36 Crazyfists - Bitterness The Star

Review

Irgendwo scheint es ein Nest zu geben, aus dem mit hübscher Regelmäßigkeit alle paar Monate eine neue Neo Thrash-Band schlüpft, um ihren Vorbildern Slipknot und Machine Head nachzueifern. Originalität, wie z. B. Ill Nino, besitzen dabei die wenigsten. Die meisten servieren einfach nur solide Kost, die nicht wirklich schlecht ist, aber auch keine Euphorie hervorzurufen vermag. Zu letztgenannter Spezies gehören die der Metal-Einöde Alaskas entstammenden 36 Crazyfists, die ihrem Bandnamen einem Jackie Chan-Film aus den 70er Jahren entliehen haben. So besteht die Musik der Freunde von Skinlab, die auch den Kontakt zu Roadrunner hergestellt haben, aus in ihren Grundmauern unerschütterlichen Neo Thrash-Riffs und einer Rhythmusabteilung, die nichts anbrennen lässt. Dementsprechend wenig Feuer wird von den vier mittlerweile nach Portland übergesiedelten Jungs leider auch entfacht. Man erkennt die gewohnte, schon zig Mal gehörte Laut-/Leise-Dynamik, bei der sich verhaltene Melodien und Licks mit brachialen 6-Saiten-Attacken die Klinke in die Hand geben. Live geht diese Mischung ohne Zweifel gut ab, aber irgendwie werde ich mit dem auf „Bitterness The Star“ Dargebotenen nicht 100%ig warm, was zum Teil auch an Shouter Brock Lindow liegt. An seinen aggressiven Vocals gibt es nichts auszusetzen. Verliert er sich jedoch in melodiösere, getragenere Gefilde, lässt sein Organ ab und an das nötige Feingefühl, wie es z. B. ein Cristian Machado von Ill Nino oder ein Daniel Struble von Five Pointe O mitbringen, vermissen. Produktionstechnisch gibt es, wie eigentlich immer bei Roadrunner-Veröffentlichungen, angesichts des druckvollen Sounds nichts zu meckern. Als Anspieltipps eignen sich die drei besten Tracks der Platte, der coole Opener „Turns To Ashes“, das gelungene Wechselspiel zwischen Melodie und gebündelter Aggression namens „Slit Wrist Theory“ und das eruptive „All I Am“. „Bitterness The Star“ ist durchaus kein schlechtes Album geworden. Nur die speziellen Momente, die einen aufhorchen lassen, sucht man vergebens. Für Neo Thrash-Komplettisten kann aber eine uneingeschränkte Kaufempfehlung ausgesprochen werden. Ich persönlich finde, Jacke Chan besitzt mehr Durchschlagskraft in seinen verrückten Fäusten.

29.04.2002
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