entstehungsprozess des Albums).

Nachdem „Human Remains“ überwiegend positive Kritik erhalten hat, lag die Meßlatte für „Curse & Chapter“ ziemlich hoch. Nach dem soundtrackartigen Intro „Gehennae Incendiis“ (das mit den Worten In a world devoid of divinity only the human remains eine schöne Überleitung vom Vorgänger schafft) folgt das vorab als Single veröffentlichte „The Age Of Nefarious“, welches bereits Appetit auf das Album machte und schnell zeigt sich: HELL haben es geschafft, das Debüt noch zu toppen.

Stilistisch ist „Curse & Chapter“ im selben Bereich angesiedelt: melodischer, hymnischer klassischer Heavy Metal. Aber was unterscheidet eigentlich ein gutes von einem sehr guten Album?

HELL schaffen es auf der neuen Platte, ein echtes Gesamtkunstwerk zu erschaffen. Das beginnt logischerweise mit den Songs, die so facettenreich sind, das man bei jedem Hördurchlauf etwas Neues entdeckt. Der Teufel steckt bekanntlich (auch in der Hölle) im Detail: jedes einzelne Element auf „Curse & Chapter“ ist durchdacht und äußerst liebevoll arrangiert. HELL verstehen es, durch den Einsatz von Interludien, die teils durch Samples, teils durch gesprochene Passagen (in „Darkhangel“ sogar eine Originalaufnahme von Aleister Crowley!) im Zusammenspiel mit der Musik eine cineastische Atmosphäre zu kreieren, die den Hörer in eine andere Welt versetzen.

Das Paket wird ergänzt durch das Artwork, die bandtypischen sowohl okkulten als auch gesellschaftskritischen Texte im Verbund mit den teils mysteriös anmutenden Songtiteln und natürlich den theatralischen Gesang von David Bower. Diese Qualität, ein derart stimmiges Ganzes abliefern zu können, haben nicht viele Bands seit den Tagen von MERCYFUL FATE.

Im Vergleich zu „Human Remains“ kommen die Songs auf „Curse & Chapter“ ein wenig besser auf den Punkt, was sich zum Beispiel auch bei den Längen der einzelnen Tracks zeigt (kein Song über acht Minuten). HELL scheuen sich auch nicht, in einigen Songs fast schon poppige Passagen zu verwenden, wie im Pre-Chorus von „Darkhangel“ oder im an DEPECHE MODE erinnernden Keyboard-Intro zum abschließenden „The Vespertine Legacy“. Neben dem erneut erstklassigen Höllenspektakel, das Kevin Bower und Andy Sneap and den Gitarren abliefern, kommen diesmal auch die Keyboard-Parts besser zur Geltung (und erinnern in „Deathsquad“ und „The Disposer Supreme“ gar an das letzte STAR ONE-Album).

Großartige Platte, die über die gesamte Spielzeit von knapp einer Stunde nie auch nur einen Funken Langeweile versprüht! Es wird zwar sicherlich wieder einige Puristen geben, die an der fetten Andy-Sneap-Produktion rummäkeln, aber „Curse & Chapter“ ist ganz großes Kino und eines der Highlights des Jahres!

Repent you sinners now or you will surely burn in HELL!

Anspieltips: „The Age Of Nefarious“, das mit einem bombastischen Refrain à la BLIND GUARDIAN ausgestatte „End Ov Days“, und die old-schooligen „Land Of The Living Dead“ und „“Deliver Us From Evil“


21.11.2013
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