The Obsessed - Sacred

Review

THE OBSESSED sind zurück. Mit „Sacred“. Und man muss es so sagen: Ein derartiger Hieb des Rock-Gottes war lange überfällig. Dem zappeligen Kirmesboxer gegenüber mal zeigen, wo der Hammer hängt. Die Amps auf 10 und der Kaspermucke auf die Zwölf.
Denn, heilige Scheiße, „Sacred“ ist groß. Dem an die Substanz gehenden Seelenstriptease im Namen des SAINT VITUS, so scheint es, ist Scott Weinrich durch seinen regelrecht provozierten Ausschluss gerade noch entkommen. Und statt in die Knie geht er in die Offensive und reanimiert THE OBSESSED.
Die wiederum waren zwar auch seit jeher eine sehr eindringliche Band, aber schon auf den vorherigen Platten – „Lunar Womb“, Freunde des Rock! – deutlich mehr Straße als Kathedrale. Die existenzielle, die ultimative Schwere und Verzweiflung von SAINT VITUS, vielleicht den Ikonen des klassischen Doom, ersetzen THE OBSESSED auch 2017 durch eine offensivere Rock-Kante. Und man kann sie als Band wiedererkennen, obwohl von früher nur noch der Chef dabei ist. Zupackender und insgesamt auch deutlich inspirierter als in der Gestalt von SPIRIT CARAVAN oder HIDDEN HAND rifft und röhrt sich Mr. Weinrich auf „Sacred“ durch die Essenz seiner Erfahrungen.

„Sacred“ ist ein Statement, das mal fällig war

Sein voluminöser, knarzend-warmer Gitarrensound kommt wuchtig, aber ohne jede metallische Kraftmeierei auf den Punkt und man kann den guten Wino durch seine Vocals in all seiner Glorie geradezu plastisch vor sich sehen. Blitze schießend, zum Beispiel im regelrecht tobenden „Punk Crusher“ – in dem es natürlich gar nicht um Punk Rocker geht; der Feind ist ein anderer. Oder mit der Mähne im Wind in den ebenfalls kompakten und rasanten Zweieinhalb-Minuten-Geschossen „Be The Night“ und „Haywire“.
Oder breite Reifenmuster in den Wüstensand fahrend im melodisch-verspielteren (Psychedelic-)Stoner-Hit „Stranger Things“. Oder als der lässigste Typ in der Bar – in jeder Bar – im frisch aufgetankten und doch staubtrockenen Bluesrocker „It’s Only Money“ von THIN LIZZY. Oder schlicht als der Chef in der titelgebenden Hymne: Eine solche Kopp-zu-du-Wurm-Lache wie in „Sacred“ kriegt sonst hundertpro keiner mehr hin. (Lemmy ist ja nun mal gegangen.)

THE OBSESSED spielen Rock in seiner besten Variante

In jedem Falle aber sieht man in Scott Weinrich, sieht man in THE OBSESSED den Rock’n’Roll in seiner besten Variante: kraftvoll, offensiv, vielseitig, authentisch, fesselnd. Paar aufs Maul in der Kneipe? Pedal to the Metal auf dem staubigen Highway? Soundtrack zum Barbecue, zu den Mathe-Hausaufgaben, zum eigenen Leben? Soundtrack dazu, so zu tun, als wäre man selbst cool, um dadurch in echt cool zu werden? Läuft! Läuft alles.
Und egal, ob „Sacred“ nun ein Rock-Album mit schwerem Metal-Schlagring oder ein Metal-Album mit lässiger Rock-Sonnenbrille ist – es stellt auf jeden Fall ein furioses Comeback dar. Von THE OBSESSED und von Wino. Prognose: So häufig wie diese Platte wird vom Rezensenten wohl kaum ein neues Album in diesem Jahr aufgelegt werden. Auch wegen dieses Coolness-Dingens.

15.04.2017
Exit mobile version