ZweiTon - Gestalt

Review

Es ist auch schon lange her, dass sich Alexander Paul Dowerks ZWEITON mit „Gestalt“ sein erstes Stelldichein gegeben hat. Im Kern immer noch als Duo unterwegs – neben Dowerk ist das noch Troy Jones am Schlagzeug – sind als Gastmusiker noch Jaime McGill an der Bassklarinette und Carolina Eyck am Theremin zu hören, meist aber mit Einsätzen, die mehr auf Atmosphäre und Subtilität ausgelegt sind. Elf Jahre sind seit dem erwähnten Vorgänger vergangen, bevor wir nun mit „Gestalt“ den Nachfolger in Händen halten dürfen. Für die Uneingeweihten aber nicht minder Interessierten: Hier gibt es im wesentlichen Math-Rock zu hören, der nicht vor Dissonanzen zurückschreckt, durchaus mal impulsiv drauf los rockt (und den großen Kritikpunkt des Vorredners zum Vorgänger somit zu Herzen genommen zu haben scheint) und heuer auch mit dem Gesang Dowerks daher kommt.

Bei ZWEITON hapert es leider zu sehr am Gesang

Leider ist genau dieser Gesang der große Schwachpunkt und Störfaktor von „Gestalt“. Der ist praktisch überall und lässt sich daher leider auch nur schlecht wegrationalisieren. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn der Gesang wenigstens halbwegs tolerabel wäre. Dowerks Stimme ist nur bedingt ausgebildet, was zwar in einigen wenigen Passagen ausreichend ist – die mehrstimmige Hook von „Glaube“ ist z. B. ganz nett. Aber gerade in den dissonanter lärmenden Passagen respektive solchen, die ihm etwas mehr Dramatik und Urgenz abverlangen, wirkt seine Stimme oftmals wie ein aus einer Verlegenheit eingesetzter Nachklapp und damit wie ein Fremdkörper im eigenen Sound, es passt einfach nicht. Hier würden ein ausgeprägteres Organ oder meinetwegen auch ein bisschen Geschrei wahre Wunder wirken, letzteres könnte beispielsweise eine klangliche Verwandtschaft zu THE DILLINGER ESCAPE PLAN oder auch FJØRT etablieren.

Das ist ärgerlich, denn damit verschenken ZWEITON einen Haufen Potential. Die Texte allein können die Fußarbeit leider nicht überwinden – immerhin ist Dowerks Lyrik behände genug, dass man es tatsächlich für authentische FJØRT-Lyrik halten könnte. Deren Intonation ist oftmals stark an deutschsprachigen Independent angelehnt, will sagen: Wem Gesang á la TOCOTRONIC zu ungelenk klingt, braucht hier erst gar nicht anzufangen. Aber besser wäre ohnehin generell gewesen, die Gesangspassagen an Gastmusiker auszulagern, der total schiefe und damit – man muss es leider sagen – inakzeptable Gesang in „Brandsatz“ jedenfalls hätte sich so vermeiden lassen. Sehr schade, gerade angesichts eines ansonsten stimmigen, technisch ansprechenden Math-Rock-Albums, für dessen instrumentale Beschaffenheit allein Dowerk und Mitstreiter Lob verdienen und das der schlechte Gesang glücklicherweise nicht gänzlich zu versenken imstande ist …

08.11.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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