Kampfar
Interview mit Bandkopf Dolk zu "Djevelmakt"

Interview

Kampfar

20 Jahre existieren die Norweger KAMPFAR nun schon – gefeiert wird dieses Jubiläum mit deren sechsten Album „Djevelmakt“. Inhaltlich und auch musikalisch knüpft die neuste Scheibe an den Vorgänger „Mare“ an, offenbart allerdings auch einen merklichen Blick zurück zu den Wurzeln der Skandinavier. Über die vergangenen zwei Jahrzehnte, das neue Album und dessen Bedeutung in der Diskographie KAMPFARs sprach metal.de mit Sänger und Mastermind Dolk.

Lass mich euch zu allererst zum 20-jährigen Bandbestehen gratulieren! Was fühlt sich am Anfang des Jahres 2014 anders an als noch 1994?

Ja, die Zeit rast. Manchmal ist es fast schon beängstigend, denn ich fühle mich stellenweise so, als wäre es erst gestern gewesen, als ich in meinem Räumchen 1994 die ersten Stücke geschrieben habe. Was wirklich super ist, dass ich immer noch viele meiner alten Freunde und Kumpanen in meinem Umfeld habe. Es scheint so, als würde ich beinahe in jeder Stadt einen alten Freund treffen, wenn wir mit KAMPFAR unterwegs sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir in Europa, Amerika oder sonstwo sind. Das ist einfach toll.

Hmm aber was ist nun wirklich anders…zum einen ist es natürlich heutzutage anders, wenn wir anfangen, die Songs einzuspielen. Damals hatten wir bloß eine schrottige Gitarre und nur mit Mühe und Not einen Verstärker. Da ist es natürlich etwas anderes, wenn wir heute von unseren Sponsoren ESP und Engl einfach mal drei neue Gitarren und Verstärker vorbeigebracht bekommen. Folglich ist es vielleicht vorstellbar, wie riesig die Unterschiede in diesem Bereich doch sind. Außerdem führen wir alle Vorproduktionen in unserem eigenen Studio in Bergen durch. Auch hier sind demnach große Differenzen zu vernehmen.

Doch wenn dieses Thema abgehakt ist, dann muss sich sagen, dass sich gar nicht so viel unterscheidet, denn ich habe mit KAMPFAR noch immer denselben Drang, einzigartige Musik zu komponieren. Dazu denke ich, dass ich derzeit deutlich näher an unseren Wurzeln angesiedelt bin, als noch ein paar Jahre zuvor. Denn mittlerweile weiß ich natürlich viel besser, welche Wege ich einschlagen kann und was ich machen muss, als noch im Jahr 1994.

Genau passend zu Eurem 20. Geburtstag veröffentlicht Ihr das Album ”Djevelmakt”. Was macht die Platte zum idealen Meilenstein für dieses Jubiläum?

Es ist perfekt dafür, da es in gewisser Weise durchaus auf unsere Wurzeln zurückgreift. Aber gleichzeitig punktiert es auch einen neuen, erfrischenden Weg im Werdegang von KAMPFAR.

Eure letzte Scheibe ”Mare” drehte sich mehr oder weniger um den Teufel und hatte eine ungewöhnlich mystische Atmosphäre. ”Djevelsmakt” scheint dort anzuknüpfen, geht aber ein bisschen tiefer in die Substanz. Kannst Du etwas über die Idee hinter der Platte erzählen?
”Djevelsmakt” bedeutet etwas wie ”Die Macht des Teufels”. Repräsentiert dieser Titel auch die Musik auf dem Album?

Das neue Album folgt in jedem Fall den Fußspuren von ”Mare”.
Wenn ”Mare” das vielleicht zugänglichste Album in der Geschichte von KAMPFAR war, dann wird ”Djevelsmakt” in dieselbe Kerbe schlagen.
Unser Ziel war es allerdings niemals, zugänglicher zu werden. Es ging viel mehr darum, einen gewisses Old-School-Flair aufzubauen und dies aber mit modernen Mitteln zu untermalen.
Es macht allerdings überhaupt keinen Sinn für uns, in die Garage zurückzuwandern und wieder mit einem Kassettenrekorder aufzunehmen. Kapiert es einfach, wir leben im Jahr 2014! Warum sollte man nicht jene Technik nutzen, die heutzutage möglich ist? Die Musik ist bestimmt nicht truer, nur weil sie klingt wie Scheiße! Oder etwa doch?

Wie du siehst…wir wollen modern sein! Nichtsdestotrotz gehören wir ebenso zur Old-School-Seite des Black-Metal, ohne Zweifel!

Das neue Album ist in jedem Fall antireligiös, allerdings nicht antimenschlich. Dieses Mal ist die Message hingegen direkter als jemals zuvor. Es ist einfach alles verdammt!
Alle Religionen verdammen dich an einen infernalischen Ort (Gehenna, Hölle oder wie man es nennen will), sofern du nicht ihren Regeln folgst. All diese Orte sind auf Basis von realen oder ehemals existenten Plätzen nachkonstruiert. Es ist irgendwie reizend und beängstigend zugleich, zu beobachten, welche Macht diese Orte noch immer auf das Bewusstsein der Menschen ausüben. Es ist wirklich schaurig…wo ist der freie Mann, wo ist das freie, starke und selbst denkende Individuum, das seine eigenen Entscheidungen trifft und seinen Weg beschreitet? Scheißegal, wie dich andere aburteilen wollen. Verdammt wenn du diesen Weg gehst, verdammt wenn du es nicht tust! Scheiß drauf!! Wir steuern allesamt auf große Dunkelheit zu, egal was wir tun, insbesondere wenn wir auf jene hören, die von Erlösung sprechen. Das stimmt sowohl für die ”helle” und für die ”dunkle” Seite der Religion. Um diesen Aspekt dreht sich das Album: Es geht darum, was dir die Idioten erzählen und welcher Verdammnis du unterliegst, solltest du deren Worte nicht befolgen. Licht, Dunkelheit und der Mensch genau dazwischen. Halte den Banner hoch und sei dein eigener König oder Königin, das ist mehr oder weniger die Message, die ”Djevelmakt” vermitteln will.

Ich hoffe, der musikalische Teil repräsentiert genau diesen Inhalt. Das ist zumindest ein Teil der Idee hinter der ganzen Geschichte. Die Entscheidung, ob wir darin Erfolg hatten, obliegt nicht uns, sondern dem Hörer.

Wenn Du nun einen Vergleich zwischen etwas älteren Alben wie ”Kvass” und ”Djevelsmakt” ziehst, findest Du sicherlich viele Unterschiede. Würdest Du sagen, dass sich KAMPFAR treu geblieben sind?

Ja, zweifellos gibt es eine Vielzahl an Unterschieden verglichen zu den älteren Alben, doch genauso verfügt die neue Scheibe über eine starke Verknüpfung zu unseren Wurzeln. In diesem Bezug gibt es keinen Zweifel. Demnach denke ich ganz eindeutig, dass wir uns selbst sowie unserer Musik treu geblieben sind. Die Marke KAMPFAR ist auf jeden Fall herauszuhören, was man definitiv merken wird, wenn man unsere Vorgängerplatten kennt.

Ich finde bereits der Opener ”Mylder” lässt darauf schließen, welch komplexe Songstrukturen KAMPFAR heutzutage benutzt. Ist denn ”Djevelsmakt” dahingehend vielschichtiger als Eure alten Werke?

Musikalisch ist die Platte sicherlich fordernder als seine Vorgänger.  
Ich hatte für dieses Album große Ziele. Erstmals seit Jahren habe ich geschwitzt wie eine Nutte in der Kirche, als ich zum ersten Mal die Studios betreten habe.
Bezogen auf die Vocals habe ich versucht, meine Möglichkeiten soweit wie möglich auszudehnen und zu strapazieren. Das ist alles, was ich dazu sagen kann. Vieles klingt sicherlich sehr unterschiedlich zu dem, wie es vorher lief. Dennoch sind es einfach einige Schritte mehr auf jenem Weg, den ”Mare” im Jahr 2010 begann. Aber sicherlich sind nicht ausschließlich die Vocals komplexer geworden – du hast recht – das gilt nämlich für die komplette musikalische Palette. Glücklicherweise tut es das. An erster Stelle sind wir Musiker, und es wäre eine Katastrophe, wenn wir uns ständig wiederholen würden! Es ist unsere Aufgabe, uns zu entwickeln, und das merkt man natürlich am Output.

Eure neue Platte offenbart für mich an vielen Stellen eine regelrechte geisterhafte, nebulöse Atmosphäre. Ganz anders zu den fast schon spürbaren nordischen Eiswinden der etwas älteren Vorgänger. Du hast mehrfach betont, dass die letzten Scheiben eine ganz persönliche Bedeutung für dich hatten. Ist das mit ”Djevelmakt” genauso?

Auf jeden Fall ist das genauso. Wir haben noch nie für ein anderes Album kontinuierlich über eine derart lange Zeitperiode härter gearbeitet. Wir nehmen dieses Album ganz sicher sehr ernst. Überlege dir doch einfach mal, ob ich vielleicht dieselbe persönliche Bindung zu ”Djevelmakt” wie zu den älteren Alben habe? Natürlich habe ich das! Vielleicht sogar noch stärker als je zuvor. Es interessiert mich nicht, ob sich das jetzt wie ein typischer Promosatz anhört, doch das neue Album hat eine sehr persönliche Bedeutung für mich.

Mit dem Neuzugang Ole Hartvigsen habt ihr euch wieder von einem Trio zu einer vollständigen Band entwickelt. Auf welche Weise profitiert KAMPFAR von seiner Präsenz?

Sozusagen ist Ole ein ganz frischer Sturm für uns. Wir haben diesen Impuls in der Band auf jeden Fall gebraucht, und es hat uns alle nur noch stärker fokussiert. Ole kam im Jahr 2011 dazu, gerade als wir ”Mare” herausgebracht hatten. Hinsichtlich der Tatsache, dass wir viele Leute in der Musikszene kennen, haben anlässlich des Abgangs von Thomas im Jahr 2010 so etwas wie ein Casting mit ein paar Gitarristen abgehalten, um diese Lücke wieder zu füllen.
Um ehrlich zu sein, hatte ich persönlich alles andere als hohe Erwartungen, schließlich habe ich die Musik von KAMPFAR gemeinsam mit Thomas seit beinahe 17 Jahren komponiert. Folglich habe ich die Band in diesen Tagen am Abgrund gesehen. Es war die total Hoffnungslosigkeit. Dann kam Ole zu diesem ersten ”Casting”…er spielte zehn Songs von uns. Und er hat sie tatsächlich besser als wir gespielt, als wir die Titel damals im Rehearsal hatten, haha. Ich kann mich nur an ein großes Grinsen im Gesicht unseres Schlagzeugers Ask erinnern. Wir haben uns gegenseitig angeschaut und wussten sofort, er würde es sein.
Es war wirklich so einfach. Der Rest ist Geschichte. Auch die Änderungen innerhalb des Songwritings haben sich zum Guten gewendet. Schon alleine, da Ole sein eigenes Studio in Bergen hat und selbst eine unheimlich kreative Seele ist. Es ist also eine ganz neue Welt für uns. Doch alles hat sich zum Guten gewendet.

Für mich hat der Song ”Kujon” auf eurem neuen Album all das zusammengefasst, für was KAMPFAR auch heute steht. Worum geht es in dem Stück?

Es ist ziemlich interessant, dass du nach diesem Song fragst. Denn zu Beginn, als ich anfing an der Musik und den Lyrics für diesen Titel zu schreiben, hatte ich die Idee über die Menschheit generell, sozusagen. Aber je stärker ich in diesen Track eindrang, desto tiefer fand ich mich in den Wurzeln KAMPFARs wieder… demzufolge kannst du sagen, es ist eine Art Payback-Song in einer derartigen Stärke, wie er sonst wohl selten über unsere Band erschienen ist. Daraus ist mehr oder weniger ein Anti-Trend-Black-Metal-Stück geworden.
Es ist ein Fingerzeig in jemandes Gesicht, wenn man zurückschaut in die Neunziger hier in Norwegen, wenn ich es so sagen kann. Ich denke mal, damit ist genug gesagt…ich denke mal, weiteres sollten die Hörer selbst herausfinden. Doch wieder einmal stellt sich auch hier die Frage: Wo ist der freie Mann, wo das selbst denkende Indivduum, das seinen Weg und Werdegang alleine bestimmt? Und folge dabei niemals den Trittpfaden anderer Leute, die dich die Drecksarbeit machen lassen und letztlich alle Lorbeeren alleine kassieren!

Wenn wir von ”Ravenheart” sprechen: Nervt es Dich eigentlich, dass KAMPFAR oftmals mit diesem Song synonimisiert wird?

Niemals! Das ist Fakt! Es wird in jeder Bandgeschichte solche Songs geben, mit denen sich viele Hörer identifizieren, denke ich. Ich bin stolz darauf, was wir damals erreicht haben, bin aber auch genauso stolz darauf, wie es heute läuft!

Hast Du jemals darüber nachgedacht, die Entwicklung von KAMPFAR in eine old-schooligere Richtung wie etwa auf Eurem Debüt ”Mellom Skogkledde Aaser” zu lenken?

Wie ich es bereits vorher gesagt habe, wir sind Musiker und es wäre wirklich unmöglich, wenn wir uns ausschließlich wiederholen würden! Wir müssen uns entwickeln, und wir sind heutzutage einfach bessere Musiker. Demnach lautet die Antwort eindeutig, nein, trotz allem. Dennoch bleiben wir unseren Wurzeln aus Old-School-Black-Metal treu, auch das ist klar.

Zum Abschluss nochmals bitte Deine Favoriten aus dem Jahr 2013 und jene Platten, die dich enttäuscht haben!

Puh, ich hasse solche Fragen, denn am Ende werfe ich immer alles durcheinander und vergesse die Hälfte, haha.

Naja, ich komme ja doch nicht um eine Antwort herum.. ROTTING CHRIST – ”Kata Ton Daimona Eaytoy” , WATAIN – ”The Wild Hunt” , GHOST – ”Infestissumam” , OBLITERATION – ”Black Death Horizon” , CARCASS – ”Surgical Steel” und vielleicht sogar KVERLETAK mit ihrem Album ”Meir”, auch wenn ich die Vorgänger überhaupt nicht gemocht habe, komme ich langsam auf den Geschmack, was die Jungs so spielen.

Allerdings war 2013 für mich alles in allem kein besonders gutes Jahr, was neue Releases angeht, aber vielleicht werde ich auch einfach etwas kauzig.

Ich hatte keinerlei Erwartungen für das abgelaufene Jahr, folglich konnte mich auch nichts enttäuschen.

Das wars, danke für das Interview und macht weiter so. Ein paar letzte Worte gehören natürlich dir!

Danke!
In der Geschichte von KAMPFAR gab es bisher niemals so viele Live-Shows, die schon zu Beginn des Jahres klar sind.. daher gehe ich mal davon aus, dass 2014 für uns ein aktives Jahr werden wird. Mit dem Beginn der Europa-Tour geht es schon im März los…mal schauen, wie 2014 endet. Ich bin mir zwar bis jetzt noch nicht sicher, doch KAMPFAR hatte noch nie derart viele Live-Angebote, ich nehme das mal als gutes Zeichen.

16.01.2014
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