Rings Of Saturn - Gidim

Review

Wer es gerne hektisch und breaklastig mag, dazu noch auf Griffbrett-Akrobatik und generell irrwitzige Instrumentierung steht, der wird bei RINGS OF SATURN auch zwei Jahre nach „Ultu Ulla“ mal wieder garantiert fündig. Und als dem Deathcore nicht unbedingt verbundener Hörer kommt man kaum umhin zu sagen: „Selten eine so nervöse Scheibe gehört!“

Mit „Gidim“ fahren die amerikanischen Alien-Freaks mal wieder das komplette Deathcore-Arsenal auf: irrwitzige Gitarrenläufe, eine sehr nervöse Rhythmus-Fraktion, Progressivität zum Quadrat, dazu jede Menge Growls, Screams, Hektik und Blasts. RINGS OF SATURN sind erneut mit unzähligen Ideen im Gepäck richtig fett unterwegs. Und immer wenn du ganz kurz denkst, jetzt hast du einen Song ansatzweise kapiert, werfen die Jungs wieder alles über den Haufen. Das kann schon einerseits nerven, ist aber andererseits auch ein Qualitätsmerkmal.

RINGS OF SATURN liefern mal wieder vertonte Hektik und Irrsinn ohne Ende

Die Hektik kann man zu jeder Sekunde mit beiden Händen greifen. Das zerhackt einerseits den Fluss nahezu vollständig, sorgt aber auf der anderen Seite für wirklich jede Menge Abwechslung und schickt einen auf eine wahre Entdeckungsreise. Durchschnaufen geht zu keiner Sekunde, RINGS OF SATURN fordern dich permanent. Was die Jungs da auf ihren Instrumenten zaubern, nötigt einem schon hohen Respekt ab. Und wenn es eine Kategorie „Höchste Durchschnittsgeschwindigkeit einer CD“ geben würde, dann wären diese Herren schon ziemlich weit vorne mit dabei.

Manchmal würde man sich in diesem Genre aber eben doch wünschen, das die Herren Musikanten etwas songdienlicher agieren würden. Das wirkt auch auf „Gidim“ alles schon ein bisschen wie „Amerika sucht den Supermusiker“. Aber so ist das halt im Deathcore, da steht das Können der Musiker des Öfteren in der Sonne, während für den Song selber nur ein etwas schattigerer Platz bleibt. Alle Bandmitglieder müssten eigentlich Knoten in sämtlichen relevanten Extremitäten haben. Hut ab, wer das verkraftet. In Sachen technische Fähigkeiten sind RINGS OF SATURN ganz klar über jeden Zweifel erhaben.

Dennoch bleibt die Selbstverliebtheit in die eigene Virtuosität ein leicht fader Beigeschmack. Aber wenn man sich konzentriert, dann kann man zumindest erahnen, in welche Richtung der rote Faden als nächsten flüchten könnte. Vieles hingegen bleibt für die meisten Konsumenten kaum greifbar und verschwindet rasend schnell wieder in den Tiefen des Alls. Scheinbar vergessen die Jungs manchmal schon, dass die wichtigste Disziplin beim Musizieren immer noch Songwriting heißt, nicht technische Akrobatik.

Kein Track fällt durch das selbst gewählte Raster, aber es sticht eben auch kein Song als Hit im weiteren Sinne heraus. Dennoch haben Deathcore-Fans sicher ihre Freude mit dem Album, allen anderen sei zunächst mal eher ein vorsichtiges Reinhören empfohlen. Die Soli sind schon oft ein Ohrenschmaus, das kann man gar nicht anders sagen. Ansonsten ist diese Musik halt eher weniger geeignet vor allem für ältere Semester mit leicht nervösen Herzklappen. Alle anderen können sich von RINGS OF SATURN bedenkenlos fibrillieren lassen.

Technik triumphiert über das Songwriting

„Mental Prolapse“ ist noch am ehesten das, was der Otto Normalhörer unter einem Song versteht. Hier findet man immer wieder dieses feine einschmeichelnde Hauptthema, welches diesem Titel eine Art Struktur verleiht. Auch „Genetic Inheritance“ und „Face Of The Wormhole“ haben diese guten Ansätze. Und das abschließende instrumentale Titelstück nimmt etwas den Druck vom zum Bersten gefüllten Kessel. Ansonsten erschlägt einen die Scheibe förmlich mit ihrem Irrsinn.

Technik und Geschwindigkeit sind auf „Gidim“ also top, die Seele der Musik bleibt leider etwas auf der Strecke. Aber so ist das ja des Öfteren mit extremer Musik, die kann und soll ganz einfach nicht jeden packen, dafür wurden ja Zielgruppen erfunden. RINGS OF SATURN überraschen, verblüffen und nerven dich nahezu permanent. Das muss man auch erstmal können.

Wenn das der Soundtrack einer eines Tages bevorstehenden Alien-Invasion ist, dann Gnade uns normalen Musikkonsumenten Gott, Satan oder wer auch immer. Knallharte Deathcore-Freaks hingegen werden als glückliches Empfangskomitee bereit stehen und für diesen Silberling sicher zwei Punkte mehr zücken.

18.12.2019
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