Wovenwar - Wovenwar

Review

AS I LAY DYING sind Geschichte. Tim Lambesis sitzt im Gefängnis, nachdem er einen vermeintlichen Auftragsmörder dafür bezahlt hatte seine Ex-Frau zu töten. Der stellte sich später leider als Undercover-Detektiv heraus. Der Fronter der Metalcore-Pioniere hat jetzt genug Zeit, sich hinter schwedischen Gardinen ganz seiner einzigen Leidenschaft, nachdem es auch zwischen Tim und Gott in letzter Zeit nicht mehr so funkte, dem Bodybuilding zu widmen. Wenn er rauskommt wird er dann womöglich breiter als Tim Wiese sein.

So lange können und wollen die Ex-Mitstreiter natürlich nicht auf ihren Knastbruder warten, weshalb  das Nachfolgeprojekt WOVENWAR nun schon länger in den Startlöchern steht. Um genau zu sein, genau seitdem Lambesis sich in dem Fall gegen ihn für schuldig bekannt hat. Am Mikro betätigt sich an seiner statt Shane Blay, ehemals Sänger der christlichen Metalcore-Truppe OH, SLEEPER. Bei WOVENWAR beschränkt er sich gesanglich jedoch auf die klaren Töne. Die brutalen Shouts, essenzieller Bestandteil des AS I LAY DYING-Sounds, gibt es nicht mehr. Und das ist gut so, zementiert es doch einen Neuanfang, den man mit allzu ähnlichem Sound vielleicht nicht so konsequent hätte durchsetzen können.

Denn natürlich hört man es WOVENWAR an, dass hier 4/5 der Vorgängerband am Werk sind. Das bedeutet, wie schon am Beispiel der beiden Vorab-Singles „All Rise“ und „The Mason“ deutlich wurde: Teils nicht ganz anspruchsloses Riffing, mächtige Refrains, hoher Ohrwurmfaktor und verhältnismäßig konventionelle Songstrukturen. Dazu bleibt auch die Tendenz zu einer gewissen Epik bei WOVENWAR erhalten. Die nur sehr sporadisch eingesetzten Shouts gehen natürlich etwas auf Kosten der Härte und nicht selten erhalten die Songs dadurch eine Heavy Metal/Rock-Schlagseite. Dieser Effekt verstärkt sich noch dadurch, dass sich ein Großteil des Materials ausschließlich im Midtempo abspielt. Beispiele hierfür sind das stadionrockige „Moving Up“ und „Sight Of The Shore“.

Noch stärker müssen AS I LAY DYING-Fans  bei einem Track wie „Father Son“ sein. Das Ding ist ein lupenreiner Pop-Song (und kein guter). Lässt der westernartige Beginn noch auf eine düstere Ballade hoffen, erinnert das Ganze spätestens im Refrain in gruseliger Art und Weise an COLDPLAY. Mit „Profane“ und „Archers“ folgen darauf zwar zwei bessere Songs, in den stärkeren Momenten ähnlich den frühen BULLET FOR MY VALENTINE, ganz verschwinden will der fade Nachgeschmack jedoch nicht.

Grobe Schnitzer erlauben sich WOVENWAR bis zum Ende des Albums keine mehr. Immer in der Schnittmenge zwischen sehr seichtem Metalcore und Rock tut man zwar niemandem weh, Großes entsteht dabei jedoch auch beileibe nicht. Ein interessantes Riff im Intro von „Identity“, einige gute Momente in „Matter Of Time“, viel bleibt nicht hängen. Für „Prophets“ werden noch einmal die Akustikklampfen ausgepackt, glücklicherweise jedoch nur für circa eineinhalb Minuten. Tatsächlich bleibt „All Rise“ als einer der stärksten Albumsongs vom selbstbetitelten WOVENWAR-Debüt in Erinnerung. Und wenn die Single auch gleichzeitig der beste Song ist, verheißt das selten Gutes. Ohne die Urgewalt und das Neue der ersten AS I LAY DYING-Scheiben ist der Neuanfang unter anderem Namen ein ziemlich belangloser. Man hätte sich entweder auch instrumental deutlicher von der Lambesis-Ära abheben müssen, oder aber weiter dem Metalcore frönen und es dabei besser machen können. Zwischen den Stühlen entstehen so aber wenig spannende Momente.

22.07.2014
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