Hate Squad
Interview mit Sänger Burkhard Schmitt

Interview

Hate Squad

Retrospektiv betrachtet muss man HATE SQUAD mit zu den allerwichtigsten Formationen zählen wenn von Genre-übergreifenden Brachialsounds in Deutschland die Rede ist. Mehr noch, für mein Dafürhalten ist es sogar durchaus berechtigt, wenn man darüber hinaus auch noch behauptet, dass diese Herren jene „Gangart“ miterfunden und hierzulande salonfähig haben, die einst “Crossover” genannt wurde und heutzutage unter dem Begriff “Metalcore” bejubelt wird.

Das 20-jährige Band-Jubiläum ist natürlich ein mehr als nur würdiger Grund, die Band-Geschichte Revue passieren zu lassen und aus diesem Grund kredenzte die Truppe ihren Fans vor wenigen Wochen mit „You Are Not My Fuckin’ God (Best Of 20 Years Of Raging Hate)“ auch einen fetten Doppel-Decker, der nicht nur die essentiellsten Tracks der Band-Historie enthält, sondern auch eine amtliche Kollektion bis dato unveröffentlichter Demo-Tracks.

Diesen Anlass musste man selbstredend auch beim Schopf packen um mit Bandgründer und Sänger Burkhard Schmitt die Geschichte ein wenig aufzuarbeiten und einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Da sich der sympathische Frontmann aber auch weit darüber hinaus als auskunftsfreudig entpuppte, haben wir ihn auch zu anderen Themen, wie seiner Sammelleidenschaft oder auch seiner Einstellung zum Metal generell, zu Wort kommen zu lassen:

Burkhard, mal ganz ehrlich, wie fühlt man sich als Musiker, dem man seitens der Presse immer wieder attestiert etwas „Großes und Neues“ in die Welt gesetzt zu haben, der davon aber kaum profitieren konnte, weil er mit seiner Band offensichtlich doch viel zu früh an den Start gegangen ist?

Ach, damit habe ich nicht wirklich ein Problem. Viel eher sehe ich es als Ehre an, wenn man HATE SQUAD zwanzig Jahre nach unserem Beginn einen solchen Stellenwert zubilligt und man uns mitunter sogar als „Erfinder“ eines Genres betitelt. Klar hätte einiges anders laufen können und wir hätten womöglich riesengroßen Status, aber was soll’s? Die Zeit zurückdrehen geht nun mal nicht und in Wirklichkeit ist das, was wir als Band erreicht haben, so wenig nun auch wieder nicht. Ich kann jedenfalls ganz gut damit leben.

Kam die Tatsache, dass sich speziell in letzter Zeit wieder deutlich mehr Menschen auf Euch als Inspirationsquelle berufen, nicht doch etwas überraschend?

Naja, ganz so neu ist das für mich nicht und zwar deshalb, weil sich beispielsweise HEAVEN SHALL BURN schon vor fast zehn Jahren zu einer HATE SQUAD-Coverversion hinreißen haben lassen. Durchaus möglich, dass dadurch viele jüngere Kids überhaupt erst auf uns aufmerksam geworden sind. Aber diese Burschen machen ihre Sache wirklich verdammt gut und ihre Version von „Not My God“ knallt auch ohne Ende.

Würdest du aus heutiger Sicht etwas anders machen um eventuell einen anderen Status innezuhaben?

Das ist eine verdammt knifflige Frage. Es mag ja durchaus sein, dass wir mehr „Erfolg“ haben hätten können, wenn man diesen rein auf das Geschäft selbst bezieht. Und vielleicht wäre der Name HATE SQUAD heutzutage wirklich wesentlich größer, wenn wir uns „biegen“ hätten lassen und in manchen Situationen auf jene „Stimmen“ gehört hätten. Doch das kam niemals in Frage! Für mich als Musiker ist es immer das Wichtigste gewesen, ausschließlich Aktionen zu setzen mit denen ich mich voll und ganz identifizieren kann und genau diesbezüglich, wie auch im Hinblick auf unsere Einstellung zur Musik selbst, bin ich davon überzeugt, absolut richtig gehandelt zu haben! Aber ich muss jenen Leuten, die uns unterstellen wir hätten manche unserer Chancen nicht sofort beim Schopf gepackt doch auch in gewissem Maße rechtgeben. Allerdings steht es ebenso außer Frage, dass wir nicht gerade vom Glück gesegnet waren. Guck dir als Beispiel mal die verschiedenen Labels an, über die unsere Scheiben veröffentlicht wurden, das war nicht immer einfach. Klar war der Anfang bei GUN eine sensationelle Geschichte, wie ich auch heute noch der Meinung bin, dass die Kooperation bis zum Ende hin eine fruchtende sein hätte können, wenn es in den späteren Jahren finanziell nicht ganz so dumm gelaufen wäre. Aber so ist es nun mal gelaufen. Nicht wirklich günstig war es mit Sicherheit auch, dass wir mehrfach mit Besetzungsproblemen und den daraus resultierenden internen Komplikationen zu kämpfen hatten. Eines möchte ich im Nachhinein betrachtet aus heutiger Sicht auch noch hinzufügen: es wäre wohl wirklich besser gewesen mehr Vertrauen in unseren seinerzeitigen Manager Andy Siry zu setzen.

Nach den „GUN-Jahren“ dauerte es zwar längere Zeit, ehe wieder etwas von Euch mitzubekommen war, ein Ende war aber zum Glück dennoch nicht in Sicht, wie ihr mit der 2004-Scheibe „H8 For the Masses“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt habt, eurer ersten Veröffentlichung über Swell Creek, jenem Label, das auch eure „Geburtstags-Scheibe“ auflegt.

Dass es zu Beginn des Millenniums ruhig um die Band gewesen ist liegt in erster Linie an persönlichen Schicksalsschlägen, mit denen ich konfrontiert wurde. Dadurch hat es einige Zeit gedauert ehe ich mich wieder richtig dahinterklemmen konnte um mein „Baby“ HATE SQUAD entsprechend voranzutreiben. Wie wohl bekannt sein dürfte, handelt es sich bei Swell Creek um das Label unseres Bassisten Bauke De Groot. Von daher war es naheliegend zusammenzuarbeiten. Dennoch muss ich hinzufügen, dass diesbezüglich schon mehrfach falsche Tatsachen verzapft worden sind und es leider auch immer noch werden. Wenn nämlich behauptet wird, dass wir, oder besser gesagt Bauke, das Label quasi nur für uns gegründet hätten, ist das schlichtweg falsch. Bauke hatte Swell Creek nämlich schon einige Zeit davor am Start und verfügte daher auch bereits über einige Erfahrung, die er mit diversen anderen Veröffentlichungen machen hat können. Dass wir nun erneut ein Album über dieses Label auflegen hat sehr viel damit zu tun, dass es auf jeden Fall der am wenigsten umständliche Weg ist. Im Hinterkopf behalten haben wir aber natürlich auch, dass wir seinerzeit danach abermals ziemlich glücklos gewesen sind. Denn nicht nur GUN, auch Dockyard 1, die sich rührend um „Degüello Wartunes“ gekümmert haben, existieren als Label bekanntermaßen gar nicht mehr. Immerhin aber haben wir die Rechte an den früheren Songs nun endlich wieder zurückerhalten und konnten wieder damit arbeiten. Ein Glück, dass zum „Band-Geburtstag“ vertraglich längst alles in trockenen Tüchern war! Und noch was: weshalb wir für unsere aktuelle Compilation keine Songs unserer 2011er Scheibe „Katharsis“ verwendet haben, liegt auch einzig und allein an vertraglichen Geschichten. Schade insofern, da ich der Meinung bin, dass gerade diese beiden Teile mit zu unseren allerstärksten Veröffentlichungen zählen.

 

 

 

Doch auch solche Schwierigkeiten können HATE SQUAD offensichtlich nichts anhaben, weshalb ihr euren „Jubiläums-Doppelpack“ mit der Zusatz-Info versehen habt, dass es sich „nur“ um einen „Pausenvorhang“ handeln würde.

Exakt! Ans Aufhören denken wir nämlich noch lange nicht. Im Gegenteil, durch die Tatsache, dass wir in der Zwischenzeit auf jede Weise gereift sind und den Bezug zur Realität behalten haben, ist uns ziemlich klar, was für uns möglich ist und was unrealistisch erscheint. Ein besonderes Anliegen aktuell ist es uns, mit HATE SQUAD wieder verstärkt live zu spielen, denn speziell dahingehend haben wir zuletzt viel zu wenig gemacht. Ein Anfang könnte auf jeden Fall unser Auftritt auf dem „Wacken Open Air“ heuer sein, denn wenn ich bedenke, dass da wohl gut 100.000 Menschen insgesamt anwesend sind, darf man sich wohl durchaus Hoffnungen machen, dass zumindest ein Teil davon uns wahrnimmt. Jedenfalls sind wir schon sehr gespannt wie es wird in Wacken, zumal wir ja bereits 1995 dort gespielt haben, als alles noch in einem deutlich beschaulicherem Rahmen abgelaufen ist. Dennoch soll Wacken aber auch kein „Einzelfall“ bleiben. Für etwaige Einzelgigs oder Festival-Shows an Wochenenden sind wir zwar fast immer zu haben, allerdings muss ich schon hinzufügen, dass wir es nicht mehr so machen würden wie früher. Damals war es uns es völlig egal, unter welchen Voraussetzungen wir auftreten konnten, die Hauptsache war, wir erhielten überhaupt die Möglichkeit zu spielen. Über diese Phase als Band sind wir längst hinweg, und so setzen wir – und das ohne arrogant klingen zu wollen – gewisse Grundvoraussetzungen einfach voraus, die eingehalten werden müssen um uns zu engagieren.

Und wenn eine bekanntere Band anklopfen würde um euch als Support zu verpflichten? Was dann?

Da kann man sich leider in Zeiten wie diesen überhaupt nicht sicher sein, dass man nicht ordentlich drauflegen muss! Daher würden wir ein solches Angebot auch auf Herz und Nieren prüfen, ehe wir irgendetwas zusagen. Dabei ist es längst nicht mehr nur eine Frage des finanziellen Aufwandes der sich lohnen müsste, denn darüber hinaus haben die meisten von uns Familie und müssten sich auch diesbezüglich erst einmal den nötigen Freiraum verschaffen können und auf etwaige berufliche Verpflichtungen bin ich noch gar nicht eingegangen. Dennoch wird es die Band auch weiterhin geben und wir sind wirklich guter Dinge, dass sich endlich wieder vermehrt Live-Aktivitäten einstellen werden. Spätestens dann, wenn wir mit einem weiteren Album, zu dem ich allerdings noch keinen konkreten „Zeitplan“ hinsichtlich Veröffentlichung und so verlautbaren kann, erneut versuchen werden kräftig durchzustarten! Eines aber ist klar, diese Band ist immer noch hungrig!

Nachvollziehbar und zudem reicht deine kompromisslose Einstellung zur Band alleine völlig aus um mitzubekommen, dass im Musiker Burkhard Schmitt selbst nach all den langen Jahren in der Szene immer noch ein ebenso beinharter Fan dieser Klänge steckt, korrekt?

Absolut! Ich habe vor gut dreißig Jahren begonnen Metal zu hören und bin im Laufe der Zeit zu einem echten „Jäger und Sammler“ geworden, der zu bestimmten Themen einfach alles haben muss. Zunächst war es vorwiegend einfach nur der Heavy Metal dem ich verfallen bin, aber viel mehr gab es ja ohnehin damals noch nicht. Erst später kam ja viel mehr dazu, wobei es bei mir vorwiegend Thrash und Death Metal waren, die es mir angetan hatten. Beides empfand ich übrigens ebenso faszinierend wie vieles aus der Hardcore und Punk-Ecke, weshalb es fast logisch erscheinen sollte, was sich an ersten Ideen für meine eigene Band alles angesammelt hatte. Und auch wenn unser erstes Bandlogo durchaus darauf hingedeutet hatte, konnte ich mit Black Metal dagegen nie so wirklich warm werden, ausgenommen den ersten Helden wie VENOM oder BATHORY. Auch meine Sammelleidenschaft ist schon sehr früh in mir herangewachsen.

Ich denke, ich könnte mein gesamtes Leben damit verbringen nichts anderes zu tun als mich um meine Sammlung zu kümmern. Begonnen habe ich zunächst mit diversesten Demo-Tapes und Schallplatten, von denen ich eine überaus stattliche Menge in meinem Archiv bunkere. Dem nicht genug, haben sich darüber hinaus im Laufe der Zeit dazu noch Unmengen der erst später erfundenen CDs gesellt, die ich ebenso leidenschaftlich sammle, wie auch Video-Tapes und DVDs. Auch Fanzines habe ich immer schon geliebt und hab‘ daher jede Menge an Heften zu Hause, manche haben wohl mittlerweile absoluten Kult-Status und könnten reichlich Kohle bringen, aber solange es nicht zwingend notwendig ist, wird nichts hergegeben! Dass ich obendrein natürlich auch alles, aber auch wirklich ALLES von meiner eigenen Band besitzen muss, dürfte wohl klar sein, haha. Sollte also jemand noch Konzertmitschnitte von HATE SQUAD besitzen, egal ob auf Tape oder gar auf Video, möge er sich doch bitte bei mir melden, es könnte nämlich durchaus sein, dass ich diesbezüglich doch noch nicht alles habe!

10.06.2013
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