Once Human -
Schmerzen gemeinsam fühlen und heilen

Interview

ONCE HUMAN, die Band des Ex-MACHIN HEAD und SOULFLY-Gitarristen Logan Mader, hat die Zeiten des Lockdowns für sich genutzt. Die Melodic Death Metaler haben sich hingesetzt und Angst, Unsicherheiten und alle gemischten Gefühle zusammengetragen und in Metal verpackt. „Scar Weaver“ ist das mittlerweile dritte Album der Band aus den Staaten. Mit Frontfrau Lauren Hart trafen wir uns online zu einem kleinen Gespräch über die neuen Songs, Narben und der Position der Frauen im Metal.

 

Das neue Album heißt „Scar Weaver“? Welche Narben müssen bei ONCE HUMAN behandelt werden?

Der Song handelt grundsätzlich von meinen Gedanken, den dunklen Gedanken während dieser Pandemie. Gedanken, die sich nur in meinem Kopf abspielen und Ängste, die nicht real sind. Es geht darum, sich bewusst zu werden, dass die Gedanken nicht existent sind sondern nur in deinem Kopf passieren und man ihnen deshalb nicht soviel Platz einräumen sollte, ihnen nicht soviel Energie geben sollte. Das hat vom Grundgedanken alles Platz auf dem neuen Album gefunden.

„… Gedanken, die nicht existent sind..“

Welche Narben hast du denn an dir und woran erinnern sie dich?

Ich habe eine Narbe am Handgelenk. Als ich noch klein war, ich glaube das war auf der Pre-School, also noch bevor ich zur Schule kam, da bin ich an einem Klettergerüst hochgeklettert und beim Herunterspringen ragte an der Seite ein Nagel heraus, an dem ich mich verletzte.

Das Album klingt düsterer als eure vorherigen Veröffentlichungen. Was hat euch bei diesem Album inspiriert?

Der Hauptgrund, warum „Scar Weaver“ sehr dunkles Material ist, ist wahrscheinlich der, das die Scheibe während der Pandemie entstanden ist. Wir waren alle verunsichert, ängstlich, frustriert und traurig und das merkt man den Songs an. Eigentlich bin ich beim Schreiben meiner Songs inhaltlich immer sehr aufbauend und triumphierend unterwegs, ich mag es das Positive zu vermitteln und mitzugeben, aber egal wie, ich konnte es diesmal einfach nicht, weil ich es nicht gefühlt habe. Ich mag es nicht die Menschen traurig zu machen, wenn sie die Songs oder die Lyrics hören, aber diesmal konnte ich mich nicht dagegen wehren. Ich musste ehrlich zu mir sein. Ich hoffe, dass, wenn der Schmerz gehört wird, es dazu beiträgt, das Gefühl zu vermitteln, dass wir den Schmerz gemeinsam fühlen und somit auch gemeinsam heilen können.

„… weil ich es nicht gefühlt habe…“

Deine Stimme klingt gereifter als bisher, definierter. Hast du die Zeit zuhause genutzt um speziell an deinen Vocals zu arbeiten?

Ich glaube, vieles hat sich bei mir durch das Touren mit KAMELOT entwickelt. Durch die zwei Jahre, die ich mit KAMELOT unterwegs war, habe ich an Selbstbewusstsein hinzugewonnen. Besonders was die cleanen Vocals angeht. Ich habe mich in dem Bereich nie wirklich wohl gefühlt, und das hat sich durch das Touren aber verbessert, so dass ich da sicherer wurde und meine cleanen Vocals sich endlich mal deutlicher angehört haben. Je mehr du etwas tust, desto mehr lernst du, in meinem Fall, was über dein Instrument, deine Stimme und diese so oft zu nutzen hat sie reifen lassen.

Ich habe euch vor Jahren live in Hamburg in der Markthalle gesehen. Als wir in den Raum kamen, hat ein Freund von mir nicht glauben wollen, dass dort eine Frau singt. Wie siehst du die Position der Frau im Metal, im Besonderen Frontfrauen im Metal?

Das ist sehr lustig, dass du mich da gesehen hast. Da standen wir noch total am Anfang und ich hatte null Tour-Erfahrung. Oh Mann. Ewig her. Aber ja, wenn du als Frau auf der Bühne stehst, ist dir schon bewusst, dass du gerade vor einer Menge performst, die hauptsächlich aus Männern besteht und du gibst dabei nochmal extra Gas. Aber nicht um dich zu beweisen.

Als ich in meinem Genre angefangen habe, gab es vor Jahren noch nicht die Masse an female fronted Metalbands und jetzt wenn du dich umsiehst, sind wir so viele. Es hat sich da einiges getan in dem Bereich. Ich habe damals wie heute natürlich auch sexistische oder abwertende Kommentare erhalten. Aber du musst dir als Person in der Öffentlichkeit bewusst sein, dass du für alles bewertet werden kannst.

Egal, was auch immer du wie machst, es wird immer Menschen geben, die vor ihrer Tastatur sitzen und es kritisieren werden. Solche Menschen machen das auch nur, um Aufmerksamkeit zu bekommen, was leider auch funktioniert. Ich habe mir aber abgewöhnt diese Art von Kommentare zu lesen. Grundsätzlich ist die Akzeptanz von Frauen im Metal weitaus größer als früher. Aber ja, mir wurde auch schon persönlich ins Gesicht gesagt, dass ich als Frau im Metal nichts zu suchen habe. Das war zu Beginn meiner Karriere und das war schon hart.

„…ich habe damals wie heute sexistische, abwertende Kommentare erhalten..“

Aber zum Glück bist du hier und machst das worauf du Lust hast mit ONCE HUMAN. Was ist denn dein persönlicher Favorit auf dem Album?

Oh, das ist schwer. Ich mag irgendwie jeden Song wegen einer anderen Sache oder seinem speziellen Inhalt. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre es „Erasure“, wegen seiner Dynamik und den überraschenden cleanen Parts und der Riffs, die Oldschool aber auch gleichzeitig modern sind. Und im Video passt einfach alles perfekt zusammen und die Lyrics bedeuten mir viel, die fühle ich selber sehr. Wenn ich sie selber im Kopf durchgehe, fühle ich direkt wieder warum ich den Text geschrieben habe, kann mich direkt wieder hineinversetzen. Und natürlich auch wichtig, der Song „Cold Arrival“, in Erinnerung an einen Freund der Band, der 2020 verstarb. Ein wichtiger Song für uns aufgrund seiner Bedeutung.

Und wahrscheinlich „Deadlock“ mit Robb Flynn von MACHINE HEAD?

Unbedingt. Wenn mir jemand vor Jahren gesagt hätte, das ich einen Song mit Rob Flynn aufnehmen werde, hätte ich wahrscheinlich gesagt: Du spinnst. Ja, es war unglaublich und wir dachten auch erst, das er es wahrscheinlich eher nicht machen würde, aber das ist das was wir anfangs hatten: Manchmal passieren richtig gute Sachen in den schlechtesten Zeiten. Denn, ich glaube nicht, dass er Zeit für eine Kooperation gehabt hätte, wenn es die Pandemie nicht gegeben hätte. Ja und dann steckst du da fest und siehst kein Ende am Licht des Tunnels, fragst dich, was das alles noch geben wird und dann passiert eben genau DAS. Und diese Zusammenarbeit hat mich wieder motiviert, wieder inspiriert und mich etwas runderneuert. Er schrieb einen großartigen Chorus. Ich hatte zwar auch einen vorbereitet, aber seiner war einfach besser (lacht). Ich hasse meinen Chorus jetzt… haha.

„…manchmal passieren richtig gute Sachen in den schlechtesten Zeiten…“

Wir sind schon am Ende unseres Interviews angekommen. Die letzten Sätze für die metal.de-Leser überlasse ich dir.

Versucht es direkt auf deutsch: Deutschland ist mein Lieblingsland und ich wünschte, dass wir bald wiederkommen.

Oh ziemlich gut. Wer bringt dir deutsch bei?

Ich lerne es seit der Tour mit KAMELOT mit der App „Duolingo“. Ja, aber meine Grammatik ist noch nicht die beste (lacht).

Nicht schlecht. Danke dir für das Interview.

Ich danke dir. Bis bald.

 

Quelle: Lauren Hart - Once Human
15.02.2022

It`s all about the he said, she said bullshit.

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