Negator - Die Eisernen Verse

Review

Kann man jemanden beerben, der noch unter den Lebenden weilt, offiziell jedenfalls? Hört sich fast so an. NEGATOR treten, für mich schon ein bisschen überraschend, nach ihrem eher traditionellen Debüt „Old Black“ mit diesem zweiten Album die Nachfolge von SETHERIAL an, als jene noch wussten, wie man schwedischen Black Metal gekonnt und wiedererkennbar in Szene setzt. „Die Eisernen Verse“ pendeln sich in vierzig Minuten irgendwo zwischen der Sphäre und Emotion von „Nord“ und der kalten, wüsten Überschall-Raserei von „Hell Eternal“ ein, was mich als Bewunderer beider Alben – und nur der – sehr freut. Die eigene Note kommt trotzdem nicht zu kurz, gerade Nachtgarms charakteristische Stimme macht da viel her.
Weiß der Teufel, wie und warum jedenfalls diese Kurskorrektur bei NEGATOR zustande gekommen ist, ihre Sache machen sie so gut, als bestünde ihr Lebensinhalt aus kaum etwas anderem. Die Gitarren sind wiedererkennbar, differenziert arrangiert und so windig gemischt, dass so etwas wie ursprüngliche heaviness kaum aufkommen kann. Das erledigen allerdings andere – der Bass brummelt mit Urgewalt 3 Oktaven unter den Gitarren und das Drumkit fliegt beinahe auseinander angesichts der brachialen Urgewalt des Schlagzeugers, der unglaubliche Blastspeeds und orkanartige Doublebassstürme massenhaft auffährt. Zum Ende hin kommen dann die Verschnaufpausen: „Das Erbe“, instrumental, erstmals mit soetwas wie sanfter Harmonie, die oft an die erste BORKNAGAR erinnert; „Die eherne Replik“, schwelgend in wieder sehr an „Nord“ erinnernden Akustikgitarren, dann wieder aufbrausend und wild, um in dem ebenfalls instrumentalen „Harvester of storm“ auszulaufen.
In der Tat ernten NEGATOR das, was andere vor 10 Jahren oder mehr gesät haben und von dem viele andere Bands glauben, sie hätten es schon in ihren Kornspeichern sicher. Sicherlich, die Truppe ist arrogant, aber eine von wenigen, die sich das erlauben können. Durch das Album fließt mehr vom Blut alten Black Metals als in allen NSBM-Alben der Welt zusammen, und auch mehr als in den meisten Werken derjenigen Bands, die sich selbst als Erbe der zweiten Black-Metal-Welle ausgerufen haben. Sicherlich sind „Die Eisernen Verse“ nicht die Erfüllung für jeden, der nach Black Metal der alten Schule sucht, gerade die Liebhaber typischen norwegischen Stils kommen nicht immer ganz auf ihre Kosten – trotzdem muss man dieses Album neidlos als eines der besten in diesem Jahr anerkennen. Das gilt auch für dieses Meisterwerk an Produktion, das an Durchschlagskraft und Angemessenheit wirklich seinesgleichen sucht und so manche Stage-One- oder Abyss-Produktion ziemlich blass klingen lässt. Nächstes Mal noch ein bisschen mehr Emotion, und meine Wertung fällt zweistellig aus. Das ist aber auch alles, was ich auszusetzen habe.

28.11.2005
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