Hasmik Hovhannisyan - Teil I
"Ich hätte auch nie geglaubt, mal einen Comic mit Ashmedi über MELECHESH zu machen, nun schau dir an, wo wir heute sind."

Interview

Teil I

Dass Metalbands auch gerne mal in Comics auftauchen, konnte man die Jahre über immer mal wieder sehen… Ob als Promogag bei SLAYER und METALLICA und weiteren Bands, etwa der eigenen Comicwelt „The Amory Wars“ von COHEED & CAMBRIA.  Dass auch Ashmedi, Fronter von MELECHESH mal in einem Comic stattfinden würde, hätten dieser und Fans sich wahrscheinlich auch nicht träumen lassen.
Ist aber so geschehen, in  „Emissary of the Anunnaki“, herausgekommen im Verlag Metal Depot der armenischen Kreativ-Powerfrau Hasmik Hovhannisyan. Im ersten Teil des Interviews haben wir mit ihr darüber gesprochen wie es zum Kontakt mit Ashmedi gekommen ist, wie der Entstehungsprozess des Comics war und ob sie zufrieden mit dem Erfolg ist. Im zweiten Teil geht es etwas persönlicher zu. Filme, andere Comicserien und Reinterpretationen von Werken stehen auf dem Plan. Viel Spaß!

Hasmik Hovhannisyan (links) und Andranik Asatryan (rechts) über ersten Konzeptzeichnungen.

(metal.de) Hi Hasmik, bist du momentan in Deutschland?

Hasmik: Nein, ich bin wieder zuhause (Jerewan, Armenien, Anm. d. Redaktion), aber ich war tatsächlich auf der Berlinale noch vor ein paar Tagen.

Und wie war es?

Es war toll, aber ich habe leider keine Filme gesehen…

… wie, du hast keine Filme gesehen?

Naja, ich war je eher für die geschäftliche Seite da und hab eher gearbeitet. Ich promote ein Filmfestival, was wir geplant haben. Also viele Meetings, Workshops, von anderen Leuten dort lernen… Aber ich bin sehr glücklich damit, wie alles abgelaufen ist.

Hier brach die Verbindung leider ab, konnte später aber wiederhergestellt werden.

Weiter geht’s. Wir hatten gerade noch über die Berlinale gesprochen, bist du Filmstudent oder so?

Nein, ich bin kein Filmstudent, aber wir wollen momentan hier in Armenien ein Filmfestival auf die Beine stellen.

Also bist du am Planen und Organisieren und so weiter?

Ich bin zurückgekehrt, kann man sagen. Ich hab für dieses Festival ein paar Jahre gearbeitet, bin dann weggegangen um meine eigene Firma zu starten und habe andere Dinge gemacht und nun, nach mehreren Jahren, wollte ich das wieder machen. Ich wollte das irgendwie auch mit meiner Firma verbinden, hatte aber immer das Bedürfnis, zurück in die „Festivalwelt“ zu gehen.

Klingt gut. Viel Glück dabei. Jetzt bist du aber am Comics schreiben, bist also eine kreative Person. Hat es mit Film für dich angefangen? Was war der kreative Startschuss für dich?

Ich war immer schon Fan von Comics und Graphic Novels. Das mit den Comics war aber nicht geplant, nicht für die Firma, es hat sich so ergeben. Wir waren mit unserem Team gemeinsam an einem Projekt und da kam das dann auf. Es gibt da draußen so viele tolle Geschichten, auch aus Armenien, unserer Kultur und so weiter, die aber vielleicht nicht alle so umgesetzt werden können wie gewollt. Und hier in Armenien sind auch Comics sehr beliebt.

Also haben wir probiert, einen solchen umzusetzen. Comics sind logischerweise auch sehr viel günstiger und einfacher herzustellen als ein Film. Es startete damals mit der Idee eines Comics über eine hier in Armenien bekannte Rockband, APARAZH. Und irgendwann bin ich auf die Idee gekommen, das dann selber zu machen. Was echt cool ist, denn wenn man selber schon Comicfan ist und sich dann im Job für einen so eine Gelegenheit auftut, kommt das sehr gut.

Wie ist das dann gestartet, habt ihr Ashmedi kontaktiert oder kam die Band auf euch zu?

Nein, ich habe ihn gefragt. Am Anfang, als wir die Idee für die Metalcomics hatten, wurde sich noch nicht auf bestimmte Bands festgelegt. Natürlich hatte jeder von uns seine Lieblinge, aber die Entscheidung kam, da MELECHESH 2008 in Armenien gespielt haben. Zum ersten und einzigen Mal. Ich kannte sie da noch nicht und es war eine Offenbarung für mich.

Als wir dann ein paar Jahre später, als die Sache mit den Comics im Raum stand, über passende Bands nachdachten, die wir auch mit coolen Stories aus unserer Gegend und den Mythen mit einbeziehen konnten, fiel die Wahl auf MELECHESH. Ich hab ihn einfach bei Facebook angeschrieben:

„Hey Ashmedi, hättest du Bock deine Band in einem Comic zu sehen?“ –  „Das hört sich interessant an, erzähl mir mehr“.

Wir tauschten uns und ich erklärte ihm die Idee, er gab Empfehlungen, kam sogar rüber zu uns um sich die Arbeit vor Ort anzusehen und uns bei Dingen zu beraten. Ich hatte Glück, er hätte ja auch absagen können.

Aber es hat ja schlussendlich doch geklappt. Stand die Geschichte oder ein Konzept zu dem Zeitpunkt schon oder habt ihr das zusammen ausgearbeitet? Die steckt ja schon tief in der sumerischen/mesopotamischen Mythologie und
auch in den Lyrics von MELECHESH.

Mehr oder weniger. Ich mein, wir sind ja auch keine Fremden und kennen diese Mythen. Mythen sind natürlich aber auch immer eine Sache der Interpretation und das wollten wir mit dem Winkel, von dem MELECEHSH aus sie in der Musik angehen, verbinden. Es sind sogar Wort für Wort Lyrics mit enthalten. Wir haben das dann zusammen ausgearbeitet. Ich habe mit Ashmedi anfangs das Konzept abgesprochen über Skype. Wir haben lange geredet und beraten, was man mit hinein nehmen kann, ob es interessante Geschichten aus seinem Leben gibt, die sich mit einarbeiten ließen und dazu passten. Die Story wurde dann dadurch und folgende Treffen gemeinsam geformt.

Es gibt wahre Elemente, ein paar erfundene innerhalb der Geschichte, ein paar Dinge die so aus der Mythologie übernommen wurden, andere, die eher freier interpretiert wurden. Wenn wir nicht weiter wussten, gerade wenn es auch um Begriffe in der Mythologie ging oder um musikalische Sachen, beispielsweise bei der Gitarre oder so, hat Ashmedi uns beraten. Es war eigentlich nur wichtig, bei der Darstellung des Bandlebens innerhalb des Comics, die Band nicht in einem falschen Licht da stehen zu lassen oder Sachen drin zu haben, die falsch interpretiert werden oder letzten Endes schlecht für sie ausgelegt werden können.

Interessant. Wie bist du an die Künstler gekommen? Kanntest du Andranik schon vorher?

Er hat schon an einem vorigen Projekt gearbeitet, von welchem ich ihn kannte. Es war der Comic für eine armenische, recht bekannte Rockband. Eigentlich war er Grafiker und kein großer Comicbuchfan, hat sich aber auf unseren Aufruf beworben und wir waren von seinen Konzeptzeichnungen geplättet.

Wir wussten, das ist der Typ der mit uns den Comic machen muss, den wir für Metal Depot haben müssen. Im Laufe der Arbeit kam er dann dazu, richtig sich ins Thema zu vertiefen und auch Gefallen daran zu finden. Vorher war er kein großer Comicfan oder geschweige denn von Metal, jetzt kann er der ganzen Sache doch was abgewinnen.

Klasse! Zunächst hattet ihr ja ein Kickstarter, was ja dann irgendwie zurückgezogen wurde und danach gab es den Comic einfach zum Kauf auf eurer Webseite, wenn ich das jetzt noch richtig in Erinnerung habe. Wieso der Rückzug?

Es war eine schwierige Entscheidung auf Kickstarter zu gehen. Die Partner unserer Firma wollten das ausprobieren, ob wir so genug Leute überhaupt auffinden können, die so etwas mögen. Also haben wir das probiert.

Du musst dafür ja gewaltig Werbung machen in Social Media, Interviews, Einblicke in die Arbeit, deine Kampagne teilen und so weiter und auf mal gab es dann die Revolte in Armenien (Die Revolte in der Hauptstadt Jerewan richtete sich gegen den republikanischen Präsidenten Ende April 2018 und kann hier genauer nachvollzogen werden – Anm. d. Redaktion) und es wurde immer schwieriger, diese Dinge zu tun und aktiv zu bleiben, da wir mit anderen Sachen beschäftigt waren.

Es war echt eine verrückte Zeit. Dann haben wir überlegt, machen wir weiter mit den Comics und lassen die Kampagne vielleicht weiter laufen oder bringen wir es einfach heraus. Da wir zu dem Zeitpunkt aber schon durch die Backer genügend Geld hatten, haben wir uns einfach überlegt es nun herauszubringen.

Es war primär ja auch für den armenischen Markt gedacht und wir hätten es früher oder später sowieso hier herausgebracht. Es waren am Anfang viele Leute aus Armenien, aber ich war überrascht nach dem Kickstarter wie viele von außerhalb kamen: Europa, Amerika. Anfangs waren wir skeptisch, ob das was wird, aber rückblickend kann ich sagen, dass ich froh bin, dass wir es gemacht haben. Wir haben auch viel gelernt bei dem Prozess.

Also kann man nach dem Erfolg sagen: Mehr steht in den Startlöchern?

Die Firma arbeitet an verschiedenen Arten von Comics. Metal Depot ist quasi nur die Untersparte für diese Geschichte. Wir haben momentan Gespräche mit einer Band, die ich aber nicht verrate, die aber demnächst ein neues Album raus bringen werden. Wir als Team arbeiten sehr gerne daran, da das gerade das Gebiet ist, was wir alle mögen, Comics und Metal, also ist das etwas, was wir gern weiterführen möchten.

Momentan nicht, aber wir sind am Ball und würden gern weitere Bands auf diese Art bearbeiten. Unsere Comics sind eher auf den armenischen Markt gerichtet und umfassen ganz verschiedene Bereiche, Metal Depot ist etwas besonderes und liegt uns deshalb auch sehr am Herzen.

Was ist denn dann die Hauptfirma?

Die Hauptfirma ist HY Pictures. Da finden viele verschiedene Dinge statt, es beinhaltet hauptsächlich Filmproduktion und Service darum, aber auch andere Bereiche wie eben Comics und Metal Depot ist ein Unterbereich davon.

Also hast du da einen Spielplatz um dich in Sachen Comics und Filme auszutoben.

Ja in gewisser Weise schon. Manche Konzepte für ein Story rufen einfach nach einem anderen Format und mit der Firma haben wir alle Freiheiten, auch mal einen Comic zu machen. Große Filmproduktionen brauchen viel und Studios, Sets usw. sind in Armenien nicht gerade reichhaltig. Also ist die Comicgeschichte eine andere Möglichkeit, sich kreativ auszuleben.

Vielleicht kann man auch demnächst einfach DVDs produzieren, wer weiß. Ich lass mich überraschen, wo das alles hinführt. Ich hätte auch nie geglaubt mal einen Comic mit Ashmedi über MELECHESH zu machen, nun schau dir an wo wir heute sind. Manchmal werden verrückte Ideen und Träume eben doch wahr.

Sehe ich ähnlich. Ich meine, heute groß gefeierte Klassiker in Literatur oder Film waren früher auch mal Flops. Ich denke es ist nie falsch, auch mal verrückte Dinge zu probieren oder seinen Träumen nachzujagen.Warst du eigentlich erst Comicfan und dann Metalhead oder anders herum?

Ich war beides schon immer. Nur wäre es mir nie im Leben in den Sinn gekommen, beide Sachen zu kombinieren.

Also kann man sagen, du hast deine Hobbies zum Beruf gemacht.

Ja, in gewisser Weise schon. Ich hab Metal schon immer gemocht, auch wenn ich eher mit Rockmusik angefangen habe und dann da so rein gewachsen bin. Ich liebe auch Comics schon von klein an und dass das später mal meine Arbeit wird, hätte ich nie gedacht. Dass diese Interessen sich nun widerspiegeln und meine Arbeit nun das beinhaltet, was ich mag, ist schon verrückt.

Wenn sich die Arbeit nicht nach Arbeit anfühlt hat man alles richtig gemacht, oder?

Ja, aber es ist schon noch Arbeit. Nur weil ich es gerne mache, wird die Arbeit ja nicht leichter. Manchmal hat man auch Tage, wo nichts klappt oder man Pushbacks aushalten muss. Man muss es schon auch wie Arbeit behandeln. Sonst wären wir wahrscheinlich nie fertig geworden, haha!

Hier geht es weiter zum zweiten Teil des Interviews.

 

 

 

Quelle: Hasmik Hovhannisyan
20.03.2019
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