Novembers Doom - To Welcome The Fade

Review

Die passende musikalische Untermalung zur „Jahreszeit voll Dunst und mürber Fruchtbarkeit“ bieten uns Novembers Doom mit ihrem aktuellen fünften Longplayer „To Welcome the Fade“. Die wohl bekannteste amerikanische Melodic-Doom-Death-Band britischer Prägung setzt auf diesem Werk ihren auf dem vielgelobten Vorgänger „The Knowing“ (2000) gesetzten Kurs konsequent fort: mal schleppendes, mal treibendes Doom-Death-Klanggewitter mit süßlicher Melodik, häufig unterbrochen von verträumten, spärlich instrumentierten Passagen; unaufdringliche sphärische Keyboards; kraftvolle und dabei stets klar verständliche (!) Growls in wechselnder Kombination mit klagendem Sprechgesang und ausdrucksstarken männlichen wie weiblichen Gesangseinlagen. Verstärkt wurde die bereits auf dem Vorgängeralbum überzeugende Dynamik (die Vergleiche mit den Doom-Landsmännern Morgion zuließ/zulässt), die eine unglaubliche Bandbreite und kontinuierlich variierende Intensität der Emotionen vermittelt. Im Vergleich zu früheren Veröffentlichungen scheint diesmal allerdings mehr Wert auf Eingängigkeit gelegt worden zu sein, was in einem deutlich größeren Midtempo-Anteil bzw. im variableren und punktgenaueren Einsatz von Doom-Death-Stilmitteln der frühen Neunziger hörbar wird. Unterstützend wirkt hierbei auch die sämtliche Nuancen durch- und ausleuchtende Produktion, für die kein Geringerer als Neil Kernon (u.a. Cannibal Corpse, Judas Priest, Nevermore) verantwortlich zeichnete. Anspieltipps: die ergreifenden „Within My Flesh“ und „Dark Fields For Brilliance“ (einer der besten Novembers Doom-Tracks überhaupt!) als Stellvertreter der schleppenden Doom-Spielart, das straighte „Not The Strong“ (dessen Songanfang stark an Opeth erinnert) sowie das groovige „Lost In A Day“ – beides Vertreter der schnelleren Marschrichtung. Doch nicht alles ist Gold, was glänzt. „If Forever“, eine Akustik-Ballade mit klarem männlichen Gesang, torkelt haarscharf am Kitsch-Abgrund entlang, auch und vor allem aufgrund der (albumweit) recht simplen Lyrics, die vielleicht für Sänger/Texter Paul Kuhr ehrliche Innenansichten seines Seelenlebens darstellen, die nichtsahndende Hörerschar mitunter aber stark an tausendfach durchlittene Gothic-(Metal-)Herzschmerz-Klischees denken lässt. Auch die verzerrten Vocals auf „Spirit Seed“ hinterlassen einen leicht bitteren Nachgeschmack, da sie nicht so recht zur unmittelbaren Songumgebung und Stimmung passen wollen, und diese „Innovationen“ daher den Eindruck erwecken, reiner Selbstzweck zu sein. Doch auch mit diesen eher kleinen Schwächen würde ich „To Welcome the Fade“ zusammen mit der kürzlich erfolgten Wiederveröffentlichung des Kultalbums „Dust“ (2000) von Mourning Beloveth zu den bislang besten Melodic-Doom-Death-Platten 2002 zählen. Novembers Doom haben mit diesem Longplayer die Weichen auf Erfolg gestellt, und es bleibt zu hoffen, dass ihnen dieser nicht zu Kopf steigt und ihnen auch weiterhin eine ausgewogene Balance zwischen Kontinuität und Weiterentwicklung gelingt.

09.10.2002
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