Misþyrming - Algleymi

Review

MISÞYRMING haben bewiesen, dass sich Qualität meist durchsetzt. Gerade mal eine Split mit SINMARA sowie das starke Debütalbum „Söngvar elds og óreiðu“ hat die Band auf die international Metal-Landkarte gehievt. Ihre beeindruckend kraftvollen Live-Shows dürften dem ebenso zuträglich sein und die Erwartungen an das Zweitwerk enorm gesteigert haben. Die Frage ist daher: Kann „Algleymi“ mit der Bürde der Erwartungshaltung trefflich umgehen und diese gar erfüllen?

Die Antwort ist simpel wie klar: Ja! Zumindest auf die Schnelle. Denn „Algleymi“ verdient mehr als einen flüchtigen Blick und ein vermutlich liebloses Däumchen nach oben. Denn die Details auf Album Numero zwei benötigen mehr Aufmerksamkeit …

… MISÞYRMING haben sich nämlich nicht der Selbstwiederholung hingegeben, sonders sich entwickelt, ohne völlig neu zu klingen. „Algleymi“ besitzt genauso viel Spielfreude, Detailreichtum und vor allem eine massive Wucht, die schon das Debütalbum auszeichnete. Doch die Isländer sind ein Stück geradliniger geworden und etwas vom teils Obskur-Dissonanten abgerückt, ohne jetzt plötzlich leichte Kost zu sein. Daher erübrigt sich hier eine Unterteilung in „besser“ oder „schlechter“ von vornherein.

„Algleymi“ entfesselt einen Sturm

Stattdessen wählen sie einen dezent anderen Ansatz, der die Trademarks nicht verleugnet, dafür aber in Sachen Konsistenz sehr konsequent wirkt. So fegt schon der Opener „Orgia“ völlig entfesselt aus den Boxen und lässt einen erst im Mittelteil mit den MISÞYRMING-typischen, verqueren Leads durchatmen, um am Ende in einem wahrlich berauschenden Höhepunkt zu gipfeln. Dem Quartett auf Platte zu lauschen ist schon ein besonderes Schauspiel. „Algleymi“ vereint wie der Vorgänger verschiedenste Elemente zu einem homogenen Bild, das sich teils sehr ausgeklügelt und teils nach Jam-Session fähiger Musiker anfühlt. So präsentiert sich „Með svipur á lofti“ beispielsweise gerade im Mittelteil so gedankenverloren verspielt, dass es wirkt, als würde sich das Quartett hier spontan in einen Rausch spielen. Das faszinierende dabei: Es funktioniert im Songkontext und wirkt nicht nur einmalig, sondern vor allem nachhaltig …

… und so darf man sich auf „Algleymi“ auf allerhand spannende Details einstellen, die im ersten Eindruck gar nicht zum Vorschein kommen. Im Ersteindruck sind MISÞYRMING nämlich, gerade bei entsprechender Lautstärke, wie ein gewaltiger Sturm, der einen genauen Blick gar nicht zulässt. Über die Dauer entpuppt sich das Zweitwerk allerdings als Ansammlung diverser großer Ideen, die auch noch großartig umgesetzt wurden. Insbesondere die Eigenschaft, sich immer wieder in einen hypnotischen Rausch zu spielen, überträgt sich spielend von den Musikern auf den Zuhörer – und allein diese großartig hoch-schrägen Leadgitarren, die in „Alsæla“ ihren Höhepunkt erreichen, sind nicht nur typisch, sondern in der dargebotenen Form schon einzigartig grandios. Ohnehin ist besagtes „Alsæla“ eines der herausragenden Stücke, das in puncto Abwechslung, Dynamik und Spannungsaufbau in den gut sechs Minuten kaum zu übertreffen ist.

MISÞYRMING erfüllen spielend alle Erwartungen

Womit wir so langsam beim Ende der Betrachtung angekommen sind und ich wiederholt konstatieren muss, dass MISÞYRMING jegliche Erwartungen spielend erfüllen – und darüber hinaus noch überraschen. Ein fulminanter Nachfolger eines bereits hervorragenden Debütalbums, das den Status als eine der spannendsten Island-Exporte noch um einiges steigert – gerade weil sie im ohnehin großartigen Black-Metal-Kosmos der Insel noch einen ganz eigenen Stil fahren.

22.05.2019

Chefredakteur

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