Tenhi - Väre

Review

Nur wenige Momente müssen nach den ersten Tönen verstreichen, um mir wieder vor Augen zu führen mit welch assoziativer Kraft die Klangfarben von Tenhi aufgeladen sind. Eine lockende Querflöte erklingt über dezent hallenden Becken, unterlegt mit verlorenem Plätschern, und verführt in die Welt von „Väre“. Empfangen von gänzlich unverdichteten Klängen, durch die jedem Laut des ersten Stückes „Vastakaiun“ Raum zur Entfaltung gegeben wird, scheint es so als atme etwas in und durch die Musik Tenhis. Dieser Eindruck setzt sich weiterhin fort, auch wenn sich die Finnen nicht auf Reduzierung und Fragilität beschränken. Bereits das zweite Stück „Jäljen“ wendet sich einem volleren Klangbild im Sinne des Debüts „Kauan“ zu. Kuriose Mautrommelklänge greifen in elektrische als auch akustische Gitarrenakkorde und kreieren in Verbindung mit satten Violinen, feurig, sinnlichen Querflöten, geerdetem Schlagwerk und den einfühlsam vorgetragenen finnischen Texten sehnsüchtige Klanglandschaften. Wer glaubte, die Mini-CD „airut:ciwi“ wäre ein einmaliger, experimenteller Abstecher in die schamanische, rituelle und dunkle Seele von Tenhi gewesen, der wird nun eines besseren belehrt. Auch „Väre“ enthält diese Seite, die sich im Lauf des Albums immer stärker durchsetzt und in bebendem Puls die beschriebene Instrumentierung dem Mystischen verpflichtet. Tenhis Musik zum musikalischen Äquivalent ihrer Heimat zu erklären entspräche einer Reduktion. Sicherlich liegt in den Weiten Finnlands die Wiege dieser Musik und auch wenn ich nicht in der Lage bin diese inbrünstig aber dennoch unverfälscht vorgetragenen Texte zu verstehen, so beschwören Tenhi durch ihre Musik etwas herauf, dass jeder von uns in sich trägt und in voller Intimität mit sich selbst erfahren kann. So scheint das letzte Stück „Kuolleesi Jokee“ nicht nur als warmer Abschied an den Hörer sondern auch als Abschied des Hörers vom eigenen Ich, dem man vielleicht ein Stück näher gekommen zu sein glaubt.

03.11.2002
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