Judas Priest
Heavy Metal for ever!

Interview

Die Veröffentlichung des 19. Studioalbums der NWOBHM-Veteranen JUDAS PRIEST steht an. Wir haben es uns nicht nehmen lassen und mit Sympathiebombe Scott Travis über seinen damaligen Einstieg und Paukenschlag („Painkiller“), darüber ob das Touren nach 30 Jahren noch aufregend ist und über seinen vermeintlich peinlichsten SPINAL-TAP-Moment gesprochen.

Hey Scott, wie geht es Dir?

Sehr gut, danke. Vielen Dank für Deine Zeit.

Ich habe zu danken. Ich muss gestehen, dass ich ein großer PRIEST-Fan bin. Immerhin war ich während der Painkiller-Tour auf meinem allerersten Heavy-Metal-Konzert. Mehr als 30 Jahre sind seitdem vergangen. Was war in all der Zeit der beste Moment für Dich in der Band?

Na ja, am denkwürdigsten war eindeutig die Veröffentlichung von „Painkiller“. Die Veröffentlichung des Albums und dann die anschließende Reaktion auf den Titelsong war schon ziemlich cool. Die Premiere fand auf MTV Headbangers Ball statt. Während der anschließenden Tour bereiste ich das erste Mal die Welt und  besuchte dabei Länder, von denen ich nie geträumt hätte. Dazu gehörten auch Deutschland und ganz Europa sowie natürlich Südamerika und Japan. Das alles ist also unvergesslich für mich. Auch wenn kein Erlebnis besonders hervsticht, erinnere ich mich aber eigentlich an alle wirklich gern.

Du bist bei JUDAS PRIEST mit einem riesigen Knall eingestiegen. Immerhin gehört das Drum-Intro zu einem der ikonischten Arrangements im Heavy Metal und befindet sich obendrein auf dem härtesten Heavy-Metal-Album aller Zeiten. Bist Du deswegen nicht auch mal gelangweilt von dem Track oder kannst Du ihn immer noch genießen?

Oh, das macht mir immer noch Spaß! Ich würde das zwar nicht sagen, aber Du hast es getan. Der Song ist ein fester Bestandteil der Band und wohl etwas, das jeder Heavy-Metal-Fan kennt. Sobald ich die ersten Schläge auf der Snare setze, rastet das Publikum schon aus. Das wird nie langweilig. Das könnte ich für den Rest meines Lebens tun: Aufstehen, Kaffee trinken, vor tausenden von Leuten „Painkiller“ spielen und dann sagen „Danke, tschüss, das wars…“

Und jetzt veröffentlichen PRIEST mit „Invincible Shield“ das 19. Studioalbum. Für mich klingt es sehr klassisch. Woher schöpft Ihr denn immer noch die Inspiration, Songs diesen PRIEST-typischen Sound zu geben? Immerhin könntet Ihr es Euch locker leisten, auch mal experimentierfreudiger zu sein…

Yeah, weißt Du. Ich denke, dass ist einfach für alle in der Band, also Rob, Glenn, Ian, Richie und für mich extrem wichtig. Das gilt auch für Andy Sneap, der uns gemixt und auf Tour Gitarre gespielt hat. Wir halten alle an der selben Vision fest und stehen hinter der Geschichte von JUDAS PRIEST. Auch wenn Richie und ich gar nicht von Beginn an dabei gewesen sind. Aber wir waren beide PRIEST-Fans als wir dazukamen. Das ist in meinem Fall schon 34 Jahre her und ich wurde sofort ein fester Bestandteil der Band. Es ist also einfach etwas, das wir alle gemeinsam haben. Und das ist das Schöne an dieser Band: Jeder hat die gleiche musikalische Ausrichtung. Und ich glaube nicht, dass wir davon abweichen werden.

Ist der Albumtitel ein Statement? So in der Art wie „Wir sind JUDAS PRIEST und unsere Musik ist unkaputtbar“. Oder geht es um etwas ganz anderes?

Nein, Du hast den Titel eigentlich ganz gut interpretiert. Vielleicht könnte Rob diese Frage besser beantworten. Aber ich glaube, die Sänger und Songwriter haben für sowas immer mehrere Interpretationen und das Publikum soll selbst entscheiden, was es in dem Albumtitel sieht. Gleichzeitig glaube ich aber, das „Invincible Shield“ nicht nur JUDAS PRIEST sondern den Heavy Metal insgesamt repräsentiert. Wie eine Medaille dafür, Heavy-Metal-Fan zu sein.

„Invincible Shield“ beinhaltet 11 Songs, die klangvolle Titel wie „Gates To Hell“, „Sons Of Thunder“ oder „Giants In The Sky“ tragen. Das alleine klingt für mich nach purem Heavy Metal. Welchem Konzept folgt die Musik auf dem Album? 

Musik ist wie jede Form der Unterhaltung eine Möglichkeit, dem Alltag, den Sorgen und Ängsten zu entfliehen. Wenn man ein Buch liest oder einen Film ansieht, ist das genauso. Mit anderen Worten: Du kannst Deine Kopfhörer aufsetzen, die Platte auf Deinem Handy oder Deiner Stereoanlage hören und die Flucht antreten. Die Songs sollen Dich auf eine musikalische Reise schicken. Aber im Kern bleibt es Heavy Metal und dafür haben wir hoffentlich ein paar gute Songs geschrieben.

Also ich will schon beim ersten Song der Platte meine Fäuste in den Himmel recken…

Da geht es mir ganz ähnlich. Zur Zeit probe ich die Songs alleine und bereite mich so für die anstehenden Bandproben für die Tour vor. Aber schon beim Titeltrack werde ich so aufgeregt, dass ich immer schneller werde, was auch nicht optimal ist (lacht).

Welchen Song auf „Invincible Shield“ magst Du am liebsten?

Ich würde mich für den Titeltrack „Invincible Shield“ entscheiden. Es ist ein langes Lied, daher weiß ich nicht, ob wir es live spielen werden. In den etwa sechs Minuten gibt es viele unvergessliche Gitarrenparts. Aber ich liebe auch „Giants In The Sky“, auch ein wirklich cooles Lied. „Crown Of Horns“ ist ein weiteres großartiges Lied. Ich meine, Rob hat sich mit dem Refrain wirklich selbst übertroffen.

Vor zwei Jahren seid Ihr in die Rock´n´Roll Hall Of Fame aufgenommen worden. Was war Deine erste Reaktion, als Du die Einladung erhalten hast?

Wir waren zuvor drei Mal für die Rock´n´Roll Hall Of Fame nominiert. Eine Nominierung bedeutet aber noch nicht, dass man auch aufgenommen wird. Ich war allerdings immer zuversichtlich, dass wir dort aufgenommen werden. Immerhin handelt sich um JUDAS PRIEST, die mussten einfach in die Hall Of Fame. Aber egal. Also ich bekam eine E-Mail und war zu Tränen gerührt. Hier ist die Geschichte: Ich war damals in einem Baumarkt. Leider konnte ich den Moment aber nicht mehr mit meinem Bruder und meiner Mutter teilen, die leider nicht mehr hier sind. Leider konnte ich sie nicht mehr anrufen und sagen: „Ihr werdet nicht glauben, was gerade passiert ist“. Es hätte sie umgehauen. Der lustige Teil der Geschichte ist, dass ich in diesem Baumarkt an der Kasse stand und mir die Tränen über das Gesicht liefen und die Leute sich wahrscheinlich gefragt haben: „Wow. Weint der Kerl über die Preise?“

Das klingt wirklich sehr emotional. Auch wenn die Rock´n´Roll Hall Of Fame keine Auszeichnung im eigentlich Sinn ist… Wie wichtig ist es für Dich, einen Preis, wie zum Beispiel einen Grammy für Deine Kunst zu bekommen? Denkst Du, dass ein Preis die Qualität der Musik wiedergibt oder gar den Wert erhöht? Oder ist eine Auszeichnung einfach befriedigend für Dich als Künstler?

Auf jeden Fall ist sowas befriedigend. Wertsteigernd ist eine Auszeichnung in meinen Augen aber nicht. Für manche Menschen ist es wertlos, für andere bedeutet es alles. Und das ist ja das schöne an der Kunst. Den Grammy haben wir beim vierten Anlauf bekommen und das war eine echte Ehre für uns. Man hofft ja immer, dass man von seinen Kollegen und Fans gewählt wird. Keiner von uns wäre heute hier und ich würde jetzt gerade nicht mit Dir sprechen, wenn wir nicht so großartige JUDAS-PRIEST-Anhänger hätten.  Sie sind uns seit über 50 Jahren treu. Eine Auszeichnung ist immer eine Ehre, weil ich denke, dass diese Auszeichnung von Fans und Leuten kommt, die wissen über was sie sprechen. Ich kenne niemanden, der einen Grammy ablehnen würde. Es sei denn, aus Publicity-Gründen.

Während der US-Tour 2021 musstet Ihr einige Konzerte aufgrund einer OP an Richies Herz verschieben. Ist er wieder fit und bereit für die kommenden Termine?

Ja, auf jeden Fall. Er ist ein zäher Bursche. Aber diese Sache werden wir natürlich nie vergessen. Es war eine Art Erinnerung daran, dass wir uns glücklich schätzen können, immer noch Musik machen zu können und gesund zu sein. Jeder Tag auf dieser Erde ist ein Geschenk. Es ist eine Ehre und ein Privileg, um die Welt reisen zu dürfen, aber nichts ist für die Ewigkeit. Wir werden nicht jünger, aber wir werden den Zug weiter rollen lassen.

Gerade habt Ihr massenweise Tourdaten veröffentlicht. Wie aufgeregt ist man nach über 30 Jahren noch, Konzerte vor tausenden von Menschen zu spielen?

Sogar sehr aufgeregt! 2023 haben wir lediglich eine Show beim Power Trip Festival in Kalifornien gespielt. Wir haben ganz bewusst eine Auszeit vom Tourleben genommen, nicht zuletzt um das Album fertigzustellen. Deshalb freuen wir uns natürlich schon, wenn es in einem Monat wieder losgeht. Der Ticketvorverkauf läuft auch gut. Die Fans werden da sein. Wir werden da sein. Und ja: Darauf freue ich mich. Wie ich vorhin schon sagte, ist es ein Privileg und eine Ehre, um die Welt zu reisen und Konzerte spielen zu dürfen. Auf jeden Fall werden wir jeden Abend alles geben.

Ihr feiert ja immer noch Euer 50jähriges Bandbestehen. Auf was dürfen sich die Fans besonders freuen? Habt Ihr irgendwelche Überraschungen geplant?

Jawohl. Wir werden natürlich ein paar neue Songs spielen. Aber wir machen auch das, was wir als „neue alte Songs“ bezeichnen. Mit anderen Worten: Es handelt sich um ältere Songs, die wir noch nie oder seit 40, 50 Jahren nicht mehr gespielt haben. Ich erinnere mich, dass wir auf der letzten Tour „Screaming For Vengeance“ gemacht haben. Vielleicht auch sowas wie „Delivering The Goods“ oder „Exciter“. Oder auch „Saints In Hell“. Das ist ein wirklich alter Track, den wir zurückgeholt haben und ich denke, davon wird es mehr geben.

Wenn man seit Jahrzehnten auf Tour ist, gibt es doch bestimmt die ein oder andere kuriose Geschichte zu erzählen. Was war Dein persönlich peinlichster SPINAL-TAP-Moment, von dem Du eigentlich niemals erzählen wolltest?

Oh, sehr gute Frage. Der SPINAL-TAP-Moment von dem ich bis auf heute niemals erzählen wollte… Oh Mann. Da gibt es keinen. Das ist das gleiche, als würdest Du mich fragen, was der denkwürdigste oder verrückteste Moment für mich war. Leider habe ich keine dieser Geschichten. Einige Dinge aus den 70ern und 80ern sind mir schon zu Ohren gekommen. Aber das sollen die anderen selbst erzählen, ich war ja nicht dabei. Der SPINAL-TAP-Moment müsste schon ein Kracher sein, oder? Wahrscheinlich ist es gut, dass ich bisher keinen hatte. Denn sonst wäre jemand zu Schaden gekommen oder mir wäre ein Scheinwerfer auf den Kopf geflogen oder so etwas. Lass mich mal darüber nachdenken. Wenn mir noch etwas einfällt, schreibe ich Dir eine Mail.

Die Drummer kommen in der Geschichte auch einfach nie besonders gut weg. Vielen Dank für Deine Zeit und das tolle Gespräch. Die letzten Worte gehören Dir.

Nun, vielen Dank an Dich und alle anderen Journalisten und natürlich unsere Fans, die uns dabei unterstützt haben „Invincible Shield“ zu veröffentlichen. Wir freuen uns wirklich aufrichtig, mit dem brandneuen Album die ganze Welt zu bereisen. Wir waren seit Dezember 2022 nicht mehr auf Tour.14, 15 Monate sind eine lange Zeit und wir freuen uns auf Euch alle. Danke an alle Heavy-Metal und JUDAS-PRIEST-Fans.

Ein Video-Mitschnitt dieses Interviews gibt es in ungekürzter Fassung hier:

 

10.03.2024

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