Isenordal - Shores of Mourning

Review

Bereits 2017 haben ISENORDAL, deren Stil irgendwo zwischen Pagan, Doom Metal und Neofolk verortet werden kann, ihr Debüt-Album „Shores Of Mourning“ herausgebracht, damals über Bandcamp und auf Kassette bei Eternal Warfare Records. Seitdem ist einiges passiert – unter anderem veröffentlichte der Sechser aus Seattle mit „Spectral Embrace“ nur ein Jahr später bereits eine zweite Platte, die allerdings komplett dem Neofolk gewidmet war. Nun erscheint „Shores Of Mourning“ erneut, dieses Mal bei Prophecy Productions und hat außerdem ein wunderschönes neues Cover Artwork spendiert bekommen.

ISENORDAL – Keine Angst vor etwas Kitsch

Wellenrauschen verdeutlicht direkt zu Beginn des Titel-Tracks das maritime Thema der Scheibe, wobei die Wahl, ein elfminütiges Opus als Opener zu wählen, durchaus ein mutiger Schritt ist. Die zuckersüße Klaviermelodie macht dabei auch bereits eines klar: Angst vor etwas Kitsch à la CRADLE OF FILTH darf man bei ISENORDAL nicht haben, obwohl dieser stets wohldosiert eingesetzt wird. Das heisere, recht stark in den Hintergrund gemischte Krächzen von Kerry Hall scheint die raue Natur zu symbolisieren, wirkt aber dabei nicht unangenehm, sondern seltsamerweise fast harmonisch und fügt sich bestens in den melodischen, von traurigen Celli und Violen dominierten Sound ein. Später geht der Gesang in tiefere Growls über, die wie das Grollen eines Sturms klingen.

Die Gitarrenarbeit bleibt oft minimalistisch, scheint aber durch schöne Soli immer wieder hervor. Die ebenfalls eingeflochtenen weiblichen ENYA-Gesänge wirken gleichermaßen beruhigend wie tragisch. Wir befinden uns übrigens immer noch im titelgebenden Opener, in dem die Band sogar beweist, dass sie auch einen wilden Taifun – in Form von schnellen Blast Beats und dramatisch fauchendem Gebrüll – entfesseln kann. Die elf Minuten vergehen wie im Flug , „Shores Of Mourning“ steht für sich und begeistert von Beginn an. Das Wagnis, ein solches Mammutwerk an den Anfang des Albums zu stellen zahlt sich am Ende aus, da der Hörer sofort in die Welt von ISENORDAL gesogen wird.

„Of Winged Fire And Crawling Shadow“ beginnt mächtig und kraftvoll, wuchtige Riffs bekommen mehr Raum und erinnern ein wenig an frühen Viking Metal. Der Neofolk wird hier zu Gunsten von mehr Metal – meist irgendwo zwischen Doom und Black – zurück gefahren, was ebenfalls bestens funktioniert. Im weiteren Verlauf variieren die sechs Musiker (und -innen) ihren Stil immer ein wenig, gehen mal folkiger, mal doomiger, mal Black-Metal-lastiger zu Werke. Dabei gehen sie gerade so weit, dass kaum Langeweile aufkommen kann, ohne dabei aber ihre am Anfang festgelegten Soundpfade zu verlassen. Ganz an die Intensität der ersten beiden Songs anknüpfen kann dabei allerdings nur noch „A Gallows Prayer“, das vor allem mit seinen großen Gitarrenmelodien und dem furiosen Finale punkten kann.

Soundtrack für trübe Dezembertage – „Shores of Mourning“

Ein trüber Dezembertag, man kommt geschafft von der Arbeit, eine miese Erkältung bahnt sich ihren Weg und man möchte sich nur noch mit einem guten Buch auf das heimische Sofa verkriechen. ISENORDAL bieten mit „Shores Of Mourning“ den perfekten Soundtrack dafür, der nun noch einmal einer größeren Hörerschicht zugänglich gemacht werden dürfte.

Alle Kompositionen sind ausladend, aber immer schlüssig und nie bloßes Stückwerk. Nicht alle Songs gehen dabei gleichermaßen unter die Haut, was grundsätzlich mal wieder Meckern auf hohem Niveau ist. Der zunächst eigenwillig erscheinende Stilmix der Band ist in jedem Fall erstaunlich stimmig, wobei Trost und Trostlosigkeit so nah beieinander liegen, wie selten.

Ob ISENORDAL sich nun komplett dem Neofolk verschreiben werden, wie auf ihrem Zweitling „Spectral Embrace“ ist zwar immer noch fraglich – diese erneute Veröffentlichung des Debüts legt aber zumindest nahe, dass man sich von seinem ursprünglichen Stil noch nicht ganz verabschiedet hat, was angesichts seiner Qualität auch unbedingt wünschenswert wäre.

22.12.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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