Messa - Close

Review

Es steht eigentlich außer Frage, dass die aus Italien stammende Band MESSA zu den interessantesten und begehrtesten „Neulingen“ aus dem Doom-Metal-Underground gehören. Es kommt nicht allzu häufig vor, dass ein Debüt-Album („Belfry“ von 2016) so sehr überzeugen konnte, dass sich ein kleiner Kult herum gebildet hat. Noch seltener ist es dann, dass ein ohnehin starkes Erstlingswerk mit „Feast For Water“ noch einmal übertroffen werden konnte. Doch MESSA scheinen unaufhörlich den Genre-Thron weiter hochzuklettern. Kein Wunder, dass das simpel als „Close“ betitelte Album Nummer drei von Connaisseurs heiß ersehnt wird.

Mit MESSA in andere Sphären

Schon seit ihrem ersten Album ruhen sich MESSA nicht ausschließlich auf elaborierten Doom-Gefilden aus. Vielmehr lassen sie auch gerne andere Elemente aus Blues, 60s Rock und Jazz mit einfließen. Und das ist am Ende auch ihr besonders großes Trademark, mit dem sie sich bisher von vielen anderen Bands absetzen konnten. Doch auf „Close“ haben MESSA ihr musikalisches Spektrum spürbar erweitert. Schon der Opener „Suspended“ glänzt einer deftigen Prise Soul garniert mit leichten Doom-Schüben, die sich aber nie aufdrängen. In der zweiten Hälfte bricht der Song dann auf und klingt phasenweise wie ein verruchter Bond-Song, der dann aus dem Nichts mit einem jazzigen Gitarrensolo gekrönt wird. Der Gesang von Sara B. rückt hier deutlich mehr in den Vordergrund und zeigt, wie sehr diese in den letzten vier Jahren an ihrer Stimme gearbeitet hat. War sie schon auf „Belfry“ und „Feast For Water“ ein Highlight, so ist sie jetzt eine Gigantin geworden.

Ein wilder Ritt

Ganz anders dann jedoch „Dark Horse“, welches – für MESSA-Verhältnisse – mit peitschendem Rhythmus aufwartet und entfernt an härtere THE DEVIL’S BLOOD erinnert. Doch abermals zeigen MESSA, dass man sie nicht nur an drei Minuten Songmaterial beurteilen sollte. Denn auch hier lohnt es sich, bis zur zweiten Hälfte abzuwarten, bis sich MESSA in einem wahren Genrerausch geraten, der irgendwo zwischen Occult Rock, Dark Jazz, Doom Metal anzusiedeln ist. Und schon folgt die nächste Überraschung auf „Orphalese“, dessen Bassklarinetten-Intro  uns dezent in 1001 Nacht entführt und immer wieder von Oud-Klängen getragen wird. Das alles gepaart mit düster-okkulten Klängen sowie der abermals überragenden Sara ergibt eine aufgeladene Grundstimmung, die man so auch von MESSA nicht erwartet hätte. Definitiv eines der größten Highlights des gesamten Albums.

Das nachfolgende „Rubedo“ hingegen steht wieder in ganz klassischer MESSA-Manier und zeigt, wie sehr MESSA ihren eigenen Doom-Sound noch weiter ausgebaut haben. Und weil die Oud schon zuvor so gut funktioniert hat, kommt sie dankenswerterweise auch auf „Pilgrim“ zum Einsatz. Hier jedoch nur als kleines (fast dreiminütiges) Intro, bevor es dann mit für MESSA typischen Doom weitergeht.

Closer to the Stars

Auch das 10minütige Opus „0=2“ glänzt mit seinem wilden Ritt durch zahlreiche Genres. Den Anfang machen durch Synthesizer getriebene Ambient-Klänge im Stile von VANGELIS und Steve Roach, die dann vom psychedelischen Rock der 60er Jahre abgelöst werden (auch hier wieder mit der Oud verfeinert). Nur um sich dann in knackigen Doom aufzubrechen (jetzt sogar mit Dulcimer garniert). Den krönenden Höhepunkt bietet dann das Solo-Duell zwischen Saxophon und Synthesizer.

Wem bei dem warmen „If You Want Her To Be Taken“ nicht das Herz aufgeht, werfe den ersten Stein. Denn das vor allem von der Lead-Gitarre und Gesang getragene bluesig-soulige Stück reißt einen schon von der ersten Sekunde an in seinen Bann. Und wer hätte gedacht, MESSA könnten nur behäbigen Doom spielen, wird auf dem 44 Sekunden (viel zu kurzem) „Leffotrak“ (lest das Wort einmal von hinten nach vorne) eine Lektion gelehrt. Denn hier wird einem mal eben feinster Blackened Speed Metal präsentiert (kein Scherz!). Auch mit „Serving Him“ liefern MESSA ein mehr als würdiges Finale für das ohnehin schon vor Highlights nur so strotzende „Close“ ab.

Ein Muss für Doom-Fans

Schon seit ihrem ersten Album „Belfry“ konnten MESSA mit Fug und Recht als neue Messlatte für kommende Doom-Metal-Bands betrachtet werden. Mit ihrem neuesten Album „Close“ jedoch haben sie diesen Status nicht nur abermals zementiert. Sie zeigen vor allem auch, dass sie über jegliche Genregrenzen hinweg als eine der besten modernen Bands betrachtet werden müssen, ohne dass sie dabei jemals „moderne“ Einflüsse in die Szene bringen. Sie zeigen jedoch auf unnachahmliche Art und Weise, wie man verschiedene, eigentlich szeneuntypische Klänge und Instrumente in gegebene Genres etablieren kann, ohne dass es jemals überspitzt oder allzu aufgesetzt wirkt. Bleibt zu hoffen, dass MESSA den Höhepunkt ihres kreativen Schaffens noch nicht erreicht haben und wir noch viel mehr Alben wie „Close“ genießen dürfen. Dass sie hiermit nur knapp an der Bestwertung vorbeischrammen, liegt an der nicht ganz günstig gewählten Integrierung der Fillersongs („Hollow“ und „Leffotrak“) in die Tracklist.

14.03.2022
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