Phobia (NO) - Slaughterhouse Tapes

Review

Willkommen zu einem Stück norwegischer Underground-Death-Metal-Geschichte! Hinter „Slaughterhouse Tapes“ der norwegischen Band PHOBIA verbirgt sich eine Zusammenstellung der Veröffentlichungen dieser semi-legendären Band, die von 1990 bis 1991 existierte. Zu ihrem Line-up gehörten unter anderem Grutle Kjellson und Ivar Bjørnson von ENSLAVED sowie der ehemalige THEATRE OF TRAGEDY-Schlagzeuger Hein Frode Hansen, die hier ihre ersten musikalischen Gehversuche wagten.

Ein Trip in die Vergangenheit mit den „Slaughterhouse Tapes“

Da „Slaughterhouse Tapes“ aus Demoaufnahmen und Rehearsals besteht, welche PHOBIA in den frühen 90er Jahren einspielten, sollte man in Sachen Soundqualität keine zu großen Erwartungen haben. Klingen die beiden offiziellen Demos „Feverish Convusions“ und “The Last Settlement Of Ragnarok”, welche die ersten sieben Songs der Veröffentlichung ausmachen, noch sehr ansprechend, wird die Klangqualität bei den anschließenden Rehearsalsongs durchaus ein wenig abenteuerlich: PHOBIAs „Slaughterhouse Tapes“ ist nun mal ein tönendes Zeitdokument. Doch gerade dieser authentische Klang bringt das Gefühl, welches die jungen Musiker -welche damals zwischen zwölf und achtzehn Jahren alt waren- beim Einspielen der Songs gehabt haben müssen, authentisch rüber. Der Hörer wird geradezu in einen muffigen, kleinen Proberaum versetzt, wo es nach Dosenbier riecht und ein Haufen langhaariger Jungspunde in Lederjacken und Death-Metal-Shirts versucht ihren großen Vorbildern nachzueifern. Insbesondere die schwedischen GROTESQUE und die frühen TIAMAT/TREBLINKA scheinen einen großen Einfluss auf PHOBIA gehabt zu haben. Auch eine Spur HELLHAMMER findet sich in den Songs der Norweger wieder.

PHOBIA haben anscheinend alles aufgesogen, was es seinerzeit an düsterem Death Metal fassbar war und haben diese Elemente benutzt, um daraus etwas Eigenes zu kreieren. Auffällig ist der immer wiederkehrende Einsatz düsterer Keyboards, welche die Musik nicht dominieren, ihr aber eine unheilvolle Stimmung verleihen, die zusammen mit den böse Growlen, den finster tönenden Gitarren und dem verwaschenen Sound das Klangbild von PHOBIA bestimmen. Die doomigen, an frühe PARADISE LOST erinnernden Melodien der Songs und die omnipräsente musikalische Finsternis machen das Anhören von „Slaughterhouse Tapes“ zum Hochgenuss. Nicht auszudenken, zu was für Großtaten PHOBIA fähig gewesen wären, hätten sie sich nicht nach nur einem Jahr getrennt.

PHOBIA (NO) fangen die Essenz der Death-Metal-Szene der frühen 1990er-Jahre ein

Die damals blutjungen Musiker haben in den Räumlichkeiten des Gamle Slaktehuset, was übersetzt ungefähr so viel wie altes Schlachthaus bedeutet, die Essenz der damaligen Death-Metal-Szene eingefangen und daraus ihre eigene Version des von ihnen geliebten Genres erschaffen. Dabei ist geniale Musik entstanden, die keinesfalls vergessen werden darf und unbedingt wiederentdeckt werden muss. Gerade der düster-melodische Touch, der viele frühe Genre-Veröffentlichungen auszeichnete und der heute verloren gegangen scheint, zählt zu PHOBIAs Stärken. Es ist Nuclear War Now! Productions hoch anzurechnen, dass sie diese Aufnahmen in authentischer Qualität der Death-Metal-Gemeinde zugänglich machen und so einer zu Unrecht übersehenen Band die Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen, die sie verdient hat.

PHOBIA (NO) – ca. 1991

Text von Olaf Brinkmann

10.06.2021
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