Triptykon - Melana Chasmata

Review

Vor vier Jahren wussten TRIPTYKON mit ihrem Debutalbum „Eparistera Daimones“ die Angst um den Verlust von CELTIC FROSTs Erbe zweifelsfrei zu eliminieren – dementsprechend hoch sind daher die Erwartungen an das zweite Album, welches sich kommende Woche der Welt beweisen wird. Dass TRIPTYKON hierbei einem wesentlich größeren Druck ausgesetzt sind als neue oder unbekannte Bands, dürfte sich selbstredend erklären: Dank ihrer musikalischen Vorgeschichte haben Thomas Gabriel Fischer aka Tom G. Warrior und Konsorten zweifellos glühende Augen im Nacken, denn kein Text, kein Review und keine Erwartung wird ohne direkten Vergleich zu eben dieser angestellt.  Darüber hinaus ist jedoch auch schon vorab klar, dass Tom sich in seiner langen Zeit als Musiker noch nie davor gescheut hat, über den Tellerrand hinauszuschauen und letztendlich die Musik zu machen, die ihm selbst gefällt und sich richtig anfühlt. In Zeiten, in denen theoretisch jede Veröffentlichung im Studio technisch perfekt umgesetzt werden kann, fällt auch TRIPTYKONs zweites Album „Melana Chasmata“ insofern auf, als es nicht nur produktionstechnisch überzeugt, sondern den Hörer über die gesamte Spieldauer entführt, be- und erdrückt, verstört und fesselt, aber auch mit isoliert angehörten Tracks zu begeistern vermag.

Bereits die ersten Minuten lassen mich aufhorchen: Zeichnete sich der Vorgänger „Eparistera Daimones“ durch recht simple, aber direkte Kompositionen aus, zeigt sich „Melana Chasmata“ von einer überraschend anderen, weitläufigeren, doch genauso morbiden und dunklen Seite, jedoch mit wesentlich neumodischeren Klängen. Dies betrifft stellenweise sowohl die Drums, das Riffing, als auch die Kompositionen, mit denen beispielsweise der Opener „Tree Of Suffocating Souls“ schon geradezu rockig daherkommt. „Boleskine House“ und „Aurorae“ hinterlassen mit sphärischem Aufbau, stetiger Steigerung und weiblichem Beigesang schon fast Gothic-Eindrücke; „Altar Of Deceit“ und „Demon Pact“ starten langsam, stampfen dann aber matschig, bedrückend und organisch voran, während Warrior spuckt und speit; Songs wie „Breathing“ und „Black Snow“ zaubern CELTIC FROST-Fans bestimmt ein Lächeln ins Gesicht. Generell lässt sich „Melana Chasmata“ keine Schwächen anmerken und entlässt den Hörer mit dem anmutigen stillen, kalten und träumerischen Sound von „Waiting“ wieder in die reale Welt. Ein Anspieltipp ist das Album in sich geschlossen, die Songs haben alle eine unvergleichliche Handschrift, transportieren dabei aber eine stark unterschiedliche Stimmung aus Melancholie und drückender Macht.

Ob die Erwartungen der eingefleischten CELTIC FROST-Fans damit abermals erfüllt werden können, bleibt abzuwarten, denn „Melana Chasmata“ ist zumindest unerwartet – schwarzmalerisch, hart und doomig, aber auch (sofern man dies hier behaupten kann) stellenweise hell und einnehmend. Zwar sind viele Bestandteile der gesamten Umsetzung unverkennbar und unbestreitbar der Stahl, aus dem auch frühere CELTIC FROST-Alben gemacht sind, jedoch ist die Stimmung wesentlich entspannter und die Geschichten und der Charakter haben sich spürbar zu einem nachdenklicheren und weniger rohen Gebilde verändert. Dies wird sicherlich für gespaltene Lager sorgen.

Aus diesem Grund stellt sich mir die Frage, ob diese Veränderung darauf zurückzuführen ist, dass der Hass, der Schmerz und die Enttäuschung nachgelassen haben, oder ob es gar daran liegt, dass sich die Band als Ganzes weiterentwickelt hat, denn Eines ist klar: TRIPTYKON ist zwar das Erbe, aber nicht die Kopie von CELTIC FROST – und besteht nicht nur aus einer Person, sondern aus vier begnadeten Musikern; Thomas Gabriel Fischer, V. Santura (DARK FORTRESS, NONEUCLID), Vanja Slaijh sowie Norman Lonhard (ZATOKREV), die ihre Instrumente bis zum Anschlag quälen und sich mit diesem gelungenen, eindrucksvollen und ganz und gar überraschenden Album keinesfalls hinter dem großen Schatten oder gar Monstrum der Vergangenheit verstecken müssen.

11.04.2014

The world is indeed comic, but the joke is on mankind.

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