Tristania - Darkest White

Review

Es gibt Bands, die einzelne Hits mit nettem Drumherum produzieren und solche die durchgängig gute Alben veröffentlichen. TRISTANIA, so viel sei an dieser Stelle schon verraten, sind mit ihrem neusten Werk “Darkest White“ angetreten, um zu beweisen, dass sie zu zweiter Gattung gehören.

Wer diese Scheibe das erste Mal hört, wird regelrecht weggeblasen. Seit wann zur Hölle machen die denn Black Metal, ist das erste, was einem durch den Kopf schießt. Selbstverständlich hatte die Combo schon immer einen Hang zu härteren Elementen, aber dieses Mal treiben sie diesen auf die Spitze. Sie warten dieses mal meiner einer Aggressivität und auch einer musikalischen Kälte auf, die in diesem Genre keine andere Band zu bieten hat. Der Hörer wird damit allerdings keineswegs alleine gelassen. Immer wieder lösen sich die Songs in großartige Melodien auf, die eine große Bandbreite an Emotionen transportieren, ohne auch nur für eine Sekunde Gefahr laufen, in Kitsch abzudriften. Das ist nicht mehr das bekannte und auch etwas langweilige Beauty And The Beast-Konzept, sondern die Erfindung eines völlig neuen Sounds, der auch noch um kurze Augenblicke ergänzt wird, die durchaus aus dem modernen Melo Death stammen könnten oder einen Hauch Core durchblicken lassen. Aber auch die für dieses Genre fast schon typischen symphonischen Elemente kommen nicht zu kurz, ohne jedoch aufdringlich oder dudelig zu wirken.

Trotz dieser enormen Vielschichtigkeit hat es das Septett geschafft, weder das Album noch die Lieder darauf zersplittert wirken zu lassen. Alle Elemente greifen nahtlos ineinander. Das mag auch daran liegen, dass sich die Tracks mit einer durchschnittlichen Spielzeit von über fünf Minuten Zeit lassen, um alles zu entfalten, was sie brauchen, um eine vielfältige, emotionale Geschichte zu erzählen. Dabei hängt ihre Wirkung auch maßgeblich vom verwendeten Gesangsstil ab. Übernimmt Frontfrau Mariangela das Mikro, fühlt der Hörer sich direkt an die frühen Zeiten der Band erinnert, in denen diese klar dem Female Fronted Metal zugeordnet werden konnte. Das eigentliche Gesangstalent ist allerdings ihr Kollege Kjetil. Mal gibt er düster-klare Vocals zum Besten, die im Dark Metal der Marke PARADISE LOST oder sogar frühe HIM gut aufgehoben werden, mal markiert er den bösen Mann, auf dessen Growls und Shouts der Vokalist so mancher Black oder Death Metal Band neidisch sein kann. Damit verkörpert er die unglaubliche Variabilität, die dem gesamten Album zu Grunde liegt. Fast unnötig erscheint es an dieser Stelle noch zu erwähnen, dass diese von der Produktion perfekt in Szene gesetzt wird. Der Mann an den Reglern hat es geschafft, das Material so darzustellen, dass dem Hörer jederzeit die Tiefe der Musik bewusst wird, ohne das er auf angestrengtes Lauschen angewiesen wäre.

Gibt es dann überhaupt etwas zu bemängeln? Nun ja. Eine Kleinigkeit wäre da noch. Auf dem Silberling finden sich keine wirklichen Hits, in dem Sinne das sie sich sofort ins Gehör fressen und dort tagelang nicht wieder verschwinden. Dafür sucht man aber auch das viel beschworene Füllmaterial vergebens. Jeder Song verdient mindestens die Beschreibung gut. Und da es sich insgesamt um ein starkes Album handelt, fällt auch das Fehlen eines Überhits gar nicht so sehr auf.

Vielmehr haben TRISTANIA mit “Darkest White“, wie eingangs erwähnt, ein Gesamtkunstwerk geschaffen, das seinesgleichen sucht. Es erscheint nicht einmal so weit aus dem Fenster gelehnt, wenn man behauptet, sie hätten Maßstäbe in diesem Genre geschaffen.

26.05.2013
Exit mobile version