Xenoblight - Procreation

Review

Wenn der gemeine Metalhead an Skandinavien denkt, dann hat er zweierlei Klänge im Ohr: Einerseits den rauen, dreckigen Kassettenrekordersound der norwegischen Second Wave of Black Metal, andererseits die treibenden Blastbeats und tiefen Growls der schwedischen Death-Metal-Pioniere. An Dänemark hingegen, denkt man da nicht unbedingt als Erstes. Dabei hat das kleine Wikinger-Königreich doch durchaus seinen Beitrag zur Metal-Community geleistet (man denke da nur an die legendären MERCYFUL FATE) und tut dies weiterhin. Nach einem überzeugenden Auftritt beim Wacken Metal Battle im Vorjahr demonstrieren XENOBLIGHT nun mit Ihrer Debütscheibe „Procreation“ einen durchaus eigenwilligen Sound.

„Procreation“ offenbart eine breite Palette von Einflüssen

Wenn das Intro verstummt und die ersten Klänge von „Descension“ sich in den Gehörgang fräsen, könnte man versucht sein, an das experimentelle Spätwerk der legendären DEATH zurückzudenken. Zugegeben, der Vergleich hinkt ein wenig, doch weckt der Song schon ein wenig die Erinnerung an den damals von den Floridianern pilotierten progressiven Sound. Eine Kopie desselben ist „Procreation“ freilich nicht, die Assoziation liegt aber dennoch nahe. Das hektische Arrangement, die verspielten Läufe, die Rhythmus- und Taktwechsel – das alles klingt schon irgendwie vertraut, auch wenn nicht in der allerletzten Konsequenz ausgelebt und somit deutlich gefälliger daherkommend, als der Vergleich zunächst suggeriert. Nicht zuletzt erinnern aber auch die Vocals an das wütende Gekeife des großen Chuck Schuldiner. Dass XENOBLIGHT in Marika Hyldmar eine Dame zur Chefkrächzerin beordert haben, fällt ehrlicherweise erst beim Blick auf die Promofotos auf.

Doch beschränken sich die Dänen auf ihrem Erstling durchaus nicht nur auf progressive Einflüsse. Vielmehr vermengen sie diese mit anderen Stilmitteln zu einer nicht uninteressanten Melange. Da galoppieren zwischendurch auch immer wieder kurze, aber erbarmungslose Highspeed-Black-Metal-Parts übers musikalische Schlachtfeld, nur um sich hernach im Artilleriefeuer gewissermaßen pompöser Riffs, wie man sie sonst von Symphonic-Dark-Metallern der Sorte DIMMU BORGIR kennt, aufzulösen (man beachte hier unter anderem „Obsidian Chromatism“). Wobei XENOBLIGHTs eigene Interpretation im Vergleich durch die bewusst geradlinigere Produktion und Instrumentalisierung ihren Hang zum Bombast verliert und somit gleichwohl gemäßigter, man möchte fast sagen ehrlicher, wirkt.

XENOBLIGHT definieren ihren eigenen Sound

Das alles klingt jetzt erstmal nach einer sehr wilden Mischung, die beschriebenen Einflüsse sind aber tatsächlich mehr Inspiration als schlichte Blaupause. Im Endeffekt bedienen sich XENOBLIGHT einer ganzen Reihe für sich gesehen extremer Stilmittel, mäßigen diese aber soweit nötig ab, um am Ende kein Sammelsurium einzelner Elemente, sondern ein stimmiges Ganzes zu erzeugen, was ihnen auch gelingt – stilistisch sicherlich in gewisser Weise speziell, aber dennoch gekonnt inszeniert. So ist der am Ende recht eigene Stil, der dabei herauskommt, bestimmt nicht für jeden etwas und wirkt schlimmstenfalls an der ein oder anderen Stelle im Detail dann doch noch nicht ganz ausgegoren. Im Allgemeinen ist das Endprodukt aber stimmig und wem es nicht gefällt, der findet es sicher zumindest „interessant“.

Review von Thomas Braun

29.03.2019
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