Rise Against - Wolves

Review

Im Interview mit der geschätzten Kollegin Angela verrieten RISE AGAINST letztes Wochenende bereits einige interessante Dinge: Die Wahl von Donald Trump hat die vier Herren aus Chicago wieder etwas politischer werden lassen – um nicht zu sagen: etwas radikaler -, und bei dem Promo-Konzert letzten Freitag im Berliner SO36 hat der Vierer (wiederum nach eigener Aussage) das Augenmerk auf einige ältere Stücke gelenkt. Darf man für das neue Album „Wolves“ also wieder mehr Hardcore, textlich und musikalisch klarere Ansagen erwarten, nachdem „The Black Market“ von 2014 ja noch seichter, poppiger und radiotauglicher ausfiel als seine beiden Vorgänger und dabei gleichzeitig jede Hitdichte vermissen ließ?

Immerhin sind die meisten Songs auf „Wolves“ ein bisschen zu hart fürs Radio

Nun: Man sollte von RISE AGAINST auch 2017 keinen echten (Melodic) Hardcore mehr erwarten. Aber immerhin: Die meisten der elf Tracks haben ein, zwei, drei Passagen, die definitiv zu hart fürs Radio wären, und das ist mehr, als „The Black Market“ von sich behaupten konnte. Wirkliche Überhits – das 2011er-Album „Endgame“ hatte ja einige davon – gibt es zwar mit Ausnahme des sehr eingängigen, eröffnenden Titeltracks auch auf „Wolves“ nicht zu hören, aber RISE AGAINST sind heuer packender als auf „The Black Market“. Und das ist bei dieser Band durchaus ein Fortschritt.

RISE AGAINST wollen weiterhin Regierungsbeteiligung

Alles in allem verhält es sich aber auch auf „Wolves“ wie mit der besungenen politischen Linken: Der Streit, ob man lieber starke, prinzipientreue Oppositionspolitik machen oder auf Regierungsbeteiligung hinarbeiten und so das Risiko des Prinzipienverrats eingehen möchte, ist nicht gelöst. RISE AGAINST gehen mit „Wolves“ ein Stück zurück in die Opposition, aber sie verlassen nicht die Sichtbarkeit der Popgefilde. Damit erreichen sie sicherlich mehr Leute als mit dem Hardcore ihrer Anfangstage, aber inwiefern der oft besungene Sozialismus mit der Anpassung der Musik an die kommerzielle Vermarktung passt, die Antwort darauf bleiben RISE AGAINST nach wie vor schuldig.

Revolutiönchen pro Minütchen

Denn obwohl „Wolves“ wieder ein Stück weit in musikalisch ungezähmtere Regionen geht, bieten RISE AGAINST darauf doch hauptsächlich Ideen, Aussagen und Hooklines, die zu Zeiten von „Revolutions Per Minute“ oder „Siren Song Of The Counter Culture“ wahrscheinlich als zu zahm aussortiert und auf die B-Seite gepackt worden wären. Klingt irgendwie doch genauso lame wie „The Black Market“? Ist es nach der anfänglichen Begeisterung, nach spätestens drei oder vier Durchläufen auch. Gut gemeint, RISE AGAINST, aber in der Ausführung leider weniger treffsicher als zunächst angenommen. Aber viel Erfolg beim Revolutiönchen, beim Ein-bisschen-Dagegensein.

10.06.2017
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