Moss - Sub Templum

Review

Die neue MOSS ist die alte. Aber das ist eigentlich egal. Ein süßes Nichts in tonnenschwer. MOSS zelebrieren radikale Langsamkeit. Kein Fließen, nur Statik, es herrscht nichts als monolithischer Stillstand. Sie dröhnen dich um das Bewusstsein, lullen dich ein mit volumenstarkem Beharren, mit veredelter Erstarrung und dramatischer Ereignislosigkeit. Orientierung wird zur reinen Glückssache.

Ihr zweites Album „Sub Templum“ (dazu unzählige Splitreleases mit Kombattanten wie NADJA, TORTURE WHEEL, WOLFMANGLER und MONARCH) ist ein erhabenes Todesröcheln aus dem schwärzesten Höllenschlund, dabei hymnisch wie ein Psalmengesang. Wo andere Bands aus diesem Genre mit langen Pausen zwischen kultisch aus- und anklingenden Akkorden Langsamkeit auf eine samtweiche Weise zelebrieren, dienen die Pausen zwischen den einzelnen Noten hier einer Atmosphäre beklemmender Bedrohung und psychotischer Verstörung. Dabei rühren sie für halbe Ewigkeiten keinen Finger. Wenn dann plötzlich doch ein Riff durch das Kellerfenster lugt, in den oft nur durch wenige Anschläge strukturierten Soundwall bricht, sitzt der Schrecken besonders tief, dann schwappt jedes Riff als minutelanges Rauschen über die Großhirnrinde, um sich schließlich von dort wabernd durch den ganzen Körper zu arbeiten und sich irgendwo tief in den Gedärmen ein warmes Plätzchen zu sichern. Als reizender Symbiont oder gefährlicher Parasit, darüber kann jeder selbst entscheiden. Die vier Stücke – mit denen sie die maximale Spielzeit des CD-Formats ausreizen – kosten Nerven und Zeit, und die Zeit dehnt sich, vergeht gar nicht. Sie schmerzen. Zermürben. Und belohnen, aber nur wenn man sich wirklich darauf einlässt.

Die runtergedeibelte Gitarre produziert ein dunkelschwarzes Fundament, wie bei SUNNO))) und KHLYST. Positiv anzumerken ist, dass Dominic Finbow seine langsamen, durch und durch subharmonischen Crescendi mit einer facettenreichen Klangsprache ausgestattet hat. Von Virtuosität zwar weit entfernt, raubt er seinem sechssaitigen Instrument durch geschickte Modulationen die eigentliche Klanglichkeit. Manchmal sind Finbows Akkorde fast körperlos, existieren nur noch als Schwingungen, SUNNO))) schlummern auch hier. Zeit schluckt Materie. Oder so. Der Hauptunterschied zu O´Malleys und Andersons Ultra-Motion-Drone besteht darin, dass MOSS ihrer Musik durch einen, wenn auch kaum nachvollziehbaren Beat eine Struktur geben. Das Ereignis auf „Sub Templum“ ist allerdings Olly Pearsons Gewürge, das klingt, als würde ein großes, haariges Untier lebendig gehäutet werden. „Sub Templum“ spaltet. Es ist weder Drone noch Doom noch auch nur ansatzweise Metal, es ist perfekte multifunktionale Gebrauchsmusik – für Snuff-Filme, anti-hedonistische Feste unter Tage und Kiefer-Chirurgen.

30.05.2008
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