Monuments -
So sein wie Richie Sambora

Interview

Zwischen progressiven Geschredder und Djent-Elementen aber immer mit einer großen Schippe hängenbleibender Melodien. Das sind MONUMENTS. Und dieser Richtung bleiben sie sich auch treu. Dennoch setzen die Briten mit „Phronesis“ einen neuen kleinen Meilenstein auf ihrer Reise und genau diesem zum Anlass genommen, treffe ich an einem frühen Abend auf Hackbrettzauberer John Browne. Dieser hat sich durch sein handwerklich technisches Können an den Saiten in den letzten Jahren nicht ohne Grund einen Namen in der Gitarristen-Welt gemacht.

Wir telefonieren. Und gleich in den ersten Sekunden des Gesprächs wird klar, dass es heute nicht nur um das neue Album „Phronesis“ gehen wird. Browne hat Zeit und gute Laune. Ich habe Zeit und die Fragen.  Am Ende ist es ein Gespräch über Gott und die Welt oder besser ein Gespräch über Youtube-Tutorials und musikalisch-technischer Tipps, Bon Jovi, gesellschaftlicher Probleme, und diese Sache mit den Entscheidungen im Leben.

Einen wunderschönen guten Tag und willkommen zurück. Lass uns ein wenig über das neue Album „Phronesis“sprechen.

Oh okay. Na gut.

Oder worüber möchtest du sprechen?

Lass uns erstmal harmlos beim Album anfangen (lacht).

Ok. Fangen wir also damit an und sehen wo wir enden.

Erneutes Lachen und dann ein: Ja, ich denke das klingt nach einem guten Plan.

Monuments

Der Pressetext zur Veröffentlichung deutet an, dass in der letzten Zeit einiges vorgefallen ist, was ihr mit diesem Album quasi verarbeitet. Was genau ist damit gemeint?

Unser letztes Album kam 2014 heraus. Juli 2014? Ja, ich glaube. Ich hab es nicht so mit Daten. Auf jedenfall waren wir seit 2014 relativ viel unterwegs, ständig auf Tour. Unser Drummer Anup verließ uns, unser neuer Drummer Daniel verletzte sich. Dann ist bei uns im Privaten auch einiges passiert. Ja, auch wenn wir seit dem letzten Release so viele großartige Touren und Live-Momente hatten, und dafür sind wir natürlich auch sehr dankbar, ist auch privat einiges los gewesen und jeder von uns hatte das Gefühl sich erstmal wieder rehabilitieren zu müssen. Verstehst du was ich meine? Darum hat es jetzt bis zur neuen Platte auch etwas gedauert. Musik ist unser Hauptjob, aber links und rechts passieren dir persönlich ja trotzdem Sachen, die dann einfach mal deine Aufmerksamkeit brauchen.

Habt ihr wirklich effektiv Pause machen können oder habt ihr immer nebenbei an „Phronesis“ gearbeitet? Wie muss ich mir das bei euch vorstellen?

Ein gutes Beispiel ist da „Mirror Image“ . Das war einer der ersten Tracks, die vom Grundgerüst her seit 2015 feststanden. Es gab schon ein Intro, der Text und die Riffs. Komplett fertig, so wie er jetzt ist, ist er aber erst seit Ende 2017/ Anfang 2018. Das zeigt, dass wir eigentlich immer am Schreiben sind. Diesmal haben wir uns aber auch echt mal Zeit genommen. Zeit dafür, dass am Ende ein Produkt da ist, auf das wirklich alle 120% stolz sind. Und das hat geklappt. Wir sind verdammt stolz. Alle (lacht).

Wenn man „Phronesis“ mit den vorherigen Album direkt vergleicht, finde ich, dass ihr diesmal weniger happy sondern angepisster klingt.

Vielleicht könnte man es etwas auf Chris schieben (Überlegt). Chris kam vor Ewigkeiten mit der Idee, dass er sehr Lust darauf hätte Tracks zu schreiben, die irgendwie wütender sind. Ich glaube, das ist diesmal unbewusst mit eingeflossen, weil es auch zu der Stimmung und dessen was zu verarbeiten galt, passt.

„Phronesis“, der Name, steht für eine spezielle Art von Weisheit. Was für eine Weisheit ziehe ich als Hörer aus der Platte?

Die Weisheit, die mit dem Wort „Phronesis“ beschrieben wird, ist meines Erachtens eine Weisheit, die wir alle mehr nutzen sollten. Es geht um Entscheidungen, die wir treffen. Bei denen wir unser Ego mal komplett beiseite schieben. Es geht im Grunde speziell darum, die beste Entscheidung für sich zu treffen, basierend auf bisherige Erfahrungen, die man gemacht hat. Natürlich trifft jeder in seinem Leben einfach mal richtig miese Entscheidungen. Das lässt sich ja nicht vermeiden. Aber eben dieses Wort „Phronesis“ sagt soviel aus und passt so perfekt zu den persönlichen Lyrics von Chris. Man sollte immer versuchen für sich die beste Entscheidung zu treffen.

Ist das ein gesellschaftliches Problem? Einfach Entscheidungen zu fällen ohne sich Zeit zu nehmen darüber richtig nachzudenken? Sollten wir mehr über unsere Schritte nachdenken?

Definitiv. Gerade im Internet wird innerhalb von Sekunden ein Urteil über andere gefällt. Sie vergessen komplett, dass es immer zwei Seiten einer Geschichte gibt, das es einen Hintergrund gibt. Komplett Unbekannte urteilen auf den Plattformen übereinander. Das ist absolut erschreckend.

An dieser Stelle hört man lautes Gepolter und Gekrame. Browne erklärt mir, dass seine Freundin gerade so nett war und ihm eine Tasse Kaffee hingestellt hat. Daraufhin können wir gemeinschaftlich lachend abnicken, dass also offensichtlich in der Beziehung alles in Ordnung ist und wir machen professionell mit dem Interview weiter.

Wenn wir schon von speziellem Wissen sprechen, welches Wissen hättest du gerne schon früher gehabt. So ganz nach dem Motto: „Mann, hätte ich das gewusst, dann…“

Schwierig. Wenn das mal so einfach wäre. Ich glaube für mich ist es da eher so, dass ich versuche schlechten Sachen etwas gutes abzugewinnen. Also egal was passiert, muss vielleicht so sein. Unser Drummer hat sich vor einiger Zeit verletzt und das ist natürlich eine traurige Angelegenheit, aber gleichzeitig hat man bei solchen Situationen immer die Chance auch ein Stück weit daran zu wachsen. Deshalb sind selbst schlechte Erfahrungen, nicht immer nur schlecht. Weißt du was ich meine?

Natürlich. Und schließlich machen uns schlechte Erfahrungen am Ende ja zu dem was wir sind. Und man kann dadurch die Guten mehr genießen.

Ah, ich sehe. Wir verstehen uns. Machst du eigentlich auch Musik?

Ich habe bisher relativ schleppend versucht über Youtube-Tutorials Akkustik-Gitarre zu lernen.

Du musst durchhalten. Die erste Zeit ist echt hart und ich bin anfangs auch echt total daran verzweifelt. Aber wenn man erstmal den Bogen raus hat (lacht).

Du bist selbst auch als Dozent unterwegs habe ich gelesen. Du hast einen Workshop bei der diesjährigen „Guitar Summit“ in Mannheim gegeben. Wie ist so etwas für dich?

Sehr nervenaufreibend (lacht). Da bin ja nur ich ganz alleine vor den Leuten.

Also eher: Scheiße, was mache ich hier eigentlich?

Haha. Ja, genau. Ohne die Band, nur ich, und ich kann mich nirgends wo verstecken. Das macht mich echt sehr nervös. Alle konzentrieren sich nur auf mich. Das macht mir Angst (lacht). Aber gleichzeitig ist es auch immer eine tolle Sache. Da sind wirklich Menschen, die etwas von mir lernen wollen. Das ist schon echt ein gutes Gefühl.

In dem Workshop war unter anderem Thema, wie man aus einer Schreibblockade herauskommen kann. Was sind da deine Tricks und Kniffe?

Stell dir einen bestimmten Song vor (an dieser Stelle summt Brown eine kurze Melodie) und nun nimm dir dieses Stück und überlege, wie du es spielen könntest. Du kannst versuchen alles einmal rückwärts zu spielen oder langsamer. Du musst dich dazu bringen, die Noten aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Gleichzeitig versuche ich in meinem Workshops auch zu vermitteln, wie man es schafft sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Welche Richtung will ich mit dem Sound einschlagen. Das ist ein klassisches Problem im Metal. Oftmals wird einem da einfach nur ein Riff-Salat geliefert (lacht). Manchmal ist weniger dann doch mehr.

Also kennst du aber auch von dir selber die Situation vor einem leeren Blatt mit leeren Kopf zu sitzen und nichts fertig zubekommen?

Immer. Wirklich Immer. Ohne Scheiß. Pass auf, ich schreibe wirklich immer nur dann Musik wenn ich wütend oder von etwas genervt bin. Das versuche ich bei den Workshops zu vermitteln. Emotionen beim Schreiben richtig zu nutzen. Irgendwie ist es aber für mich schwieriger Musik zu schreiben, wenn ich gut gelaunt bin. Das bekomme ich irgendwie nicht so hin (lacht).

Warst du eigentlich schon immer so ein technisch affiner Nerd?

Ich glaube es kommt daher, dass ich mich als Kind eher schlechter konzentrieren konnte und es sich besserte wenn ich mich auf eine Sache fokussierte. Ich glaube deshalb mag ich es neues Stage-Gear zu testen, neue Sachen auszuprobieren. Das inspiriert mich, das fesselt mich. Inspiration aus Musik zu ziehen ist da für mich eher eine schwierige Nummer. Der letzte Song auf „Phronesis“ hat deshalb absolute GOJIRA Vibes. Und alleine deshalb, weil ich während ich den schrieb, GOJIRA gehört habe. Vergleich mal „The Axe“ von GOJIRA mit den letzten Riffs von „The Watch“. Ist zwar nicht eins zu eins dasselbe, aber man hört sehr raus, dass ich davon inspiriert war.

Mit was hat denn alles bei dir angefangen?

Angefangen habe ich mit einer Geige. Ich glaub ich war da fünf Jahre alt. Ich habe mich dabei auch gar nicht mal so schlecht angestellt (lacht). Aber irgendwann fand ich Geige einfach blöd und wollte unbedingt eine Gitarre haben. Also hat mir mein Onkel eine Gitarre geschenkt als ich so sechs/sieben Jahre alt war. Da hatte ich dann ein Jahr Gitarrenunterricht aber irgendwie habe ich anfangs nicht so mit der Gitarre hinbekommen. Bis ich mit ca. 14 Jahren dann BON JOVI bei MTV sah und ich so: „Ich will genau das!“

Also der absolute „Ich will ein Rockstar werden“- Gedanke?

Ich wollte so sein wie Richie Sambora. Ich sah das „Wanted Dead Or Alive“-Video von BON JOVI und mein Gedanke war sofort: „Das will ich unbedingt!“ Und dann ging es los mit der ersten E-Gitarre (lacht)

Als Kind habe ich zum Beispiel den Film „Mrs. Doubtfire“ geschaut und da lief in einer Szene AEROSMITH  und in dem Moment dachte ich „Wow, das ist das krasseste und härteste was ich jemals gehört habe.“ (lacht)

Und dann kommt der Moment, wo du merkst: „Hey. Ach so. Es gibt da ja noch mehr.Das ist also dieses Metal.“

Haha. Absolut. Meine musikalischen Anfänge sind aber echt spezieller, alleine aufgrund der Tatsache, dass mein Vater totaler Klassik-Fan ist und meine Mutter im Gegensatz dazu im Besitz einer Musiksammlung von STEVIE WONDER über SANTANA bis zu PINK FLOYD ist. Kein Metal. Aber schon eher alternativer. Oh mein erstes Tape war übrigens MEAT LOAF  „Bat Out Of Hell“. Ah und Bryan Adams „Everything I do.“ Ich fand Bryan Adams auch echt verdammt cool.

Wen würdest du dir denn gerne nochmal live ansehen,wenn es die Möglichkeit gebe?

Hmm. Ich finde schon sehr schade, dass ich Michael Jackson nicht mehr live sehen konnte. Ich hatte Tickets für seine letzte Tour und naja, wir alle wissen was dann passierte. Ich habe als Kind meine Eltern vergeblich angefleht mir Tickets für die „Dangerous Live“- Tour zu kaufen. Schon traurig, dass ich nie die Chance hatte ihn live zusehen. Was mir bis heute in Erinnerung geblieben ist, ist dass ich zwar kein ganzes Set von AUDIOSLAVE sehen konnte, aber ich habe Chris Cornell fünf Minuten singen hören. Habe Bruchstücke von „Black Hole Sun“ gehört, als ich bei einem Festival backstage war. Das war ein so guter Moment.

So das war es auch schon von mir.  Danke für deine Zeit. Die letzten Sätze an die metal.de-Leser überlasse ich dir.

Ich danke dir. Ich wünsche allen ganz viel Spaß mit dem neuen Album. Wir kommen demnächst in einige deutsche Städte, also kommt vorbei. Ich hoffe ihr habt viel Spaß mit den neuen Songs.

Shit, veraltete Infos!Die Tourdaten, die hier einmal standen, sind veraltet. Hier findest Du aktuelle Tour- und Konzertdaten.

 

Quelle: John Browne / Monuments
07.10.2018

It`s all about the he said, she said bullshit.

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