Theatre of Tragedy - Aegis

Review

Nach dem Soloausflug und dem beinah-Ausstieg der Sängerin Liv Kristine war man gespannt, wie sich die Norweger in dem nächsten Gefecht um die Gunst der Hörer schlagen würden, da man sich inzwischen mit mehr Konkurrenten rumschlagen muß als noch zu Debut Zeiten, als die Maskulin/Feminin Gesangsduette noch etwas rarer gesäht waren.Unbeeindruckt davon schlagen Theatre Of Tragedy einen neuen Weg ein und versuchen, sich dadurch der anstehenden Stagnation zu entziehen. Sänger Raymond übt sich nun nicht mehr im Grunzen, sondern versucht mit klarer Stimme seine Texte der Welt entgegenzuschleudern. Das allerdings mag ihm stellenweise noch nicht so recht gelingen, klingt er doch sehr gewollt und man ist versucht ihm wieder das Grunzen an den Hals zu wünschen, vor allem im letzten Track „Bacchante“, wo er doch zu sehr an Carl McCoy von den Fields Of The Nephilim erinnert. Damit ist nun natürlich das ganze Flair der alten Platten, das durch den Kontrast des Grunzens und der lieblichen Stimme Liv Kristines entstanden ist, dahin, dennoch möchte ich behaupten, daß sich die neu gewonne Stimme besser in den etwas ruhigeren Sound einfügt. Man hat nämlich fast komplett die Metal Pfade verlassen und sucht sein Heil scheinbar im etwas gemäßigterem, aber denoch rockigen, Gothic. Die Gitarren sind gezügelter produziert und kommen selten voll zur Geltung, die Härte ist somit gänzlich verschwunden. Markttechnisches Kalkül oder eher natürliche Entwicklung? Wie man es auch sieht, die Band schafft es, eine gute Atmosphäre aufzubauen und überzeugt mit Songs, die sich sehr schön in die Gehörgänge kuscheln ohne anzuecken. Ich glaube eine gewisse Leichtigkeit zu entdecken, die dem doch durchaus weiterhin vorhandenem Düsteren etwas mehr Lebensraum gibt, da dieses „du mußt dich jetzt schlecht fühlen“-Gefühl besser verarbeitet werden kann. Besonders der Opener „Cassandre“ tut sich hierbei hervor, der sicher demnächst auch in sämtlichen schwarzen Löchern der Repulik laufen wird. Der Rest ist Qualitätsware, welche die gothische Gemeinde sehr wohlwollend aufnehmen wird, dennoch vermisse ich das Orchester, das man nun wieder mit den üblichen Keyboards ersetzt hat.Auch wenn Liv Kristine wieder mal nicht die restlichen Oktaven ihrer Stimmlange entdeckt und nur auf denselben Tönen rumpfeift ist dieses Album wohl für jeden empfehlenswert, der sich auf ruhige, aber dennoch kraftvolle Musik versteht.

24.05.1998

"HINTER DIR! EIN DREIKÖPFIGER AFFE!" - Guybrush Threepwood

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