Summer Breeze 2018
Der Liveblog

Special

Wie fragte EISBRECHER-Checker Alex Wesselsky noch beim Summer Breeze 2016: „Mannomann, was ein Wetterchen, wer hat denn da alles brav sein Tellerchen aufgegessen?“

Ganz so blumig möchten wir uns 2018 vielleicht nicht ausdrücken, aber es stimmt schon: Zum Auftakt hat das Summer Breeze wieder einmal absolutes Traumwetter erwischt. Da kann man schon mal ganz enthusiastisch „Hallo, M’era Luna!“ ins Publikum rufen. Tja, früher oder später hinterlässt der dauerhafte Sonneneinfall dann eben doch Spuren.

Mittwoch, 15. August 2018

Kollege Maronde kann ein Liedchen davon singen, stellt sich der Alterspräsident zum Festivalauftakt doch manch altbekannter Kollegin noch einmal ganz förmlich namentlich vor. Schwamm drüber, Hauptsache, die Hirnzellen sind beim anschließenden metal.de-DJ-Set wieder funktionsfähig. Und wie! Gemeinsam mit Kollege Klug lässt der Vinyl-Veteran die Meute bis tief in die Nacht abdancen. Bei der mehr als vierstündigen Party auf der brandneuen Campground-Bühne kommen unter anderem SLAYER-, EMPEROR- und selbstverständlich auch TOTO-Fans auf ihre Kosten.

Bei so viel Tanzwut verschläft der eine oder andere gewiss das fest im Programm verankerte Weißwurstfrühstück am Donnerstagmorgen. Leider fühlt sich Kollege Erbas, der die kulinarische Achterbahnfahrt mit eigenen Augen beobachten „durfte“, auch 24 Stunden später noch nicht so recht dazu imstande, das Erlebte in Worte zu fassen. So viel sei gesagt: Der Schock kann nicht viel tiefer sitzen als bei Kollege Klug, dem im Anschluss ans DJ-Set urplötzlich ein fremdes Kazoo zwischen den Lippen steckt.

Monument

Donnerstag, 16. August 2018

Wirklich üble Schocks folgen dann am Donnerstag: HUNTRESS geben den Tod von Sängerin Jill Janus bekannt, am selben Tag verstirbt Soul-Queen Aretha Franklin. Das Breeze gedenkt, the show must go on. Für alle, die fort sind.

Zum Beispiel mit JAMEY JASTA, der sich für den heutigen Gig seine ganz eigene hochkarätige Gästeliste geschustert hat. Mit auf der Bühne stehen unter anderem Dino Cazares (FEAR FACTORY), Kyle Thomas (EXHORDER), Howard Jones (Ex-KILLSWITCH ENGAGE, LIGHT THE TORCH) und selbstverständlich Kirk Windstein (CROWBAR) – sieht man auch nicht alle Tage.

Deathgrind in Badehosen

Genauso wenig wie eine Band, die die Festivalbühne einfach mal in Badehosen betritt, ohne dass man sie gleich mit Etikett „Fun-Metal“ assoziiert. So gesehen bei den Hagener Deathgrindern STILLBIRTH, die sich zur Nachmittagszeit auf der Camel Stage breitmachen. Vor diese verschlägt es in diesem Jahr besonders viele Festivalgäste, bietet sie doch mittlerweile als einzige Bühne ein wenig Sonnenschutz.

Und nicht nur Sonnenstrahlen gibt es in diesem Jahr en masse zu bestaunen, auch die allgegenwärtigen Staubwolken sorgen für den gewissen Touch Abenteuerurlaub. Hiervon wirbeln auch COMEBACK KID so einige auf, wie Kollegin Grönecke-Preuß nach drei Kilo eingeatmetem Sand bezeugen kann. War’s das wert? Das war’s wert!

BEHEMOTH kürzen ab

Vor der Hauptbühne färbt sich der Sand mittlerweile schwarz, lodernde Flammenmeere bringen Kunde von der bevorstehenden Ankunft BEHEMOTHs. Zur Blackened-Death-Musikantenstadl um Top-Instagram-Influencer und Hobby-Coiffeur Nergal muss man wohl nicht mehr viel sagen. Sie kommen, sehen und siegen. Wie immer. Und bei aller Profi-Routine entscheidet sich der blasphemische Vierer kurzerhand, heute einfach mal zwanzig Minuten früher in den Feierabend zu gehen. Im Headliner-Slot. Sapperlot! Isch des noch Metal? Kann des noch Tages-Highlight sein?

POWERWOLF-Jünger belagern die Hauptbühne

Wenn sich aber jemand vom vorzeitigen Verschwinden BEHEMOTHs begeistert zeigt, so sind das nicht etwa anwesende Katholikengruppen auf Jugendfahrt, sondern vielmehr die Damen und Herren Drückeberger aus der ersten Reihe. Dieses Kollektiv – das seine Zusammengehörigkeit durch das Tragen von Designer-Klamotten der Marke POWERWOLF symbolisiert – lässt sich nicht einmal mit Nergals Weihrauchsalven aus seinem pünktlich zum Set-Beginn einsetzenden Power-Napping wecken. Man könnte meinen, es hätte etwas mit der nachfolgend aufspielenden (angeblich rumänischen) Band zu tun.

Powerwolf

Die Kollegen Klug und Kostudis halten es da lieber mit dem Marktschreier, der zur späten Stunde sämtliche Merchandising-Zelte mit dem immer gleichen Werbespruch beschallt: „Jetzt geht mal zu CANNIBAL CORPSE, ihr Arschlöcher!“ Gesagt, getan. Während in der Ferne die Energiewölfe vor sich hin rödeln, setzt Onkel Corpsegrinder zu „I Cum Blood“ wieder einmal auf forensische Aufklärung. „Sounds fun, until it happens to you.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Text von Alex Klug und Jeanette Grönecke-Preuß.

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Freitag, 17. August 2018

Stellt man sich selbst vor die meist doch etwas ernüchternde Aufgabe, am zweiten Festivaltag ein adäquates Stimmungsbild einzufangen, so versucht man das selbstverständlich nicht auf dem Campingplatz, sondern … im Shuttlebus! Kollegin Grönecke-Preuß macht den Selbsttest und nimmt den nächstbesten Sightseeing-Trecker Richtung Dinkelsbühl City. Kaum passiert dieser die historische St.-Georgs-Kirche (Gotik, versteht sich!), muss sich die Kollegin einem kurzen Reality-Check unterziehen. Immerhin unterhalten sich die Kuttenträger aus der zweiten Reihe gerade allen Ernstes über ihre letzten Drogerie-Markt-Shopping-Hauls: „Welche Feuchtigkeitscreme nimmst du denn? Ich hab ja furchtbar trockene Haut.“

Wake Up! ANCST sorgen für deftige Staubwolken

Das wundert angesichts der nach wie vor omnipräsenten Staubwolken dann aber auch nur bedingt. Spätestens nach dem Guten-Mittag-Gute-Laune-Gig des Berliner Blackened-Hardcore-Kollektivs ANCST ziert die Haut der Anwesenden ein dunkler Teint, der sich so wohl mit keinem Balea-Selbstbräuner der Welt nachzeichnen ließe. Was ein zünftiges Stampferset!

Dabei sind die frühen Summer-Breeze-Slots an Tagen wie diesen keine dankbaren. Wer zur Mittagsstunde aufspielt, zieht automatisch in den Kampf gegen sonnenmüde Menschen. Im Falle von MISERY INDEX überträgt sich die Publikumsträgheit leider auch vom ersten Song auf die Band. Pünktlich zu J.B.O. ist es dann aber auch vorbei mit der nonchalanten Gleichgültigkeit: Auch im dreißigsten Bandjahr entlockt die „Fun“-„Metal“-„Elite“ so ziemlich jedem Anwesenden irgendeine Reaktion. So auch metal.de-Stand: Ein hier zum eigenen Schutz nicht namentlich erwähnter Kollege schüttelt sein Haupthaar, der Rest des Teams hingegen seine Köpfe.

Sick Of It All

J.B.O. statt HEINO

Zum Beginn des Sets mit „Alles nur geklaut“ wünscht sich Kollege Klug zunächst einmal dringend HEINO mit selbiger Coverversion samt RAMMSTEIN und OOMPH-Tributes daher. Leider, so muss er sich dann bitterlich eingestehen, sind es aber ja ebenjene Zuschauer, die hier gerade auf „Gänseblümchen“ steilgehen, die noch 2013 eifrig ihr Smartphone zückten, um ein paar Hass-Kommentare gegen das Wacken-Gastspiel unseres nationalen Volksmusik-Barden abzusondern. Dabei hat das Ganze ja noch etwas Gutes: Trump, Klimawandel, Atomkrieg – spätestens zu „Geh mer halt zu Slayer“ kommt einem das plötzlich alles ganz harmlos vor.

Handzahm dann auch SALTATIO MORTIS, die uns mit gezücktem Methammer (ach nee, das waren ja andere) kurzerhand einen Besuch am Stand abstatten, um mit Kollege Klaas noch einmal einige Details aus seiner aktuellen Rezension zu „Brot & Spiele“ durchzugehen. Leider war der Kollege zu diesem Zeitpunkt gerade fleißig mit dem Verfassen seines nächsten musikjournalistischen Pamphlets beschäftigt. Wir sind uns aber ganz sicher, dass er das mit dem Deutschrock-Vergleich alles nicht so gemeint hat. Peace und so.

Als das Deutschro, äh, Mittelalter-Ensemble sein Set dann am späten Nachmittag bezeichnenderweise mit „Früher war alles besser“ beginnt, wird es Wettergott Thor dann aber auch zu bunt. Er erhört den allgegenwärtigen Regentanz und lässt endlich die nötige Abkühlung vom Himmel träufeln.

Deathgrind im Regen

Beim parallelen DYING FETUS-Gemetzel wünscht man sich dann aber doch den nun wohl endgültig abgeschafften Zeltmantel der T-Stage zurück. Zumindest wischt der angenehm kühle Luftzug hier die eine oder andere Höhenfrequenz fort. Am bedingungslosen Knüppelfetischismus von Band und Publikum ändert das aber nur wenig. Der einsetzende Starkregen lässt die Anwesenden Circlepits und Crowdsurfing bloß noch intensivieren.

AT THE GATES führen die Parade anschließend zum endgültigen Siegeszug. Zwar greift Sänger Tomas Lindberg schon ein bisschen gefährlich tief in die J.B.O.-Trickkiste („We don’t like Death Metal, we love it!“), dennoch sind die anwesenden Kolleginnen und Kollegen hier soeben Zeuge des bestens Melo-Death-Sets des gesamten Festivals geworden. Und das sei im Hinblick auf den bevorstehenden ARCH ENEMY-Gig noch einmal fett unterstrichen. Als absolute Konsens-Band haben sich die Herren um Alissa White-Gluz den Headliner-Status selbstverständlich redlich erarbeitet, und so gibt es heute zum Set auch nicht wirklich viel zu vermerken – von der temporären Abwesenheit Jeff Loomis‘ einmal abgesehen.

In die Nacht mit SATYRICON und ALCEST

Gleiches gilt für SATYRICON, die Kollege Möller alsbald mit „die langweiligste Band von den alten Norwegern“ abfrühstückt. Ein reichhaltiges Nachtmahl gönnen sich hingegen die übrigen Kollegen, die sich ebenso sehr an den Luxus der wageneigenen Jägermeister-Zapfanlage gewöhnt haben wie ihrerseits die Damen und Herren von AMARANTHE und TANKARD. Kollege Möller wartet noch auf „Mother North“, der Rest holt sich seinen abschließenden Schlummertrunk bei ALCEST ab. Wohlig berauschtes Schwelgen, auch für Straight Edger. Gut’s Nächtle.

Text von Alex Klug und Jeanette Grönecke-Preuß.

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Samstag, 18. August 2018

Was ein Morgen. Becher wässeriger Kaffee – 2 Euro.  Wasserdichtes Zelt – 50 Euro. Nicht von BETONTOD oder GOITZSCHE FRONT geweckt werden – unbezahlbar.

Stattdessen sind es PARASITE INC., die am Samstagmorgen die Hauptbühne eröffnen dürfen. Und wie soll man sagen: Die festivalseitige Omnipräsenz in Form von Flyern, Bannern und den metal.de-DJs untergejubelten CDs hat sich ausgezahlt. Trotz der frühen Morgenstunden findet sich die Kollegin Grönecke-Preuß inmitten eines Tsunamis aus zahlreichen neugierigen Melo-Death-Fans wieder. Schön, dass hinter der Fassade auch mächtig Wumms steckt und die Herren mit ihrem am Vortag releasten Zweitwerk „Dead And Alive“ mächtig einheizen.

Mit Feuerschwanz zum Schubsetanz

Warm wird es den Kolleginnen und Kollegen dann auch bei Feuerschwanz – manches Störsignal lässt sich eben nicht ewig ignorieren, ohne dass es früher oder später an die Substanz geht. Musikalisch das Äquivalent zu einem „Bier formte diesen schönen Körper“-Shirt, möchte Kollege Klug der Band in diesem Bericht keine weitere Vokabel mehr widmen.

Sinnvollster musikalischer Moment des heutigen Gigs: Ein augenzwinkerndes Basssolo. Davon gab es heute immerhin nicht allzu viele. ORIGIN etwa müssen heute ohne Basser auskommen, stattdessen nimmt man geschickt einen „Luftbassisten“ aus dem Publikum in die Pflicht. Die kurz darauf aufspielenden FRACTURED INSANITY dürfen ihren Tiefsaiter gleich einmal an Tyla Campbell von PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS durchreichen, dessen Instrument heute im falschen Flieger nach Timbuktu landete. Schade, dass man auf dem Flug dorthin nicht noch die eine oder andere Mittelalter-Rock-Band im Gepäck hatte.

Dafür nimmt die Band dann aber auch gerne ein kleines Publikum-Shoutout auf. British Airways dürfte sich jedenfalls in den nächsten Tagen über eine Grußbotschaft von 10.000 den Mittelfinger reckenden Fans freuen. Diese wiederum erfreuen sich an einem gelungen Lemmy-Tribut durch Sänger Neil Starr, das allerdings noch von ORANGE GOBLIN übertrumpft wird – mit Rampensau und Zugpferd Ben Ward eines der groovigsten Festhighlights. Auch wenn sich die Mehrheit der Festivalbesucher eher zu den später ertönenden BLUR- und LINKIN PARK-Covern von PAPA ROACH bewegt.

Anschließend Blackie-Lawless-Zeit, zu W.A.S.P. wird es noch einmal voll im Infield. Den krönenden Abschluss gibt dann das gewagte, aber erwartungsgemäß bezaubernde Synthwave-Doppel aus CARPENTER BRUT auf Main und PERTURBATOR auf T-Stage. Wer hätte schon gedacht, dass MICHAEL SEMBELLOs „Maniac“ einmal den krönenden Abschluss auf der Hauptbühne geben würde.

Ein gesondertes Lob geht an dieser Stelle an TANKARD, die uns nicht nur den Jägermeister geleert haben, sondern auch als einzige Band die Ehre besitzen, Shirts für weniger als 20 Euro zu verkaufen. Stark! Und für ein Oettinger wird‘s ohnehin schon reichen.

Text von Alex Klug und Jeanette Grönecke-Preuß.

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19.08.2018
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