Naglfar
Naglfar

Interview

Eigentlich sollte man meinen, dass man nach mehr oder weniger fünfjähriger Abstinenz einiges zu erzählen haben sollte. Aber irgendwas muss die skandinavische Luft haben, dass drei Viertel aller Nordmänner zwar freundlichen, aber ungemein wortkargen Charakters sind. Genauso auch Kristoffer W. Olivius, seines Zeichens Bassist und zweiter Sänger bei Naglfar, die dieser Tage mit "Sheol" ihr langerwartetes Drittwerk raushauen. Ob sich das Warten gelohnt hat, erzählt euch der gute Mann am besten selbst.

Warum habt ihr mit „Sheol“ einen hebräischen Titel für euer neues Album gewählt?

Einmal mag ich den Klang dieses Wortes sehr. Und zweitens kann man es auf verschiedene Art und Weise übersetzen. „Sheol“ heißt sowohl „Hölle“ als auch „Grab“. Für mich persönlich beschreibt dieses Wort aber den Zustand zwischen dem Tod und dem Leben danach.

Ziehen sich dann diese Themen auch in Form eines Konzeptes durch die Lyrics?

Ich würde nicht sagen, dass es sich um ein Konzeptalbum handelt. Jeder einzelne Song steht für sich und befasst sich mit verschiedenen Themen wie der Hölle oder bösen Alpträumen, Visionen oder Träumen. Der einzige rote Faden der Texte ist, dass sich jeder in irgendeiner Form auf verschiedene Aspekte der Hölle bezieht.

Inwieweit setzt sich Niklas Sundins Coverartwork mit der Hölle auseinander? Ist es ein Abbild, wie ihr euch selbige vorstellt?

Nein, es bildet eher unsere Vorstellung eines Platzes wie „Sheol“ ab.

Wie stellt ihr euch dann die Hölle optisch vor?

Das ist schwer zu sagen. Unser Ziel war es, auf diesem Album alles so abstrakt wie möglich zu halten. Jeder soll etwas Spezielles für sich selbst herausziehen können. Genauso sollte es auch mit dem Artwork sein, das nicht dem gängigen Death/Black Metal-Standard entsprechen sollte.

Musikalisch würde ich „Sheol“ als eine Mischung aus „Vittra“ und „Diabolical“ beschreiben. Wie siehst du das?

Da stimme ich dir voll zu. Wir wollten die Stimmungen der vorangegangen Veröffentlichungen wieder einfangen. Also haben wir den hasserfüllten, brutalen Stil von „Diabolical“ mit dem mehr melodiösen, düsteren Element von „Vittra“ vermischt. Das Resultat ist bombastischer geworden als alles, was wir bisher gemacht haben, denke ich.

Woran lag es deiner Meinung nach eigentlich, dass „Vittra“ damals so eingeschlagen hat? Immerhin hat es das Album sogar unter die von der Rock Hard gewählten 300 wichtigsten Metalalben geschafft und liegt in dieser Rangliste sogar noch vor Großkalibern wie zum Beispiel „Slaughter Of The Soul“ von At The Gates.

Das ist schwer zu sagen. Vielleicht haben die Leute schon immer auf einen derartigen Mischmasch aus Death, Black und britischem Heavy Metal, den wir alle übrigens sehr mögen, gewartet. An so etwas haben wir aber bei der Bandgründung gar nicht gedacht. Wir waren schließlich erst alle 15-16 Jahre alt, als wir anfingen, das Material für dieses Album zu schreiben.

Eure Musik wird desöfteren mit Dissection verglichen. Freust du dich darüber oder stört es dich eher?

Ich persönlich halte diesen Vergleich für falsch. Dissection und Naglfar unterscheiden sich in meinen Augen. Aber wenn jemand eben der Meinung ist, dass wir uns ähneln, dann soll er das ruhig sein. Wir arbeiten auf keinen Fall daran, wie Dissection klingen zu wollen.

Glaubst du, dass Dissection da anknüpfen können, wo sie mit „Storm Of The Light’s Bane“ aufgehört haben, wenn Jon Nödtveidt aus dem Gefängnis entlassen wird?

Ich hoffe es. Jeder hofft das, glaube ich. Aber es ist hart, die Zukunft vorherzusagen. Ich wünsche der Band auf jeden Fall alles Gute.

Und es bleibt zu hoffen, dass er etwas aus dieser Sache gelernt hat.

Ich kann über ihn nicht reden. Er muss seine Taten vor sich selbst verantworten.

Wieso habt ihr eigentlich letztes Jahr mit „Ex Inferis“ erst eine EP und nicht direkt ein volles Album veröffentlicht?

Zum einen, weil unsere beiden alten Alben nicht mehr erhältlich waren und kurz vorher erst von Regain Records wiederveröffentlicht worden sind, und zum anderen sollte es natürlich ein Appetizer für das neue Album sein. Deswegen haben wir ja auch einen Song, der für „Sheol“ geplant war, dort draufgepackt („Of Gorgons Spawned Through Witchcraft“ Anm. d. Verf.). Für „Sheol“ haben wir ihn aber nochmals neu aufgenommen. Und die EP sollte natürlich auch den Namen Naglfar denen näher bringen, die bis jetzt noch nichts von uns gehört hatten.

Dann erkläre genau diesen Leuten doch bitte auch nochmal die Bedeutung des Namens Naglfar.

Der Name entstammt der nordischen Mythologie. Es ist ein Schiff, gebaut aus den Nägeln von Toten. Es ist das ultimative Instrument des Armageddon. Wenn alle Menschen zerstört sind, die Menschheit also nicht mehr ist, dann löst es das Ragnarök, das Weltende, aus.

Was waren eigentlich die Gründe für diese Pause?

Eigentlich war es für uns nie eine Pause. Wir hatten nur keine Lust, irgendetwas zu überstürzen. Wir wollten erst in uns selbst hineinschauen, um herauszufinden, was genau wir eigentlich machen wollten, wie wir unseren Stil weiterentwickeln sollen.

Man erblickte euch eigentlich erst 2001 wieder richtig auf der Bildfläche. Wie war es, in Wacken oder auf dem Party.San wieder vor einer großen Menge zu spielen?

Festivals und Konzerte generell sind immer eine feine Sache. Auf Festivals ist die Stimmung natürlich immer besser. Die Leute sind verdammt gut drauf und nehmen richtig auf, was ihnen präsentiert wird.

Da ist es doch schade, dass ihr eure Touraktivitäten vor kurzem gecancelt habt. Woran liegt das?

Das ist keine große Sache und soll nicht missverstanden werden. Wir sollten nur ziemlich gleich mit unseren Freunden von The Haunted on the road gehen. Aber das ging uns alles etwas zu schnell. Wir waren lange weg von der Bildfläche, weswegen wir erstmal die Promotion für „Sheol“ voll ausreizen wollen. Jeder soll die Möglichkeit haben, sich erst mit uns auseinanderzusetzen, bevor er auf unser Konzert kommt.

Gibt es denn dann schon konkrete Tourpläne?

Nein, noch nicht. Wir hoffen aber, innerhalb der nächsten vier Monate etwas Druckreifes präsentieren zu können.

Der Gig auf dem Party.San-Festival ist aber in trockenen Tüchern, oder?

Ja, hundertprozentig. Wir werden auch auf dem im Oktober stattfindenden Westfalen-Festival auflaufen.

Was hat es mit dem Label-Tohuwabohu bei euch auf sich? Ihr wart bei bei Wrong Again Records, seid jetzt bei New Hawen und die Re-Releases erscheinen über Regain Records. Kläre uns bitte auf.

Mit Wrong Again und New Hawen ist das gar nicht so kompliziert, da es sich nur um eine Namensänderung handelt. Es ist praktisch dieselbe Plattenfirma und gleichzeitig ein Sublabel von Century Media Records. Davon können wir nur profitieren, denn Century Media macht eine klasse Arbeit in punkto Promotion und Vertrieb. Dass Regain die Re-Releases rausbringt, liegt einfach daran, dass das Label den Backkatalog von Wrong Again aufgekauft hat. Da gibt es aber keine Probleme, da wir zu diesem Label auch eine gute Beziehung haben.

Es gibt oder vielmehr gab auch eine deutsche Band namens Nagelfar. Sie wurde zwar ein klein wenig anders geschrieben, aber seid ihr trotzdem jemals mit ihnen verwechselt worden?

Nein. Soweit ich weiß, gibt es uns schon länger. Wenn ich ehrlich bin, habe ich auch noch nie deren Musik gehört. Viele Leute haben mir aber gesagt, dass sie gut gewesen sein sollen. Aber es ist schwer, über eine Band zu reden, die man so gut wie gar nicht kennt.

Ich habe gelesen, dass du menschliche Knochen und Schädel sammelst. Wann hast du damit begonnen?

Das hat mich schon immer interessiert. Da war es also nur eine Frage der Zeit, bis ich anfing, mir diese menschlichen Überreste nach Hause zu holen.

Und was macht die Faszination davon aus?

Ich glaube, dass jeder, der sich für Death oder Black Metal interessiert und ihn hört, auch eher einen dunklen Lebensstil führt und sich von Symbolen des Todes angesprochen fühlt. So ist das auch bei mir.

Du hast schon gesagt, dass es schwer sei, die Zukunft vorherzusagen. Aber es ist nicht so schwer, über zukünftige Pläne mit Naglfar zu sprechen, oder?

Nein. Wir haben vor, im Zuge des neuen Albums zwei Tourneen durch Europa zu fahren. Dazu kommen ein paar Festivals in diesem Sommer und hoffentlich ein paar mehr im nächsten Jahr. Desweiteren wollen wir auch in Japan, Nordamerika und, wenn es klappt, auch in Südamerika touren. Wir werden sehen.

Ich bedanke mich für das Interview und wünsche für diese Vorhaben viel Glück. Die letzten Worte an eure Fans gehören dir.

Check out „Sheol“ and make up your mind for yourself! Hoffentlich sehen wir uns auf Tour!

19.03.2003
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