Skálmöld
Interview mit Björgvin Sigurðsson

Interview

Skálmöld

SKÁLMÖLDs Debütalbum „Baldur“ erregte im vergangenen Winter einige Aufmerksamkeit – obwohl es damals nur auf dem kleinen färöischen Label Tutl Records erschien. Jetzt haben die Isländer vertragstechnisch nachgelegt und bei Napalm Records angeheuert. Die veröffentlichen „Baldur“ nun mit zwei Bonustracks angereichert ein weiteres Mal – diesmal weltweit. Wir nutzten die Gelegenheit, bei Frontmann Björgvin Sigurðsson anzuklopfen, um ihn nach dem Stand der Dinge bei SKÁLMÖLD zu erkundigen und ihn über die Musikszene in Island auszuquetschen.

Hi Björgvin, Ihr seid gerade von einer Mini-Tour auf den Färöer Inseln zurückgekommen – wie ist es gelaufen?

Yeah, wir haben diese Mini-Tour zusammen mit HAMFER? gemacht, eine Doom Metal-Band von den Färöer Inseln, die auch einen Vertrag bei Tutl hat. Wir waren sowohl in Island als auch auf den Färöern unterwegs gewesen, und das schloss zwei Festivals mit ein, Eistnaflug auf Island und das G! Festival auf den Färöern.

Auf den Färöern haben wir neben dem G! Festival zwei Shows gespielt, eine im Club Seglloftið in Tvøroyri und eine im Perlan in Torshavn. Zu den Konzerten sind ungefähr 50 bis 60 Leute gekommen, was im grünen Bereich liegt, weil Tvøroyri ein wirklich kleiner Ort ist [lt. Wikipedia hat Tvøroyri knapp 1.200 Einwohner, Anm. Red.] und der Gig in Torshavn genau einen Tag vor dem G! Festival stattfand und viele Leute schon auf dem Festivalgelände waren. Aber es hat riesigen Spaß gemacht, und die Leute, die da waren, haben ordentlich Stimmung gemacht. Insofern sind wir wirklich zufrieden, wie es gelaufen ist. Und wir sind jedes Mal auf’s neue fasziniert von der Schönheit der Färöer Inseln – sie sind ein wahrhaft magischer Ort.

Was habt Ihr seit der Veröffentlichung Eures Albums „Baldur“ bei Tutl im Dezember noch so alles gemacht?

Wir haben hier in Island jede Menge Shows gespielt, sowohl in Reykjavik und Umgebung als auch hoch im Norden. Wenn ich von einer Menge Shows spreche, meine ich natürlich nicht, dass wir jede Woche gespielt hätten – dafür ist Island einfach zu klein – aber ein bis dreimal im Monat hat’s schon hingehauen. Jeder Auftritt war bislang ein Erfolg, unsere Anhängerschaft ist ziemlich flott angewachsen, und wir sind wirklich verblüfft über all die positiven Reaktionen, die wir in unserer Karriere bislang bekommen haben.

Ende Juli wird Euer Album „Baldur“ erneut aufgelegt, diesmal auf Napalm Records, und diesmal weltweit. Wie seid Ihr an den Vertrag mit Napalm gekommen?

Wir sind mit Napalm durch unser Label Tutl in Verbindung gekommen, denn zwischen Tutl und Napalm gab es ja in der Vergangenheit schon einige Verbindungen [u.a. veröffentlichten TÝR, die heute bei Napalm unter Vertrag stehen, ihre ersten Alben bei Tutl, Anm. Red.]. Ende Januar/Anfang Februar hatten wir ein Angebot von Napalm auf dem Schreibtisch, und ein paar Wochen darauf haben wir den fertigen Vertrag unterzeichnet. Ich denke, beide Seiten sind mit dem Resultat zufrieden – Napalm ist ein großes Label, und mit ihnen an unserer Seite können wir natürlich neue Fanschichten erreichen. Und auch wenn alles seit der Bandgründung von SKÁLMÖLD verdammt schnell gegangen ist, haben wir doch das Gefühl, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben.

Auf dem Napalm-Release gibt es zwei Bonustracks, eine kürzere Version von „Kvaðning“ und den neuen Track „Baldur“. Ist letzterer ein Überbleibsel von den „Baldur“-Sessions, oder seid Ihr dafür nochmals ins Studio gegangen?

Wir sind für den Track „Baldur“ nochmal ins Studio gegangen. Es ist aber dasselbe Studio gewesen, derselbe Produzent, dasselbe Equipment. Insofern fügt sich der Song natürlich perfekt in das restliche Album ein. „Baldur“ haben wir extra für diesen Zweck geschrieben, der Song ist ein Zehnminuten-Epos, das Gänsehaut erzeugen soll.

Okay, unterschrieben! Dabei zitiert „Baldur“ geschickt einzelne Motive aus den anderen Songs. Wovon handelt der Text?

Die Lyrics sind eine Zusammenfassung der Geschichte von Baldur, wo wir ja Baldur auf seinem Rachefeldzug folgen. Wir befinden uns mitten in der Geschichte, und der Song fasst die Geschehnisse aus einigem zeitlichen Abstand zusammen, so als ob er die Geschichte nach langer Zeit erzählt. Die musikalischen Motive aus den anderen Songs haben wir deswegen miteinfließen lassen, damit der Song besser zum Konzept passt. Es ist immer schwierig, einem Konzeptalbum einen Bonustrack hinzuzufügen, aber ich glaube, das haben wir ganz ordentlich hinbekommen.

Ich würde Dich gerne ein paar Sachen über die Musikszene in Island fragen: Island ist ja eine Insel, die vergleichsweise groß ist, aber sehr wenig Einwohner hat [kürzlich hat die Einwohnerzahl die 300.000er-Marke geknackt, Anm. Red.]. Über ein Drittel der Einwohner wohnt in der Hauptstadt Reykjavík, wo Ihr und und beispielsweise SÓLSTAFIR herkommt. Heißt das, dass sich die Musikszene in Reykjavík konzentriert?

Yeah, das kann man so unterschreiben. Wenn du aber die Nachbarstädte zu Reykjavík hinzu addierst, bist du schon bei zwei Dritteln der Einwohner. Das Lustige daran ist aber, dass viele Bands Mitglieder haben, die auf dem Land aufgewachsen sind. Wir von SKÁLMÖLD beispielsweise kommen aus dem Nordosten von Island, außer unserem Drummer Jón Geir Jóhannsson, der von den Vestfjords kommt. Der Grund dafür mag sein, dass die jungen Isländer wegen der Ausbildung nach Reykjavík ziehen und sich dort dann ansiedeln. Aber Musik wird natürlich überall auf der Insel gemacht, Isländer sind ganz einfach musikalisch und diesbezüglich ziemlich kreativ.

Welche Clubs und Festivals gibt es in Island, und welche Chancen bestehen, dort als Metalband aufzutreten?

Reykjavík ist recht gut ausgestattet mit Clubs, in denen man spielen kann. Die meisten davon sind ziemlich klein, was für kleinere Events okay ist, aber natürlich nicht so gut, wenn man zugkräftige Bands in der Stadt hat. Ich würde sagen, dass mittelgroße Clubs fehlen. Natürlich ist es großartig, in einem kleinen Club zu spielen, wo man dem Publikum direkt in die Augen schauen kann und die Show ziemlich intensiv wird. Wir haben zumeist in einem Club mit dem schönen Namen Sódóma gespielt, ein angemessener Club, aber bei unserer letzten Show ging es doch schon etwas eng zu. Der nächst größere passende Club heißt Nasa, ist zwei oder dreimal so groß und die Miete ist ganz schön hoch. Wir haben dort im April zusammen mit SÓLSTAFIR gespielt, was ziemlich erfolgreich war – 450 schreiende Metalheads, ein großartiger Abend.

Bei den Festivals gibt es das Icelandic Airwaves, bei dem aber hauptsächlich Pop-, Rock- und Indie-Bands vertreten sind. Ein großartiges Festival, das rund um Reykjavík stattfindet, nicht nur an einem Veranstaltungsort. In den letzten Jahren war an das Festival eine Metalnight angeschlossen, was natürlich großartig ist. Das Hauptereignis für uns Metalheads in Island ist aber das Eistnaflug Festival, das jeden Juli in einem kleinen Ort an der Ostküste stattfindet. Das ist im Sommer der Treffpunkt für alle Metalheads in Island. Das Festival wird von Jahr zu Jahr größer, und es bekommt immer mehr Aufmerksamkeit durch die Medien, selbst Journalisten von den größten Magazinen kommen zum Festival. Das Großartige dabei ist, dass der Hauptfokus auf isländischen Bands liegt. Natürlich gibt es auch ausländische Bands, aber die Promoter achten sehr auf eine strikte und kleine Auswahl. Letztes Jahr waren NAPALM DEATH die Headliner, und dieses Jahr waren die mächtigen TRIPTYKON die größte Band.

 

Ich habe gesehen, dass Ihr in einer Sendung im isländischen nationalen Fernsehen den Track „Valhöll“ live spielen durftet. Wie seid Ihr in die Sendung gekommen, und welche Bedeutung hat das für Euch als Band?

Das Eistnaflug Festival bekam einen Slot in der nachrichtenorientierten Magazinsendung Kastljós angeboten. Die Idee war, dass dort eine Band auftreten sollte, die auch auf dem Eistnaflug spielt. Das Eistnaflug hat dann uns kontaktiert, und wir haben natürlich sofort zugesagt. Das ist eine großartige Chance, ein anderes Publikum zu erreichen, Leute, die nicht zu Metalshows gehen und keine Metalalben kaufen. Und dass dafür Promotion für das Festival gemacht wurde, macht die ganze Angelegenheit gleich noch besser.

Wie kommt Ihr denn ganz generell in der Mainstreampresse an?

Das ist ganz witzig, da die meiste Aufmerksamkeit eigentlich gerade von der Mainstreampresse hier in Island kommt. Beispielsweise hat der nationale Radiosender Rás 2 eine ganze Woche lang zu jeder vollen Stunde einen Song von unserem Album „Baldur“ gespielt. Du kannst Dir vorstellen, wie begeistert wir waren, dass sie auf diese Weise die Metalszene in Island unterstützen. Ich denke, ein Grund dafür, dass sie eine Band wie SKÁLMÖLD ausgewählt haben, ist die Tatsache, dass wir traditionelle isländische Elemente in unserer Musik verwenden. Und außerdem sind unsere Texte recht anspruchsvoll, weil sie den sehr strengen Regeln der traditionellen isländischen Poesie folgen, und das hat auch viele Nichtmetaller überzeugt. Hier in Island gibt es noch einen Rock-Radiosender, der uns aber nur selten spielt. Das hat mich schon ein bisschen gewundert, da wir hier in Island eines der am besten verkauften Alben der letzten Monate vorgelegt haben.

Wie muss ich mir Euer Bandleben vorstellen – ich nehme mal an, dass Ihr alle Brotjobs habt und SKÁLMÖLD eher wie ein professionelles Hobby betreibt?!

Es ist gewiss nicht Sex, Drugs and Rock’n’Roll für uns, wir haben alle einen Brotjob, und vier von uns haben Kinder. Ich bin selbst Vater, und wenn du erst einmal eine Familie zu ernähren hast, setzt du das Wohlergehen der Familie an die erste Stelle. Wir versuchen, einmal in der Woche zu proben und etwas häufiger, wenn gerade ein Gig ansteht. Als wir die Band aus der Taufe hoben, hatten wir die Idee, dass wir uns einmal in der Woche treffen, um Metal zu spielen und irgendwann vielleicht einmal ein Album veröffentlichen. Wir haben das also eher aus Spaß begonnen, ohne großartig ein Ziel zu verfolgen. Wir wollten irgendwann ein anständiges Metalalbum machen, das wir auch noch auflegen können, wenn wir alt sind, um dann zu sagen: „Nun, immerhin habe ich ein anständiges Album in meiner Karriere aufgenommen.“ Aber der Plan wurde ziemlich schnell umgeschmissen, was natürlich großartig ist.

Euer nächster großer Gig ist auf dem Wacken Festival, und im Herbst geht es dann als Teil des Heidenfests quer durch Europa. Worauf freust Du Dich am meisten bei diesen Trips?

Auf einem großen Festival und in einer ständig tourenden Band zu spielen, war natürlich ein großer Traum für uns, als wir jünger waren und angefangen haben, Metal zu hören. Das ist wahrscheinlich der Traum von jedem jungen Metalhead. Und es ist großartig, vor Publikum zu spielen, das SKÁLMÖLD noch nicht kennt. Wir werden diese Shows gewiss von Anfang bis Ende genießen. Zugleich möchten wir aber auch auch, dass sich die Leute an uns unsere Show erinnern, ein Ausrufezeichen setzen, nicht nur für uns, sondern für den isländischen Metal.

Wenn Du mal Deinen Sehnsüchten freien Lauf lässt, gibt es da ein Dreampackage für Dich? Irgendeine bekannte oder auch unbekannte Band, mit der Du gerne mal die Bühne teilen möchtest?

Ein Traumpackage? Vielleicht IRON MAIDEN oder SLAYER – oder am besten beide – das wäre natürlich ein Traum. Diese beiden Bands waren mir so wichtig, als ich aufwuchs, dass es eine Ehre für mich wäre, mit ihnen eine Show zu bestreiten. Diese beiden Bands sind schon seit weit über 20 Jahren unter meinen Alltimefavoriten.

Was steht bei Euch als nächstes an? Habt Ihr schon neue Songs in der Hinterhand?

Klar, wir haben schon ein paar Ideen für neue Songs, und einige davon sind richtig gut. Wir hatten bloß noch nicht die Zeit, diese Ideen auszuarbeiten, aber das kommt schon noch. Was eine Veröffentlichung angeht, so ist noch nichts entschieden. Wir haben ja jetzt den Vertrag bei Napalm, und da das eine Kooperation von beiden Seiten ist, müssen wir den Zeitpunkt finden, der für die Band und das Label am besten passt. Aber der wird eher früher als später kommen.

Alles klar, danke für das Interview! Die letzten Worte überlasse ich gerne Dir!

Danke an Dich, war mir ein Vergnügen! Ich hoffe, Euch deutschen Metalheads Anfang August auf dem Wacken zu sehen. Wenn nicht dort, dann doch wenigstens auf einer der deutschen Shows bei der Heidenfest-Tour. Skál!

21.07.2011

- Dreaming in Red -

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