Ricky Warwick - When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)/Hearts On Trees

Review

Ricky Warwick, seines Zeichens Stimme der späteren THIN LIZZY resp. BLACK STAR RIDERS, hat dieses Jahr gleich ein Doppelalbum am Start, das er mit seiner frisch formierten Band THE FIGHTING HEARTS engespielt hat. „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)/Hearts On Trees“ dreht sich um das Leben und Leiden im östlichen Belfast, was sowohl persönliche Erfahrungen von Warwick und Co-Songwriter Sam Robinson als auch historische Referenzen einbezieht.

Während „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)“ Hard Rock enthält, wie man ihn von den BLACK STAR RIDERS erwarten würde, ist „Hearts On Trees“ akustisch gehalten und enthält Elemente von Folk und Country. Aufgrund dieses doch recht großen Unterschiedes ergibt eine separate Betrachtung beider Teile durchaus Sinn. Da sich das Konzept beider Alben jedoch überschneidet, ist es auch kein Problem, beide Hälften als ein großes Ganzes zu sehen, was vielleicht auch der Grund war, warum man sich entschieden hat, ein Doppelalbum aus beiden Teilen zu machen. Im Folgenden werde ich dennoch beide Teile gesondert betrachten:

Von „The Road To Damascus Street“ bis „Yesteryear“ erstreckt sich der erste Teil „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)“, der noch am ehesten mit den BLACK STAR RIDERS vergleichbar ist. Warwick lässt die Songs aber deutlich weniger hymnisch und etwas intimer klingen, hier und da sind aber auch vereinzelte Punk-Einflüsse wahrnehmbar. Auf der anderen Seite vermag Warwick auch richtig heavy zu rocken, etwa bei „Son Of The Wind“. Wirkliche Überhits gibt es zwar nicht, aber insgesamt macht die erste Albumhälfte doch einen mehr als soliden Eindruck und repräsentiert die rockigere Seite von Warwick ganz gut.

Bei „Hearts On Trees“ wird es dann schon etwas kniffliger. Den Übergang hat Ricky Warwick zwar geschmeidig hinbekommen, „Presbyterian Homesick Blues“ beginnt mit einem langsam aber bedrohlich marschierenden Blues, die elektrische Gitarre jault noch mal schön auf, doch ab „Tank McCulough Saturdays“ ist der Rest des Albums gänzlich akustisch gehalten. Und damit beginnen auch die Längen, die „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)/Hearts On Trees“ als Gesamtwerk herunterziehen. Viele Songs sind einfach zu glatt geraten und der Zuckerfaktor ist enorm, gerade dann, wenn besagtes „Tank McCulough Saturdays“ in der zweiten Hälfte von furchtbar kitschigen Synthie-Streichern getragen wird. Oder „The Year Of Living Dangerously“, das entgegen seines Titels rein musikalisch recht zahnlos und ungefährlich daherkommt. Wirkliche Höhepunkte gibt es dennoch, sodass das Gesamtbild letzten Endes doch etwas aufgewertet wird. Zu erwähnen sind hier vor allem der Titeltrack „Hearts On Trees“, der in Richtung eines typisch irischen Folk-Song geht und richtig Spaß macht, und das in die gleiche Kerbe schlagende „Schwaben Redoubt“, das zusätzlich mit US-amerikansichen Country-Einflüssen daherkommt.

Insgesamt ist „When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)/Hearts On Trees“ qualitativ gesehen in Ordnung, aber eben kein Meisterwerk. Dennoch lässt sich der Charme der Songs nicht absprechen, denn gerade die Texte vermögen zu fesseln und sind selbst in den etwas drögeren Passagen von „Hearts On Trees“ die treibende Kraft, die dafür sorgt, dass man als Hörer am Ball bleibt – und sie machen letztendlich damit auch den eigentlichen Reiz des Doppelalbums aus. Wer Ricky Warwick also von einer etwas privateren Seite kennen lernen möchte und sich mit der etwas schwächeren, zweiten Hälfte abzufinden imstande sieht, sollte durchaus mal das ein oder andere Ohr riskieren.

23.02.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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