Arckanum - Fran Marder

Review

„Es kam ein Mann in mein Studio, der sah aus wie ein Troll, und er sagte: ‚Ich gebe dir Geld, wenn du mich das Album selbst mischen lässt.‘ „

Der Legende nach soll dies Peter Tägtgren gesagt haben, nachdem Shamaatae im Februar 1995 in dessen Abyss-Studio einfiel, um in nur vier Tagen sein Debütalbum „Fran Marder“ aufzunehmen. In der Tat ist dieses Album, gemessen an den schon damals hochmodernen Abyss-Produktionen, ein Zeugnis wirklich rohen, wenn auch druckvollen schwedischen Black Metals, das Peter Tägtgren die Ringe um die Augen beschert haben könnte. Denn: „Fran Marder“ klingt, als wenn einem ein Troll mit einer Nagelkeule den Hinterkopf polieren und seine Beute dann als Rollbraten durch den Wald schleifen würde.

Die einzigartige Stimmung auf diesem Album ist Shamaataes außergewöhnlicher Vision für ARCKANUM entsprungen, die er seit 1995 konsequent in einem beeindruckenden Alleingang umsetzt. Angefangen vom straight durch den Forst polternden Schlagzeug über die verwaschen-reißenden Gitarren bis zum Gesang, der gepitcht und mit extremem Delay versehen klingt, wie ein Waldgeist schreien würde, ist Shamaatae für alles an dieser Platte selbst verantwortlich. Auch für das in dieser Neuauflage wunderbar zur Geltung kommende Artwork mit handgeschriebenen Texten und äußerst stimmungsvollen Fotos. Das hat zu einem kompakten, greifbaren Konzept geführt, das zwischen schwedischer Mythologie, skandinavischem Schamanismus und einer ganz allgemein finsteren, angriffslustigen Waldstimmung pendelt und selbst innerhalb der Black-Metal-Szene bis heute nicht zu kopieren war.

Allerdings kann man „Fran Marder“ auch mit viel Genuss hören, wenn man das Konzept außen vor lässt. Dann hört man eine zeitlos gültige Black-Metal-Scheibe, die handwerklich sehr gut umgesetzt, abwechslungsreich und spontan, aber gleichzeitig in ihren Details perfekt ausgearbeitet ist. „Fran Marder“ ist für wildes Headbanging geeignet, hat mit „Kununger Af Þæn Diupeste Natur“ einen bösartigen, von durch die Baumwipfel fegenden Sturmböen getragenen Ohrwurm auf Lager und mit „Bærghet“ eine mit Sirenengesang verfeinerte Folk-Ballade an Bord, die auch STORM gut gestanden hätte. Zwischen all diesen Highlights lauert hinter jeder Ecke ein mindestens solider Song (nicht alle sind von gleicher Qualität) oder auch nur eine atmosphärische Hinterhältigkeit, ein Waldwesen, das den Hörer immer tiefer in einen fünfzigminütigen Waldkosmos lockt.

Kurzum: „Fran Marder“ ist der Soundtrack zu einem Film, in dem eine Horde vermummter Trolle unter Pans Regie kurz vor der Baumgrenze „Blair Witch Project“ aufführt. Wem es da vor Gänsehaut nicht die Schuhe auszieht, dem ist kaum zu helfen. Auch denjenigen nicht, die bei dieser in einem Digibook verpackten, fantastisch neu gemasterten Neuauflage nicht zugreifen.

30.10.2009
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