Phantoms Of Future - Forever Dark

Review

Die PHANTOMS OF FUTURE um Sir Hannes Smith sind wieder da: „Forever Dark“ ist das erste Album der Dortmunder seit einem Vierteljahrhundert. Das ist gleichsam überraschend wie spannend und wirft die Frage auf: Wird wider Erwarten alles gut?

Zugegeben: Es mag Menschen außerhalb der Szene Nordrhein-Westfalens mittlerweile schwerfallen, einen Song der PHANTOMS OF FUTURE zu benennen – wer die Band im letzten Jahrtausend einmal live gesehen hat, wird sich aber mindestens daran erinnern.

Denn Sir Hannes, auch Sänger der IDIOTS und bei HONIGDIEB, brennt sich über seine Auftritte ins Gedächtnis. Man stelle sich vor, der Metal God Rob Halford machte den Roboter, wäre dabei aber davon überzeugt, der Mittelpunkt einer abseitigen Varieté-Show des vorvergangenen Jahrhunderts zu sein – auf Erfrischungsgetränken aus dem 21. Jahrhundert. Zu bestaunen wäre die Performance einer Rock-Chimäre, die mit großem Pathos den Zitteraal zwischen Sinnsuche und Anzüglichkeit macht. Und die dabei, das ist das größte Mysterium bei dem Mummenschanz, nicht albern, sondern glaubwürdig over the top und schlicht mitreißend wirkt.

Die PHANTOMS OF FUTURE sind hoffnungslos anachronistisch

Wenn ein Mann wie Sir Hannes nun diejenige seiner Bands reaktiviert, deren stilistische Vielfältigkeit dieser Performance den wirksamsten Stoff liefert, dann schürt das Erwartungen. „Forever Dark“ erfüllt sie. Zumindest teilweise.

Die Comeback-Platte ist homogener geraten als die meisten ihrer Geschwister. Dass sie wesentlich jünger ist, hört man ihr allerdings nicht an. Beides ist sowohl zu begrüßen als auch zu bedauern. Die Scheibe ist bei aller Dunkelheit insgesamt sehr melodiös und poppig gehalten und verbindet viel Elektronik und alten New-Wave-Geist inklusive Gothic-Grundierung mit (Alternative-)Metal der 1990er-Jahre. SISTERS OF MERCY-Gestus, DEPECHE MODE-Hüftschwung, verträumte „Wildhoney“-Melodik und schwere Offene-Arme-zum-Himmel-Riffs treffen sich weit nach Mitternacht und umarmen sich wie ganz alte Bekannte. Aufs musikalische Hakenschlagen verzichtet die Band großteils. Auch fehlen die bisweilen aggressiven Ausbrüche der PHANTOMS OF FUTURE des späten 20. Jahrhunderts fast in Gänze. Einerseits mag das eine leichte Enttäuschung sein. Andererseits kann „Forever Dark“, in der richtigen Stimmung empfangen, einen Sog entwickeln, der nicht ohne ist.

Die erste Single „Werewolf“ beispielsweise ist ein ziemlicher Ohrwurm und das harte „Think About“ spielt besonders gut mit der Laut-Leise-Dynamik. Und im forschen „Prisoner“ (wohl ab 18) gibt es zwischendurch, doch noch ein instrumentaler Ausreißer, ein Schifferklavier als akustische Kirsche. Es fällt allerdings keines der Stücke ab, hier brennt das Herz durchweg elegant. Sir Hannes Beitrag zwischen eindringlichem Flüstern und leidenschaftlichem Aufschrei unter der grundsätzlichen Prämisse des Wahnsinns veredelt die Darbietung.

(Dass verschiedene Elemente für sich genommen auch in ungünstigen kulturellen Nischen des ausgehenden 20. Jahrhunderts hätten blühen können, unterstreicht die Kunstfertigkeit, mit der sie hier zu etwas Starkem kombiniert werden.)

Doch „Forever Dark“ gelingen dunkle Perlen für den Tanzboden

Von der Melange auf „Forever Dark“ ist man somit flugs betört – und „Ich bin ein Kind der Nacht“ ist dann ganz schnell aufs Tanzbein tätowiert. Was wiederum kein Problem sein sollte, man und frau ist ja nicht erst seit einem Jahrzehnt volljährig.

„Forever Dark“ ist einerseits hoffnungslos anachronistisch. Gleichzeitig stellt es nicht das stilistische Kaleidoskop früherer Platten dar. Aber die PHANTOMS OF FUTURE erschaffen doch stilsicher (sic!) einige dunkle Perlen für den Tanzboden. Und mögen es vor allem Dudes und Duderettes Of Darkness jenseits der Vierzig sein, die jenen bedächtig stürmen werden – geschenkt! Die neuen Songs rollen den schwarzen Samtteppich für weitere Shows für die Ewigkeit aus.

Seid dort! Etwas Sinnvolleres ist nach Einbruch der Dunkelheit abseits des Mondanheulens/Zur-Bestie-Werdens kaum vorstellbar. Und Letzteres auf einem Konzert der PHANTOMS auch nicht unerwünscht oder gar ungewöhnlich.

Die PANTOMS OF FUTURE sind zurück. Alles wird gut.

28.11.2025
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