Alter Bridge - Fortress

Review

Viele werden überrascht sein vom neuen ALTER BRIDGE-Album „Fortress“. Und das aus gutem Grund: Irgendwo hat man im Hinterkopf schon mit der großen kommerziellen Ballade gerechnet, die den Alternative Rockern zu Airplay und Duchbruch verhilft. Aber weit gefehlt, denn „Fortress“ ist wohl das bisher härteste und energiegeladenste Werk des Florida-Vierers. Selbst die ruhigen Momente werden immer wieder von einer harschen Ruppigkeit unterbrochen, und ALTER BRIDGE geben sich nicht mit dem altgedienten Strophe-Refrain-Schema zufrieden, auch wenn solche Songs durchaus auch auf „Fortress“ vertreten sind. Eine ganze Reihe der Nummern wartet mit beinahe progressiver Breite auf, der epische Titelsong mit seinen Breaks und Tempowechseln ist nicht die einsame Ausnahme. Schon der Opener „Cry Of Achilles“ mit seinem ruhigen Akustik-Intro und den beiden Soloparts beweist die kreative Freiheit, die sich Mark Tremonti und seine Mitstreiter diesmal erlaubt haben. Auch diesmal glänzt Myles Kennedy wieder mit seinem typischen, charakterstarken Gesang und es ist nicht nur er sondern die gesamte Band, die bei den mit Breitwandmelodien ausgestatteten „Calm The Fire“ und dem erwähnten Titelsong kleine Geschichten erzählt. Die Eckpfeiler des Albums sind echte Highlights, aber nicht die einzigen auf dem Album.

Die Single „Addicted To Pain“, „Cry A River“, „Farther Than The Sun“ und „All Ends Well“ sind allesamt rifflastige Heavy-Rocker an der Grenze zum Metal, immer ausgestattet mit jener Art melodsichem Vertständnis, das man auf den ersten drei Alben der Band zu schätzen lernte. Der Gitarrist und Hauptsongwriter selbst übernimmt ebenfalls bei einem Song die Lead-Vocals („Waters Rising“), nachdem er sich schon bei seinem Soloausflug aus seiner Haut traute. Und das eher ruhig ausgerichtete „Lover“ ist, nicht zuletzt aufgrund der recht rauen Produktion, ebenso ein Stück mit Ecken und Kanten. „Fortress“ ist voll von herausragenden Momenten, davon viele, die vielleicht erst nach dem dritten oder vierten Hördurchgang wirklich auffallen. Die grandiosen Soloparts (der Mittelteil von „Bleed It Dry“ sei stellvertretend genannt), die zahlreichen überraschenden Tempo- und Intensitätswechsel und die bis zum Ende durchgehaltene kompositorische Klasse heben die Scheibe auf ein Niveau, das einen völlig berechtigterweise sogar über das bisher beste Album der Band sprechen lässt. Dort, wo auf den Vorgängern noch leichte qualitative Schwankungen auszumachen waren, ist „Fortress“ ein in sich geschlossenes Werk, das den albumorientierten Gesamteinsatz von “AB III“ mit den überzeugenden Einzelsongs der beiden Vorgänger verbindet und deshalb gleichzeitig Kunstwerk und Hitschmiede darstellt. ALTER BRIDGE sind die Band, der man dieses Spagat am ehesten zugetraut hat, den Beweis liefern sie mit „Fortress“.

Das anfangs erwähnte „Calm The Fire“; geschickterweise als nochmal herausragender Glanzpunkt in die Mitte platziert, ist eine der ambitioniertesten Kompositionen, die die beteiligten Musiker jemals zu Stande gebracht haben und sollte als Anspieltipp für all jene gelten, die ALTER BRIDGE immer noch als kommerzielle US-Radio-Band abstempeln. Nach dem ruhigen Intro steigert sich die Nummer zu einem hochemotionalen Epos mit Breitwandrefrain, dessen Melodien irgendwo von ganz weit her zu kommen scheinen. Und wer dann noch mehr von diesem Sound hören will, wird nicht umhin kommen, sich „Fortress“ ins Regal zu stellen. Denn ALTER BRIDGE sind längst nur noch sie selbst, haben einen Stil etabliert, der von keiner anderen Band der Welt so gespielt wird, und „Fortress“ ist das bisherige Highlight einer beeindruckenden musikalischen Karriere. Das Album ist nicht nur groß, es ist eine Messlatte für alles, was aus diesem Bereich in Zukunft noch kommen will.

 

17.09.2013
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