Phantom Winter - Her Cold Materials

Review

Mit ihrem bereits vierten Album „Her Cold Materials“ bahnen PHANTOM WINTER den Weg zu neuen Ufern. Während die letzte Scheibe „Into Dark Science“ noch schweren, blackigen Sludge mit fiesem Sound lieferte, zeigt sich das neue Werk deutlich zugänglicher, ohne dabei komplett auf gewohnte Klänge zu verzichten.

PHANTOM WINTER präsentieren sich in einem polierten Songgewand und haben viele Details dezent aufgehellt, ihren Stil dabei jedoch nicht grundlegend verändert. Die Musik klingt insgesamt weniger aggressiv und dissonant. Die wütende Grundstruktur bleibt jedoch erhalten. Der Song „Flamethrowers“ demonstriert erfolgreich die Zusammenführung der verschiedenen Stilistiken und verbindet Wut gekonnt mit fragiler Melancholie. Dieser Song weist Charakteristika der vorherigen Platten auf und bringt zugleich neue Elemente mit. Er eignet sich perfekt als Opener, um die Marschrichtung vorzugeben.

PHANTOM WINTER – das ist Winterdoom

Die von der Band selbst postulierte Definition ‚Winterdoom‘ passt auch auf das neue Album perfekt, vielleicht sogar perfekter als je zuvor. Die Stilistik umschließt die Begrifflichkeit mit noch mehr Feinfühligkeit und Kälte. „Her Cold Materials“ zeigt PHANTOM WINTER fokussierter und mit einem Gefühl für Details. Es gibt weniger schräge Töne, aber die sehr eigene Grundakzentuierung bleibt erhalten. Vor allem die markanten E-bow-Wände spielen in einigen Tracks wie „Flamethrowers“, „Dark Lanterns“ und „The Unbeholden“ eine tragende Rolle und sind mittlerweile maßgeblich und obligatorisch für den Bandsound.

Ein weiterer Faktor, der zur Eindringlichkeit des Albums beiträgt, ist die Produktion. Sie bringt mehr Details ans Licht, verdeckt dabei nicht den dreckigen Grundtenor der Gitarren, und verleiht ihm im Gesamtbild eine tragende Rolle. Insgesamt ist das Album stimmungsvoller und weniger auf die Hervorhebung einzelner Instrumente ausgerichtet. Ein Beispiel hierfür ist der Song „When I Throw Up“. Obwohl er niedergeschlagen und bösartig klingt, enthält er eine unglaubliche Epik und Euphorie, die in ähnlicher Form in jedem Albumtrack zu finden ist.

Her Cold Materials – Melancholie und Individuation

Das Konzept des Albums, das sich an Pullmans „His Dark Materials“ anlehnt, funktioniert als Zeichen von Individuation sehr gut. Die Geschichte der heranwachsenden Protagonistin, die ihren eigenen Weg sucht, spiegelt sich auch in der Umsetzung des vierten Albums von PHANTOM WINTER wider, das einen beachtlichen Schritt in der Bandentwicklung darstellt.

„Her Cold Materials“ ist ein großartiges und intensives Hörerlebnis. Die Band hat sich in den letzten fünf Jahren weiterentwickelt und ihren Fokus verschoben. Egal ob man PHANTOM WINTER bisher kannte oder nicht, als Freund*in von düsteren, melancholischen Doom- und Sludge-Klängen wird man nicht enttäuscht.

16.01.2024

- perfection is the end of everything -

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