Shape Of Despair - Monotony Fields

Review

Wird der Funeral Doom je eine echte Revolution erfahren? Vermutlich nicht. Während sich deutsche Vorreiter wie AHAB vermehrt anderen Einflüssen hingeben, gelingt es auf internationaler Ebene meist nur selten, das tonnenschwere Vermächtnis THERGOTHONs stilistisch zu überwinden. Das kurzlebige Quartett aus Finnland hat die Genregrenzen zugegebenermaßen schon recht genau abgesteckt. Dafür gibt es aber eine Handvoll Bands, die seit über einem Jahrzehnt ohne nennenswerte Ausnahmen allerfeinste Genre-Qualität abliefert. Dabei sollte man vor allem gewisse Landeskollegen der angesprochenen Pioniere auf dem Zettel haben. Denn mit „Monotony Fields“ gelingt SHAPE OF DESPAIR einmal mehr genau das: Qualität abzuliefern.

Wenn sich das aufgrund permanenter medialer Zurückhaltung inzwischen selbst schon zur Legende gewordene Schwermut-Ensemble nach geschlagenen elf Jahren aus der finnischen Versenkung zurückmeldet, wandert der eine oder andere Kritikerblick wohl zu nächst gen Mikrofonständer. Nach dem Abgang des ehemaligen AMORPHIS-Fronters Pasi Koskinen rackert sich dort inzwischen nämlich ein Herr namens Henri Koivula ab. Der THROES OF DAWN-Fronter gibt hier zwar seinen Studio-Einstand, gehört jedoch bereits seit 2011 zum festen Line-up. Als Teil dieses schleppt er mit „Written In My Scars“ bereits seit fünf stolzen Jahren einen Teil der „Monotony Fields“ in Livesets mit sich herum. Warum der Spaß echt so lange gedauert hat? Juckt keinen, solange sich das Warten denn gelohnt hat.

Nach zweiminütigem Orchestral-Intro wird nämlich schnell klar, dass es für das songübergreifende Klangbild zunächst einmal absolut irrelevant ist, wer über die ätherischen Soundwände SHAPE OF DESPAIRs drübergurgelt. In diesen vermischen sich nämlich einmal mehr die minimal zu laut abgemischten (aber vermutlich genau so intendierten) Keyboardschichten mit simplen, aber effektiven Sechssaiter-Akkordstrukturen. Letztere werden wahlweise durch als Fills dienende Bendings aufgelockert oder durch typisch elegische Twin-Leads ersetzt. Dank wuchtiger Produktion geht in solchen Szenarien dann auch tatsächlich kein Quäntchen Druck verloren – ein Hoch auf die Rhythmusfraktion. Der Einsatz weiblicher Gesänge durch Goldkehlchen Natalie Koskinen erweist sich derweil einmal mehr als glänzendes Alleinstellungsmerkmal, das mal durch Overdubs („Reaching The Innermost“), mal als Ergänzung zu Streichern aus der Dose („Descending Inner Night“) maximalen Tiefgang gewährt. Klar, wenn Tastendrücker Jarno Salomaa in der vom Bombast geprägten ersten Hälfte von „The Distant Dream Of Life“ dann komplett ausrastet, bleibt auch vom Stimmchen der Herzdame nicht mehr allzu viel übrig. Dafür darf sie ihrem Kollegen Koivula während einzelner Clean-Passagen immer wieder unter die Arme greifen. Schön zu sehen, dass dieser nicht nur gewillt ist, Pasi Koskinens Klargesangsexperimente fortzuführen, sondern seinen Vorgänger dahingehend auch komplett an die Wand singt. Schluss mit ausgelutschtem MY DYING BRIDE-Stimmungstief – hier schwingt ab und an gar etwas Hoffnung mit („Descending Inner Night“, „In Longing“).

Letzten Endes sind es aber schlicht und ergreifend die fantastischen, weil zeitgemäßen Soundverhältnisse, die den revolutionsscheuen Finnen hier zugutekommen und „Monotony Fields“ zur vielleicht wohlklingendsten Scheibe der Diskografie machen. Insofern steht es außer Frage, dass SHAPE OF DESPAIR einschläfernde Genrekollegen wie EA auch im Jahre 2015 noch locker in die Tasche stecken. Stillstand ist eben nicht immer der Tod.

14.06.2015
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