Vagabond - Thunderbolt

Review

So schnell kann es gehen: Hatte ich noch vor kurzem auf dem „Rock Attack Vol. 1“ Sampler das famose „Kill Her“ der thüringischen VAGABOND auf den Ohren, bekomme ich nun ihr neues Album „Thunderbolt“ hinterher. Wie schon bei „Ignition“ beschwört auch hier alles einen wohligen Undergroundmythos: Das Cover ist spartanisch, die Tracklist stöhnt vor Klischees und die Produktion entstand komplett in Eigenregie.

Letztere stellt sich aber rasch als Spaßbremse heraus. Natürlich wäre eine derart saubere Abmischung wie auf „Thunderbolt“ vor zwanzig Jahren noch eine beeindruckende Leistung gewesen. Aber ein Album, das wenig auf komplexe Akkordarrangements setzt, sondern Powerchords auch mal sekundenlang stehen lässt, um anschließend launige Riffs aus ihnen herauszufummeln, braucht einfach einen guten Klang, um nicht in der Masse unterzugehen. Fett und Wärme sucht man hier jedoch vergeblich. Und nicht nur, dass das Schlagzeug ziemlich steril wirkt, ausgerechnet die weit im Vordergrund stehende Rhythmusgitarre klingt stark nach Softwareverzerrung à la Amplitube, Guitar Rig oder ReValver. Es ist lobenswert, dass man auch die audiohandwerklichen Elemente der Musikerschaffung selbst übernommen hat, das Ergebnis aber steht hier vielen Songs im Weg.

Was immerhin funktioniert, sind schnellere Nummern wie „Berserk Rage“ oder das bluesige „Don’t Sleep“. „Back In The Stone Age“ und „Vagabonds Of Doom“ verfügen über eine ausreichende Menge gelungene Ideen, um immerhin aufzufallen. Und das abschließende „Final Destination“ ist mir zwar ein paar Riffwiederholungen zu lang, klingt aber nach einem starken Live-Rausschmeißer. Alles andere ist für mich auf dem Album Füllmaterial. Gerade die erste Hälfte der Platte wirkt für mich so, als hätte die Band versucht, einen doomigen Midtempo-Schwerpunkt zu legen, ihr typisches Bandformula im Endeffekt aber lediglich mit 30 Bpm weniger als sonst runtergespielt.

Der beste Song der Band bleibt also auch nach „Thunderbolt“ noch der Moshhammer „Kill Her“ vom Debüt. Obwohl die neue Platte einige Durchläufe lang nicht weh tut, hätte ich mir definitiv mehr erwartet. Durch etliche Füllsongs und die klinische Abmischung fühle ich mich außerdem in finstere Zeiten der Thrashära zurückversetzt. Da hat Thüringen erstmal bessere Bands auf Lager.

07.05.2012
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