Mistur - In Memoriam

Review

Freunde der als WINDIR-Erben gehandelten Bands brauchen seit jeher vor allem eins: Geduld! COR SCORPII werkeln derzeit wohl noch am Nachfolger ihres Debütalbums „Monument“ (2008), während MISTUR mit „In Memoriam“ immerhin nach sieben Jahren ihr Zweitwerk veröffentlichen. In der schnelllebigen Zeit besteht häufig die Chance, in Vergessenheit zu geraten, nicht so bei den Norwegern – stilistisch gibt es in dieser Sparte zum Glück kaum Konkurrenz.

Allen voran nicht auf diesem Niveau. Das Warten hat sich also gelohnt. „In Memoriam“ lässt nämlich binnen Sekunden Bilder von großflächigen Wäldern, ausladenden Fjordlandschaften und verschneiten Bergen entstehen – immer getragen von der MISTUR ureigenen, ganz natürlichen Melodiösität. Die Norweger haben Ihre Welt nämlich, wenig überraschend, erneut größtenteils auf majestätischen Melodien und bereichernder Synthie-Untermalung aufgebaut – nie störend, nie kitschig.

„In Memoriam“ besitzt durchaus einen wohldosierten Pathos, der gut zu einer stimmungsvollen Wanderung  durch nordische und kalte Landschaften passt. Bei all der Melodie haftet MISTUR auch immer eine gewisse Rauheit an. Neben all den majestätischen, mitreißenden Melodien weist das Zweitwerk auch Kanten auf – so ist schon im Opener „Downfall“ das Zusammenspiel aus packender Leadgitarre und fantastischem Klargesang einerseits und schroffen, stürmischen Riffs und Keifen andererseits imposant.

Ein Abfallen oder Abwenden von dieser Gangart ist in der Folge selten zu beobachten. „Distant Peaks“ etwa beginnt deutlich stürmischer, entwickelt sich ungefähr zur Mitte hin in eine etwas proggige, aber unspektakuläre Richtung und zeigt damit eine seltene Ausnahme auf dem MISTUR-Zweitling – nicht alles ist wirklich begeisternd.

Das ist allerdings schnell vergessen. Sowohl das ruppige „Firstborn Son“ als auch die melodischen Höhepunkte „Matriarch’s Lament“ und „The Sight“ zeigen, dass sich bei MISTUR die Geduld eindeutig gelohnt hat.

„In Memoriam“ wird Liebhabern des Sognametals allein bei der Erwähnung das Herz höher schlagen lassen. Allerdings wäre es fatal, MISTUR in den Schatten WINDIRs zu stellen. Denn die Band besitzt genügend eigene Ansätze, um mehr als eine Fortführung von Valfars Erbe zu sein. Trotzdem, von der Hand zu weisen ist die Basis Ihres Klangs auch auf diesem Album nicht – aber wen stört das schon?

23.04.2016

Chefredakteur

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