Sylvaine - Nova

Review

Schon bei MYRKUR hatte die Authentizitäts-Diskussion so einen Bart, deshalb klammern wir sie im Fall von SYLVAINE einfach direkt komplett aus und bleiben einfach bei den nüchternen Eckdaten: SYLVAINE aka Katherine Shepard wurde 1991 in San Diego geboren, die Familie zog aber später zurück ins Heimatland ihrer Mutter, nach Norwegen. Bereits 2014 kombinierte sie auf dem ersten Album „Silent Chamber, Noisy Heart“ zarte Vocals mit schwarzmetallischen Elementen – damals noch selbst veröffentlicht, bevor später der Umzug zu Season Of Mist folgte. Mit „Nova“ liegt nun bereits Longplayer Nummer vier vor. Es wird also höchste Zeit, dass sich metal.de nach der Split mit UNREQVITED ausführlicher mit dem Schaffen von SYLVAINE befasst.

SYLVAINE – Verlangt dem Hörer einiges ab

Bereits das Duo aus den ersten beiden Tracks zeigt, dass dem Hörer auf „Nova“ einiges abverlangt wird. Der ruhige, minimalistische und komplett in einer Fantasiesprache verfasste Titelsong klingt nach Mittelerde, nicht zuletzt auch aufgrund des stark an ENYA erinnernden Gesangs. Das hier aber keineswegs eine weitere Folk-Platte vorliegt, die versucht auf der aktuellen Erfolgswelle von Bands wie WARDRUNA zu reiten, wird gleich zu Anfang von „Mono No Aware“ deutlich, das einfach mal mit einer Black-Metal-Breitseite startet, zu der die Protagonistin nicht nur böses Gekeife, sondern auch wahnsinnige Schreie serviert, die darauf schließen lassen, dass auch Bands wie UADA gelegentlich auf dem Plattenteller von Frau Shepard rotieren.

Dennoch fällt der Kontrast zwischen den ersten beiden Songs gar nicht so krass aus, wie man vermuten könnte, werden doch die abgründigen Stellen immer wieder von elfenhaftem Klargesang und melodisch-verträumten Passagen gekontert, ohne lediglich ein Sammelsurium von Versatzstücken zu bilden. Vier Jahre Zeit, die seit dem Vorgänger „Atoms Aligned, Coming Undone“ vergangen sind, machen sich hier offenbar bezahlt, da die Songs insgesamt schlüssig wirken und darüber hinaus auch alle über ihre ganz eigene Atmosphäre verfügen und damit für einen hohen Wiedererkennungswert sorgen.

Dass auch die Tracklist wohl durchdacht ist, zeigt das entspannte und zugleich wunderschöne „Nowhere, Still Somewhere“, das zwischen zwei überlangen, sperrigen Nummern für die nötige Auflockerung sorgt. Sperrig ist das komplett auf Norwegisch eingesungene „Fortapt“ nämlich in der Tat. Musikalisch zwar in einer ähnlichen Richtung wie „Mono No Aware“ verortet, wird der Hörer durch ausladende atmosphärische Zwischenspiele, häufige Tempowechsel und die knapp zwölfminütige Spielzeit noch einmal ein Stück mehr gefordert, obwohl sich eine gewisse Zugänglichkeit erstaunlich schnell einstellt.

Auch das eingängige „I Close My Eyes So I Can See“ hält noch einen garstigen Twist bereit, bevor sich mit „Everything Must Come To An End“ der Kreis schließt und passenderweise wieder zur sanften Stimmung des Openers zurückgekehrt wird. Aber Moment, denn das als Bonus Song aufgeführte „Dissolution“ muss ebenfalls erwähnt werden. Aufgrund seiner Eingängigkeit passt die Post-Rock-Nummer vielleicht nicht so Recht in die übrige Setlist, fällt qualitativ aber keinesfalls ab.

Ausgereiftes Werk – „Nova“

SYLVAINE ist mit „Nova“ ein ausgereiftes Werk gelungen, das es schafft, gleichermaßen Verletzlichkeit, Verzweiflung und Wut in oft überlange, aber dennoch schlüssige Songs zu verpacken. Inwieweit der verträumte Singsang von Frau Shepard die persönliche Kitschgrenze auch mal überschreitet, muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden.

Für alle, die etwas für die Mischung aus ätherischem Klargesang und (Post-)Black Metal übrig haben und denen MYRKUR zuletzt etwas zu stark in den Folk-Bereich abdriftete ist „Nova“ sowieso absolutes Pflichtprogramm, aber auch alle anderen, die Lust auf melodisch-atmosphärische Mucke mit angeschwärzten Wurzeln haben, sollten dieser Platte eine Chance geben.

06.03.2022

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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