Anaal Nathrakh - In The Constellation Of The Black Widow

Review

ANAAL NATHRAKH sind ein Faszinosum. Sie sind ungefähr wie ein Amateurboxer, der einen Weltmeister niederschlägt. Wie Usain Bolt, der aus dem Stand einen Weltrekord nach dem anderen aufstellt. ANAAL NATHRAKH sind Blitzkrieg, ein Atomschlag, 1 000 000 Volt. Keine Kompromisse, keine zweiten Plätze. Wo sich der Drache niederlässt, wächst kein Gras mehr, was auch immer er berührt, infiziert er mit einem tödlichen Virus. Wenn ANAAL NATHRAKH einen Song „Pandemonic Hyperblast“ nennen, dann klingt er auch danach, und nicht nach irgendwelcher Pseudoscheiße von Extremposern („Hui, schaut, wir sind extrem, uaargh, wir können Gitarren verzerren, bwaarghl!“)

Zweitklassiges gab es von dem britischen Duo Infernale noch nie, nicht mal auf ihren ersten Demos. Jede neue Veröffentlichung ein Einschlag, der mit seinem Lärm sämtliche Worte übertönt, die man darüber verlieren könnte. Ja, eigentlich ist es ziemlich gleich, was ich hier schreibe. Mit jedem neuen Album des Drachen bin ich bass erstaunt, wie man derart extreme Musik tatsächlich noch steigern kann, ohne entweder unhörbar oder zur Farce zu werden. Aber ANAAL NATHRAKH schaffen es, immer wieder, sie legen immer wieder einen drauf.

Das Kesselbarometer pfeift um sein Leben, der Aggressionsmotor läuft am Limit, die Tachonadel klemmt am Anschlag – dennoch sind es feine Nuancen, mit denen die Briten die Maschine am Leben halten, ohne zu einer Kopie ihrer selbst zu werden. Jedes Album ist eine Höllensymphonie und wie jedes besitzt auch „In The Constellation Of The Black Widow“ eine eigene Seele. Dave Hunt regiert das Mikro, er quält und mißbraucht es und tötet seine Stimmbänder: Extremes Gekreisch, FX-beladene, dämonische Begleiter und ein dermaßen kraftvoller, melodischer Gesang, bei dem Power-Metaller verschreckt den Schwanz einklemmen. Diese Mischung aus gnadenlosem Getrümmer, mächtigen Lead-Motiven und hymnenhaften Refrains hört man NUR bei ANAAL NATHRAKH.

Das Titelstück gleich zu Beginn: Die Pforte wird aufgestoßen, der Feuersturm bricht los, die häßliche Fratze des Drachens blendet uns mit ihrem Pestatem. „Terror In The Mind Of God“ als Grindmörser, „The Unbearable…“ mit seinem groovigen Midtempo-Gestampfe als größtes Novum der Platte, sowie auch die Stakkato-Angriffe bei „Oil Upon The Sores Of Lepers“. ANAAL NATHRAKH wildern überall und hinterlassen nur verbrannte Erde. Will man dort noch leben, wo dieser Virus einmal gewütet hat? Mit „Satanarchrist“ legt die Band kurz vor Schluß das wohl geilste Motiv des Albums vor. Unter Doublebass-Trommelfeuer hämmert sich dieses gnadenlose Riff in den Schädel, dass es eine Wonne ist. Jede andere Band hätte hier einen coolen Black-Metal-Song hingelegt, bei ANAAL NATHRAKH ist es quasi der Walkürenritt der Apokalyptischen Reiter. Reinrassigen Black Metal gibt es wie gehabt auch auf diesem Album nicht, neben Grindcore fließen auch wieder Death- und Thrash Metal Elemente in den extremen Cocktail, der abermals mit einer gewaltig krachenden Produktion gesegnet ist.

35 Minuten Vollbedienung. Ohne Gnade. Der Sensenmann grinst breit: Das ist sein Soundtrack.

27.06.2009
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