Rolo Tomassi - Where Myth Becomes Memory

Review

Die englische Band ROLO TOMASSI ist spätestens seit ihren letzten beiden Alben „Grievances“ und „Time Will Die And Love Will Bury It“ zumindest Fans des Progressive Metals ein Begriff. Schließlich konnten sie mit diesem Album schon 2018 zeigen, wie weit ihr musikalisches Spektrum reicht: Hier geben sich Elemente aus Pop, Soul, Jazz und teils brutal hartem Metal die Klinke in die Hand. Und das Ganze so leicht und fließend gespielt, als würden sie nie was anderes machen. Auch Frontfrau Eva Spence überrascht immer wieder mit ihrem Wechsel aus Pop und Core-Gekeife. Dennoch scheinen ROLO TOMASSI noch immer im allzu großen Schatten von JINJER zu stehen.

Alle guten Dinge sind drei

Mit „Where Myth Becomes Memory“ schließen ROLO TOMASSI ihren mit „Grievances“ begonnene Album-Trilogie ab, mit der sie konsequent ihren Stil ausgefeilt haben. Und tatsächlich kann der dritte Teil sogar als direkte Fortsetzung gewertet werden. Denn der Opener „Almost Always“ knüpft stilistisch fast nahtlos an „Risen“ von „Time Will Die And Love Will Bury It“ an. Beide Songs kombinieren Elemente mit Dream Pop und Post-Rock zu fast schon verträumt sphärischen Höhen. Nur, dass bei „Almost Always“ auch noch Shoegaze mit verwoben wird. Ein Song, der dezent an ASTRONOID oder ANATHEMA erinnert, aber durchaus kürzer hätte sein können (der Song zieht sich über 6 Minuten hin).

ROLO TOMASSI lassen es langsam angehen

Fans, die ROLO TOMASSI lieber roh und hart mögen, müssen sich erst bis zu dem zweiten Song („Cloaked“) gedulden. Der kracht dann aber auch in gewohnter Manie mit einer Mischung aus Djent und Deathcore los und wird ebenso schnell von Dreamgaze-Elementen unterbrochen. Abermals fragt man sich, wie Spence diesen Spagat hinbekommt. Technisch bietet das Stück aber keine Neuerungen. Gewohnte Kost von ROLO TOMASSI also. Nach gleicher Formel setzen sich dann auch „Mutual Rain“ und „Labyrinthine“ fort. Die klingen auch alle nicht schlecht. Jedoch fehlt ihnen doch der gewisse Biss, den noch Stücke wie „Rituals“ oder „The Hollow Hour“ hatten. Auch die Math- und Jazzcore-Elemente sind hier eher Mangelware. Diese lassen sich dann erst auf „Drip“ und „Prescience“ mal so richtig blicken.

Das ewige Problem mit Teil Drei

Bei Spielfilmen ist es ja fast schon Fakt, dass der dritte Teil einer Reihe (Mit Ausnahme vielleicht von „Der Herr der Ringe“) eher zu dem unrühmlichen Abschluss zählt. Und tatsächlich kann man das auch auf „Where Myth Becomes Memory“ projizieren. Denn dieses steht doch weit hinter den beiden Vorgängern. Das mag aber auch einfach daran liegen, dass diese viel zu große Schatten geworfen haben. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass ROLO TOMASSI damit ein schlechtes Album vorgelegt hätten. Im Gegenteil überzeugen sie erneut damit, dass sie ihren wilden Genre-Mix perfekt beherrschen. Und Fans dieser Cocktails kommen durchaus auf ihre Kosten. Dennoch bewegen sich ROLO TOMASSI mit „Where Myth Becomes Memory“ im überdurchschnittlichen Mittelfeld.

06.02.2022
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