Helrunar - Niederkunfft

Review

Wenn es um anspruchsvollen, ernst zu nehmenden Pagan Black Metal geht, führt schon seit Jahren kein Weg an HELRUNAR vorbei. Mindestens seit „Baldr ok Íss“ sowie dem Doppelalbum „Sól“, welche man durchaus als Referenzwerke bezeichnen kann, ist die Truppe einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Es erfreut mich ganz besonders, wenn sich Qualität, Ideenreichtum und Eigenständigkeit doch durchsetzt wie hier im Falle von HELRUNAR, welche nun unter dem Titel „Niederkunfft“ erneut ein Werk an anspruchsvollen, ausdruckstarken, atmosphärisch dichten Metal mit mythologisch inspirierten, tiefgründigen Texten veröffentlichen.

„Niederkunfft“ stellt einen musikalischen als auch konzeptionellen Bruch in der bisherigen Geschichte von HELRUNAR dar. Was die Texte anbelangt, befasst sich Sänger Skald Draugir zum ersten Mal mit einem historischen Thema, dem europäischen Menschen an der Schwelle vom Mittelalter in die Neuzeit. Aberglaube und Ängste im Konflikt zwischen Religion und Aufklärung. Auch musikalisch haben sich HELRUNAR weiterentwickelt und bieten eine neue, interessante Herangehensweise. Das Duo klingt nunmehr deutlich nihilistischer, bedrückender, apokalyptischer und niederschmetternder als bisher. Waren die bisherigen Werke stark von der zerstörerischen Kraft des nordischen Black Metal inspiriert, gesellen sich hierzu nun verstärkt Elemente des drückenden ungeschliffenen Doom/Death Metals. Eine Entwicklung, die sich bereits mit „Wein für Polyphem“ von der Split-CD mit ÁRSTÍÐIR LÍFSINS ankündigte. Wo früher oftmals kalte Raserei herrschte, setzen HELRUNAR nunmehr meist auf zäh schleppende, getragene Rhythmen bis zum Midtempo. Wie bspw. im Englisch (!) gesungenen „Devils Devils Everywhere!“ das zwischen der drückenden Schwere des Dooms, harschem Old School Schwedentod und garstigem verstörendem Black Metal pendelt. Direktes schweres Riffing trifft Sägenleads, auf klare Gitarrenpassagen, sphärische Dynamik und Pianoklänge. Skald Draugir präsentiert sich ebenso abwechslungsreich, flüstert, kreischt, growlt, singt melancholisch klar, spricht, und erreicht damit eine wahnsinnig emotionale, finster beklemmende Tiefe. Zurück zu den schwarzmetallischen Wurzeln geht es im entfesselt treibenden „Magdeburg brennt“. Durch die Erweiterung des Black Metals um die neuen Facetten gewinnen die Klangwelten von HELRUNAR an Ausdrucksstärke. Über allem herrscht eine sehr dichte, herrlich morbide Atmosphäre. 

Zweifelsohne liefern HELRUNAR mit „Niederkunfft“ eine weitere in sich geschlossene, sehr intensive Glanzleistung ab. Das Duo geht seinen eigenen Weg, ist nicht mehr so rasend wie auf den Frühwerken, überzeugt dafür aber mit einer (nieder)drückenden Stimmung, die es in sich hat!

02.03.2015

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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