Unto Others - Strength

Review

IDLE HANDS haben wahrlich keine einfachen Zeiten hinter sich. Nach der bereits gefeierten Debüt-EP „Don’t Waste Your Time“ konnten die Erwartungen mit dem genialen ersten Longplayer „Mana“ noch einmal übertroffen werden. Nicht weniger als Gothic Rock die Coolness zurückgegeben zu haben wurde der Band um Fronter Gabriel Franco (hier auch bei uns im Interview) zugeschrieben. Doch dann durchkreuzte zuerst Corona die ambitionierten Tourpläne der Formation aus Portland, Oregon – dann musste man sich aufgrund eines Copyright-Streits auch noch vom eigenen Namen trennen. Nun geht es also unter dem Namen UNTO OTHERS weiter und für das zweite Album „Strength“ konnte man mit Roadrunner (Warner) sogar bei einem Major unterkommen. Die selbst gelegte Messlatte könnte höher kaum sein.

UNTO OTHERS – Neues Power-Soundgewand

Zumindest eines ist im Vergleich zu „Mana“ schon einmal ziemlich ähnlich. In der ersten Albumhälfte finden sich die härteren, simpleren Nummern, während in Hälfte zwei experimentiert werden darf, es teilweise sehr melodisch und Gothic-lastig wird. Alles beim alten also? Keinesfalls. Denn wer „Nightfall“ vom Vorgänger für einen verhältnismäßig metallischen Opener hielt, der wird von „Heroin“ komplett überrollt. Der Song ist das mit Abstand härteste, was UNTO OTHERS bislang aufgenommen haben. Fetteste Gitarrenwände, Double Bass und sogar ein paar Growls – und doch sind hier ganz unverkennbar UNTO OTHERS am Werk.

Die drei Vorab-Singles „Downtown“, „When Will Gods Work Be Done“ und „No Children Laughing Now“ waren als solche sicher eine logische Wahl, klingen sie doch noch am ehesten nach dem bislang gewohnten Material, obwohl auch hier ein stärkerer klassischer Metal-Einfluss hörbar ist. Ein Problem haben aber alle drei genannten Nummern: Sie brauchen einige Durchläufe um vollends zu zünden, was sicher bei vielen nicht gerade für Begeisterungsstürme nach dem ersten Hören sorgte. Dran bleiben lohnt sich aber, denn auch diese Songs entwickeln sich nach einiger Zeit zu heimlichen Favoriten.

Der mit Abstand größte Unterschied zu „Mana“ ist ebenfalls sofort hörbar: Die Produktion. „Strength“ wurde erstmals nicht in Eigenregie produziert, stattdessen holte man sich Unterstützung von einem der aktuell wohl gefragtesten Soundwizards in der Szene: Arthur Rizk. Der Texaner ist nicht nur als Gitarrist (und Studio-Drummer) der Epic-Metaller ETERNAL CHAMPION bekannt, sondern schneiderte neben seiner eigenen Band zuletzt u.a. auch Formationen wie SMOULDER, POWER TRIP und sogar SACRED REICH den gewünschten Sound auf den Leib. Heraus kam eine deutlich kraftvollere Mischung als bisher von UNTO OTHERS gewohnt. Auch Vocal-Effekte und Samples kommen häufiger zum Einsatz, woran sich der ein oder andere reiben dürfte. Kam also mit dem Major-Einstieg direkt der Sellout? Auf keinen Fall. Die Band zieht einfach ihren Stiefel durch und erschuf genau den Sound, den sie für ihr neues Album haben wollte – auch wenn dieser vielleicht den ein oder anderen Fan der ersten Stunde vor den Kopf stoßen könnte.

Kompositorisch richtig groß wird es dann eigentlich schon ab „Little Bird“ – spätestens ab „Why“ werden aber die ganz großen Hooks ausgepackt, gleichzeitig die Level an Melancholie und Dramatik noch einmal nach oben geschraubt. Das zu allererst ein wenig komisch klingende Haupt-Riff von „Just A Matter Of Time“ bleibt dennoch extrem schnell hängen und der Chorus will ohnehin sofort mit gegröhlt werden. Das PAT BENATAR-Cover „Hell Is For Children“ ist ein absoluter Glücksgriff und klingt in dieser Version verdammt nach MIDNIGHT OIL. Gabriel Franco vollbringt hier außerdem seine beste Gesangsleistung der Platte. Großartig! Aus dem ohrwurmigen Abschlusstrio einen Song herauszupicken ist so gut wie unmöglich. Wenn, wäre es aber vermutlich „Summer Lightning“, mit seiner großartigen Atmosphäre, einem weiteren Sahne-Refrain und dem durchaus schlüssigen Donnergrollen aus dem Sampler.

Geht nicht auf Nummer sicher – „Strength“

Bereits im Vorfeld war zu lesen, dass das Songwriting für „Strength“ keineswegs ein Selbstläufer war. Dass dies aber kein schlechtes Omen sein muss, beweisen UNTO OTHERS hier eindrucksvoll. Klingt die Scheibe glatter als ihre Vorgänger? Vielleicht. Aber eben auch viel kraftvoller, was den Amis mehr als gut steht. Die Symbiose aus klassischem Heavy Metal – dieses Mal mit noch stärkerem US-Metal-Einschlag – und Gothic Rock funktioniert dadurch einerseits noch besser, andererseits positioniert man sich eindeutig in der Metal-Szene.

Ja, nicht jedem bisherigen Fan dürfte „Strength“ schmecken, aber genau das macht das Album ein Stück weit aus, da eben nicht auf Nummer sicher gegangen wurde, sondern neue Wege beschritten werden, ohne sich dabei zu verzocken. Mal sperrig, mal einschmeichelnd und deutlich diverser als bisher. Diese Platte gehört definitiv zu den Jahres-Highlights 2021 und sollte von jedem Liebhaber klassischer… Ach Quatsch, einfach jeder Metalhead sollte dieser Platte mindestens eine Chance geben.

17.09.2021

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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