Pretty Maids - Red, Hot And Heavy
Review
Wenn man sich die Umstände um den Werdegang der dänischen Metal-Band PRETTY MAIDS und die Aufnahmen ihres Debütalbums “Red, Hot And Heavy” anschaut, gleicht das ganze weniger einem Märchen als vielmehr einem Schelmenroman. Eine Erzählung aus einer anderen Zeit ist es sowieso.
Schelmenroman und Erzählung aus einer anderen Zeit
Gehen wir zurück ins Jahr 1983: Da ergattert das Sextett aus Horsens, Midjylland nach dem damals üblichen Versenden eines Demos einen Plattendeal, der sich als so schlecht herausstellen sollte, dass die Band nicht nur in Vorleistung für die Albumproduktion gehen, sondern sich auch die fertige Debüt-EP „Pretty Maids“ selbst im Laden kaufen muss. Eine von der Plattenfirma organisierte Tour ist so mies promotet (wenn überhaupt), dass die Band in England durch leere Clubs tourt – bei einem Termin soll neben dem Wachpersonal lediglich der Barkeeper anwesend sein, wie Sänger Ronnie Atkins später rekapituliert. Gleichzeitig bekommen die Jungs aber das Angebot, BLACK SABBATH in Skandinavien auf ihrer „Born Again“-Tour zu supporten – was deutlich besser läuft. Als sie in einem Magazin frech (und ohne Grundlage) behaupten, von ihrer EP in den ersten drei Wochen 50.000 Einheiten abgesetzt zu haben, steht plötzlich der Major CBS auf der Matte, der die Band aus dem alten Vertrag rauskauft, die EP remixen lässt und noch einmal selbst herausbringt.
Jetzt läuft die Chose, sollte man meinen. Erste Zweifel kommen aber auf, als die Band den Namen ihres Wunschproduzenten bei der CBS hinterlegt: Phil Lynnot soll es sein, was eine naheliegende Wahl ist, zumindest aus Sicht der Dänen, da sie als ehemalige THIN LIZZY-Coverband Fans der Iren sind. Nur bei der CBS ist niemand bereit, genügend Kohle lockerzumachen beziehungsweise überhaupt anzufragen. So bleibt es bei Produzent Tommy Hansen (später u.a. HATESPHERE, HELLOWEEN und ILLDISPOSED), der schon der EP zu einem ordentlichen Sound verholfen hatte.
Änderungen und Pseudonyme
Bevor es aber im Juli 1984 mit neuen Songs ins Studio geht, stehen noch zwei Änderungen im Line-Up an, was sie zu einer der Bands mit den besten Pseudonymen ever macht: Zu Sänger Ronnie Atkins (nicht übel), Drummer Phil Moorheed (auch nicht schlecht), Keyboarder Alan Owen (ganz okay) und Gitarrist Ken Hammer (Hammer!) gesellen sich Allan Delong (Brüller!!) am Bass und, nun ja, Rick Hanson an der zweiten Gitarre – das ist immerhin fast sein echter Name.
Jetzt aber “Red, Hot And Heavy”, das im PUK Studio in Norddänemark in vier Wochen fix und fertig produziert wird. PRETTY MAIDS haben jedenfalls bei ihren acht neuen Songs (plus eine Coverversion) keine Selbstzweifel: So beginnt das Album selbstbewusst mit dem heroischen Carmina-Burana-Einmarsch, um mit dem harten Riffing von „Back To Back“ ein Ausrufezeichen zu setzen. Die Songs mögen zwar insgesamt melodisch sein, aber live sorgt das rhythmische Saitengeschrubbe für ordentliches Nackenfutter.
PRETTY MAIDS ohne Selbstzweifel
Was die Dänen mit der Debüt-EP schon bewiesen hatten: Sie haben ein Gespür für gute Hooks, Melodieführung und Refrains. So wechseln sich anfangs der schnelle Opener, der harte Titeltrack und das hymnische „Waitin‘ For The Time“ ab, die bei allen Unterschieden doch eins gemeinsam haben: Die Refrains bekommt man als Hörer so schnell nicht wieder aus dem Kopf. Außerdem haben die Gitarristen und der Keyboarder detailliert an instrumentalen Zwischenparts gearbeitet, die vor Spielfreude nur so strotzen.
Eins der Markenzeichen der Band ist aber der Gesang: Ronnie Atkins hat nicht nur eine unverwechselbare klare Stimme, verleiht ihr aber meistens noch mehr Druck, wenn er die Texte durch seine Stimmbänder presst – manchmal auch fließend innerhalb einer Textzeile. Das gesagt, wartet das Album noch mit einem weiteren originellen Feature auf: Das PUK-Studio verfügt zu dieser Zeit über einen sündhaft teuren Fairlight-Synthesizer, der mit seinen flächigen Sounds viel zur speziellen Atmosphäre auf dem Album beiträgt.
“Red, Hot And Heavy” ist ein Brett
Bleiben die restlichen Songs, von denen sich „Cold Killer“, „Battle Of Pride“ und das superzackige „Night Danger“ sofort in der ersten Riege einreihen. Mit „A Place In The Night“ folgt ein starker Song, der seinen Fokus auf den Refrain legt, wo der hochmelodische Chorgesang zum Mitsingen animiert. Trotz jubilierender Keyboardfanfaren bleibt „Queen Of Dreams“ etwas verhalten, und dass zum Abschluss mit der Coverversion von „Little Darling“ nicht der bekannteste Song von THIN LIZZY (von wem sonst?) steht, ist eher Zufall.
Trotzdem ist “Red, Hot And Heavy” ein Brett, ein eigenständiges und originelles Album, das alsbald in Europa, Japan und Teilen Amerikas gute Reaktionen einfährt. Und es sollte sich als ein Meilenstein in der Karriere der PRETTY MAIDS herausstellen. Schließlich hat es ihnen zu der Bekanntheit verholfen, welche so langsam die Geldschatulle der CBS öffnet. Immerhin spielen die Dänen alsbald einen Gig im Vorprogramm von JUDAS PRIEST, sie werden für Interviews in teuren Hotels eigemietet und machen zusammen mit BON JOVI Party.
Die ganz harte Schule
Dass sie auf ihrer anschließenden England-Tour im Vorprogramm von SAXON dann doch noch durch die ganz harte Schule gehen müssen, ist ja eigentlich eine ganz andere Geschichte. Nur soviel: „Als wir für unseren 45-minütigen Auftritt auf die Bühne kamen“, erinnert sich Sänger Ronnie Atkins, „hörten wir als Erstes jemanden aus der Menge rufen: ‚GEHT ZURÜCK NACH DÄNEMARK, IHR ARSCHLÖCHER!!!‘“ Das ist allerdings noch nicht das Schlimmste: „Dann ging das Spucken los, und das dauerte während des gesamten Sets an. Außerdem bewarfen sie uns mit allerlei Zeug, aber wir weigerten uns aufzugeben […].“
Und das ist gut so. Trotzdem sollten die PRETTY MAIDS für die Fertigstellung des Nachfolgers „Future World“ knapp drei Jahre benötigen. Warum, weshalb, wieso – das lest Ihr zu gegebener Zeit in der Folge zum 1987er-Album hier in unserer „Blast From The Past“-Reihe.
Pretty Maids - Red, Hot And Heavy
| Band | |
|---|---|
| Wertung | |
| User-Wertung | |
| Stile | Hard Rock, Heavy Metal, Melodic Metal |
| Anzahl Songs | 10 |
| Spieldauer | 36:17 |
| Release | 29.10.1984 |
| Label | CBS |
| Trackliste | 1. Fortuna Imperatrix Mundi (Carmina Burana) (00:23) 2. Back To Back (03:35) 3. Red, Hot And Heavy (03:59) 4. Waitin' For The Time (04:46) 5. Cold Killer (04:43) 6. Battle Of Pride (03:15) 7. Night Danger (03:52) 8. A Place In The Night (03:59) 9. Queen Of Dreams (04:45) 10. Little Darling (Thin Lizzy cover) (03:00) |
