Anaal Nathrakh - Desideratum

Review

Für Candlelight Records wird es ein schwacher Trost sein, dass sie ANAAL NATKRAKH aus dem Schattendasein des Underground-Kellers befreit und als feste Größe im extremen Metal etabliert haben: nach drei Alben bei den Engländern ist für Michael „Irrumator“ Kenney und Dave „V.I.T.R.I.O.L.“ Hunt Schluss, mit „Desideratum“ stellt sich das Duo in den Dienst von Metal Blade. Dass über kurz oder lang eine der Branchengrößen anklopfen würde, sollte nicht verwundern,…

…schließlich meißelten sich ANAAL NATHRAKH spätestens ab „Eschaton“ ihren eigenen, klar identifizierbaren Stil zurecht, den sie mit dem hoch dekorierten „Vanitas“ perfektionierten. „Desideratum“ macht nun nach einem Durchgang klar, dass es nach der über die letzten Alben und Jahre geradlinigen Zuspitzung des technisch mach- und musikalisch vertretbaren eher um Fine-Tuning denn das Ausloten noch heftigerer Kakophoniegrenzen geht. Die Verquickung aus wahnwitzigem, ungestümen Death-, Black- und Grind-Furor einerseits und Elektronika sowie unnachahmlich hymnisch-melodischen Refrains andererseits ist nicht weniger rasend, aufreibend, zermürbend und apokalyptisch als zuvor; leichte Abnutzungserscheinungen machen sich dennoch bemerkbar.

„If you want a picture of the future, imagine a boot stamping on a human face – forever“ schrieb Orwell in 1984 und natürlich erheben ANAAL NATHRAKH auch auf „Desideratum“ den Anspruch und befriedigen die Erwartungshaltung, diesen von ihnen live und auf T-Shirts schon lange propagierten Zitat der totalitaristischen Gewaltvision musikalisch mit einer Scheißwut im Bauch zu entsprechen. „Vanitas“ aber war das Moment intensiver, weil es sich keinen einzigen Durchhänger erlaubte. Es scheint, als hätten ANAAL NATHRAKH ihren ganzen Irrsinn in „The One Thing Needful“, reinen Gewalthämmern wie „Monstrum In Animo“ und „A Firm Foundation Of Unyielding Despair“, vor allem aber im grandiosen Opener „Unleash“ verbraten. Ein ähnlich kompromisslos überzeugendes Niveau erreichen sie nach der ersten Albumhälfte nur punktuell und voll entfaltet erst wieder bei „The Joystream“. Wo alle Songs auf der A-Seite problemlos zünden, verlassen ANAAL NATHRAKH im Ausklang leider die schlagkräftigen Argumente, „Desideratum“ insgesamt über „Vanitas“ zu hieven.

19.10.2014
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