Misery Speaks - Misery Speaks

Review

Langsam scheint auch den Plattenfirmen bewusst zu werden, dass der Kahn mit Namen „Metalcore“ bald vor Übervölkerung kentern wird. Und so besinnt man sich zusehends auf angestaubtes Vokabular und versucht, die Bands, die noch immer unvermindert wie die Pilze aus dem Boden schießen, wieder als Melodic Death Metal zu verkaufen. Zugegeben: ein großer Unterschied war da noch nie wirklich auszumachen. Aber trotzdem riecht das doch ein wenig nach Etikettenschwindel um der Differenzierung willen.
MISERY SPEAKS ist nun eine dieser „neuen“ Melodic Death Metal Bands. Und tatsächlich passt diese Bezeichnung doch etwas besser auf die fünf Münsteraner, als das ausgelutschte und längst überdehnte „Metalcore“. Auch wenn man sich in die Mucke etwas mehr reiner Metal verirrt hat, ist die Nähe zum Metalcore dennoch nicht zu überhören. Als passender Vergleich dürfte die aktuelle NEAERA durchgehen. Mit zahlreichen Breakdowns, aggressiven Stakkato-Thrashparts und den obligatorischen Mosh-Einlagen bedient man sich munter beim gängigen Stil-Repertoire, die AMON AMARTH-soundalike-Stellen inklusive. Was MISERY SPEAKS ein wenig vom Einheitsbrei abhebt, sind die feinen Gitarrensoli, die immer wieder durch das Riffgewitter blitzen, und dem sonst sehr brachialen Material etwas Würze geben. Besonders die relativ häufig auftretenden Twin-Guitar-Passagen sorgen für rudimentäres Göteborg-Feeling.
Beim Songwriting verlässt man bewährte Pfade jedoch selten. Den erwähnten Wechsel aus Stakkato- und Moshparts, die über die Breakdowns miteinander verbunden werden, hat man nun wirklich schon bis zum Erbrechen oft gehört. Ebenso tut sich auch bei den Münsteranern wieder das Paradoxon des melodischen Metal ohne echte Melodien auf. Die Synapsen sind einfach zu überreizt, als dass man damit noch großartige Reaktionsmuster auslösen könnte. Trotzdem muss man den Jungs zugestehen, dass sie ihre Mucke verdammt tight zocken und dass sie genau wissen, was die Leute hören wollen. Leider klingt das für mich zu sehr nach Nummer sicher. Nicht einmal nach besser gewollt aber nicht besser gekonnt, denn was die Instrumentenbeherrschung angeht, gibt es wirklich nichts zu mäkeln. Aber wer sich heute mit dieser Musik noch einen Namen machen will, sollte die ausgetrampelten Pfade lieber meiden. Da reicht es eben nicht, „Melodic Death Metal“ draufzuschreiben.

12.07.2006
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