Kalmah
Interview mit Antti Kokko zu "12 Gauge"

Interview

Bereits ihr sechstes Album veröffentlichen die Finnen KALMAH dieser Tage, und anders als der Vorgänger „For The Revolution“ hinterlässt „12 Gauge“ vom ersten Augenblick an einen äußerst frischen Eindruck. Ob Gitarrist Antti Kokko diese Meinung teilt, unter welchen Voraussetzungen er in zugefrorenen Seen schwimmen geht und was das Album mit Jagdwaffen zu tun hat, lest Ihr im nachfolgenden Interview.


Hi Antti, ich hoffe, bei Dir ist alles im Lot. Was machst Du gerade?

Danke, mir geht’s gut. Ich mache eigentlich nur die üblichen Sachen, nichts spezielles. Wir hatten aber schon ein paar Gigs, um die Veröffentlichung von „12 Gauge“ zu supporten.

Das scheint sich ausgezahlt zu haben, denn „12 Gauge“ ist in den finnischen Charts in der ersten Woche auf Platz 15 eingestiegen, was noch besser ist als bei Eurem letzten Album „For The Revolution“. Und sogar in Kanada ist das Album ziemlich weit oben in den Hardrock-Charts gelandet. Wie fühlt es sich an, dass das Interesse an Deiner Band und der Musik weiter anwächst?

Das ist immer eine Zugabe, und ich muss zugeben, dass es sich großartig anfühlt. Wir haben jetzt schon so viele Jahre unsere Arbeit in KALMAH gesteckt, und es scheint sich mit jedem neuen Album weiter auszuzahlen. Wir bekommen immer mehr Fans und haben zusätzlichen Erfolg. Das zeigt sich an den Konzertangeboten außerhalb Finnlands. Uns verleiht das die Stärke weiterzumachen und an ein nächstes Album zu denken.

Jetzt habt Ihr aber erstmal „12 Gauge“ am Start. Wovon handelt eigentlich der Titel?

„12 Gauge“ ist das verbreitetste Kaliber bei Jagdgewehren. Pekka und ich sind leidenschaftliche Jäger, also gibt es dadurch eine Verbindung. Wenn du aber die Texte liest, findest du dort eine tragische Geschichte, die mit einer „12 Gauge“ endet.

Wenn Du „12 Gauge“ in wenigen Worten beschreiben würdest – was kommt Dir zuerst in den Sinn?

Mann mit einem Gewehr im morgendlichen Nebel über dem Sumpf.

Warum bist Du mit dem Album zufrieden?

Ich glaube, dass wir es hinbekommen haben, ein wenig die Atmosphäre von „Swamplord“ wieder aufleben zu lassen, den Enthusiasmus junger Musiker. Darüber hinaus haben wir richtig gute Songs hinbekommen, die Neues bereithalten, und natürlich klingt das Album so gut wie kein anderes von uns zuvor.

Ihr habt das Album in drei Zeitblöcken innerhalb eines halben Jahres aufgenommen. Wie kam es dazu, und waren die Aufnahmen diesmal?

Das hatte mit dem Studio zu tun, denn es war für die Länge, die uns vorschwebte, nicht frei. Also haben wir die Aufnahmen aufgeteilt. In der ersten Session haben wir das Schlagzeug, die Rhythmusgitarren, den Bass und einige Gesangsparts eingespielt, in der zweiten Session die Keyboards und weitere Gesangsteile. Während des dritten Aufnahmenblocks haben wir die Melodien, die Soli, den restlichen Gesang und die Chöre aufgenommen. Ich denke, das werden wir beim nächsten wieder so machen.
Zunächst waren wir ein wenig skeptisch, weil wir so noch nie aufgenommen hatten. Wir hatten zudem die Befürchtung, dass uns die Songs bei der nächsten Aufnahmesession nicht mehr gefallen – je größer der Abstand zu den Aufnahmen ist, desto mehr Sachen fallen einem auf, die man noch ändern möchte. Aber es hat funktioniert, und ich habe nichts mehr gefunden, was ich hätte ändern wollen.

Obwohl ich „For The Revolution“ mag, fehlen dem Album ein wenig die Prägnanz und die Hooks. Ich denke, „12 Gauge“ hat einfach die besseren Songs. Einverstanden?

Vielleicht, denn ich mochte „For The Revolution“ wirklich sehr. Aber ich muss zugeben, dass es mit der Zeit an Stärke eingebüßt hat. Das Album hat zwar genauso Hooks wie „12 Gauge“, aber vielleicht hat „12 Gauge“ auch mehr, weil die neuen Songs mehr Double-Leads besitzen. Für mich ist das etwas schwierig zu vergleichen, aber ich denke, dass die Songs auf „12 Gauge“ stärker sind, und ich bin mit dem Resultat wirklich zufrieden.

Der Track „Hook The Monster“ bietet ziemlich wildes Geriffe, das wahrscheinlich in den meisten Fällen wie eine bloße Fingerübung geklungen hätte. Bei dem Titel hat es aber funktioniert. Was kam Dir in den Sinn, als Du den Song komponiert hast?

Heh, das ist guter, alter Speed/Thrash Metal. Das ist der Stoff, mit dem meine Karriere als Musiker begonnen hat. „Hook The Monster“ ist wirklich einer der stärksten auf dem Album.

Wenn Du „12 Gauge“ mit einer Person, egal ob männlich oder weiblich, vergleichen würdest, welche Eigenschaften hätte diese Person?

Ein Mann mittleren Alters, wettergegerbtes Gesicht und unrasiert, haha!

Wäre diese Person sehr ernst oder auch fähig mit den Augen zu zwinkern?

Beides.

Ihr habt zum Titeltrack des neuen Albums ein schickes Video gedreht. Bei den Dreharbeiten schien es recht kalt gewesen zu sein. Erzähle doch bitte ein wenig davon.

Nun, als wir mit dem Dreh begonnen haben, war es 37° unter Null und -25°, als wir fertig waren. Es war also arschkalt, aber der ganze Winter war der kälteste seit einigen Jahrzehnten. Aber egal, uns macht das nicht viel aus, wir sind solche Temperaturen gewöhnt. Außerdem hatten wir ein riesiges Lagerfeuer, das uns warmgehalten hat. Am Anfang gab es zwar einige Probleme mit der Kamera, aber das hat sich tagsüber immer gelegt. Es hat also richtig Spaß gemacht!

Kann ich mir vorstellen. Am Ende scheinen alle Bandmitglieder vom Erdboden verschluckt worden zu sein. Du hast jetzt die Möglichkeit, unseren Lesern zu versichern, dass niemand in die Tiefen des Sees heruntergezogen wurde!

Haha, ich habe zwar schon ein paarmal versucht, in einem zugefrorenen See zu schwimmen, und es ist auch sehr erfrischend. Diesmal haben wir aber darauf verzichtet, denn dafür brauchst du eine heiße Sauna – und die hatten wir nicht. Wir waren einfach nur durstig, weswegen wir für einen Drink verschwunden sind.

Was hat es eigentlich mit dem Swamplord auf sich, Eurem Bandmaskottchen, das auf allen Albumcovers vorkommt?

Von Anfang an haben wir dieses Sumpfthema, das bis dahin niemand verwendet hatte. Wir dachten uns dann, dass es verrückt genug ist, um es als immer wiederkehrendes Motiv zu verwenden. Danach haben wir den Swamplord gefunden. Irgendjemand hat ihn mal mit Eddie oder Vic the rattlehead verglichen, aber Fakt ist, dass er wirklich existiert. Er ist unser geistiger Führer und lebt in den nebligen Sumpflandschaften in Finnland.

Okay. Ihr habt seit ein paar Jahren ein stabiles Line-Up. Höchste Zeit, mal für unere Leser die anderen Mitglieder zu beschreiben: Pekka, Marco, Timo und Janne. Und natürlich Dich!

Ganz kurz: Schwungvoller Kuisma (Janne Kusmin, Drums), Body-Lede (Timo Lehtinen, Bass), Canadian black metal band Snerco Mach (Marco Sneck, Keyboars), manisch-depressiv (Pekka Kokko, Gesang & Gitarre) und ein parsimonischer Diktator. Das bin wohl ich, haha!

Wunderbar! Wo wir gerade bei Dir sind, wie würdest Du denn Deinen Stil als Gitarrist beschreiben?

Von Anfang an wollte ich eigene Musik schreiben. Ich habe zwar hier und da Noten und Tablaturen gelernt, aber eigentlich hatte alles mit eigenen Songs und Riffs zu tun. Pekka und ich haben übrigens gelernt, die Saite im 45-Grad-Winkel anzuschlagen. Das gibt einen wesentlich aggressiveren Klang, als wenn man die Saite gerade anschlägt. Das ist zwar nur ein spezieller Aspekt, aber den hört man meiner Meinung nach immer durch: Mein Stil ist aggressiv und gleichzeitig sehr elegant. Ich habe übrigens auch klassische Gitarre gelernt, und ich spiele auch nach wie vor viel auf der Akustikgitarre.
Was meine Einflüsse angeht, so kommen die zumeist aus den Endachzigern und den frühen Neunzigern also gute Thrash- und Speed-Metal-Bands, wie SEPULTURA, MEGADETH, PANTERA und DEATH. Und natürlich versuche ich immer jeden Einfluss zu vermeiden, haha!

Auf diese Bands wäre ich auch nie und nimmer gekommen, haha! Wie würdest Du das Zusammenspiel mit Deinem Bruder Pekka charakterisieren? Inwieweit ergänzt Ihr Euch?

Das läuft alles ganz natürlich ab. Wir spielen schon seit 20 Jahren zusammen Gitarre, weswegen wir uns da keinen Kopf machen müssten, was der andere machen soll. Wenn ich mit einem Riff ankomme, steigt Pekka sofort mit ein und fügt hier und da ein Lick ein. Es rockt wie ein Elch, wie wir hier in Finnland sagen.

Wie ist es mit dem Zusammenspiel zwischen Keyboarder Marco Sneck und Dir, denn immerhin spielt Ihr beide Soli!? Wer entscheidet, wer ein Solo spielen darf?

Das bin ich. Marco spielt üblicherweise in seinen eigenen Songs die Soli, aber bei den restlichen Tracks entscheide ich, wo ein Gitarren- oder Keyboardsolo hingehört.

Dann würde ich abschließend gerne noch einmal mit einer ganz ernsten Frage zu Eurem „12 Gauge“-Video kommen. Darin sieht man Dich wie besessen mit einer Schrotflinte umhertanzen. Du hast vorhin gesagt, dass Du gerne jagen gehst – ist in dem Video also der „echte“ Antti Kokko mit seinem Gewehr während der Jagd zu sehen?

Nun, eigentlich war das ein 16 Gauge Gewehr. Eine gute alte „Aya“, wie wir sie hier häufig benutzen. Wenn jemand mit einem Gewehr so rumhantiert und ein Tänzchen aufführt, kann das selbst im Wald sehr gefährlich sein. Und wenn dich jemand dabei beobachtet, kann es dir passieren, dass du im Knast oder in der Nervenheilanstalt landest, haha!

Haha, vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören Dir!

Wir sehen uns beim Rocktower Festival!

Photos: Vesa Ranta

27.03.2010

- Dreaming in Red -

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