Baroness - Purple

Review

Spätestens nach dem 2012er-Doppeldecker „Yellow & Green“ und der dazugehörigen Tour, die eine bis in die Haarspitzen motivierte und sich Abend für Abend klitschnass schwitzende Formation zeigte, mochte man meinen, dass BARONESS sich anschickten, das nächste ganz große Ding zu werden. Doch in der Folge verloren die US-Südstaatler viel von diesem Momentum – was vielleicht auch daran lag, dass ihr jetzt erscheinendes viertes Album immerhin dreieinhalb Jahre auf sich warten ließ. Sicherlich war der beim schweren Tourbus-Unfall im Spätsommer 2012 spürbare Hauch des Todes, aufgrund dessen Bassist Matt Maggioni und Trommler Allen Blickle ausstiegen und ersetzt werden mussten, an dieser Verzögerung nicht ganz unschuldig.

Zum Glück sind BARONESS danach trotzdem richtig abgebogen: Auf „Purple“ präsentieren sie sich nämlich wieder eine Nuance kerniger und lebhafter als noch auf dem großteils sehr ruhigen Vorgänger, ohne jedoch zum Härtegrad ihres Opus Magnum „Blue Record“ zurückzukehren. Wer das Quartett aus Savannah, Georgia, kennt, der weiß, dass nicht wenige ihrer Lieder Gefahr laufen, einen recht unspektakulären ersten Eindruck zu hinterlassen. Das ist auch auf „Purple“ nicht anders. Doch von Durchlauf zu Durchlauf offenbaren die Kompositionen mehr und mehr von ihrem unaufdringlichen, dafür jedoch umso nachhaltigeren Charme: Mit dem beschwingt eröffnenden Tripleschlag „Morningstar“, „Shock Me“ und „Try To Disappear“ gelingt ein famoser Einstieg; das weiter hinten platzierte, besonders kraftvolle „Desperation Burns“ ist mindestens ebenbürtig. Auch der gesamte Rest fällt kaum ab, verbindet auf die zeitlos-elegante, BARONESS-typische Art und Weise knackige Stromgitarrenmusik mit einer enormen Lässigkeit. Ehe man sich versieht, braucht man auch schon seine tägliche Dosis.

Also alles toll? Eigentlich ja. Auch das natürlich wieder von Frontmann John Baizley erschaffene Umschlagbild kann sich mehr als sehen lassen. Allerdings wäre „Purple“ möglicherweise noch packender geworden, wenn seine Schwingungsamplitude größer ausgefallen wäre; sprich wenn der 42-Minüter noch mehr Dynamik, ein paar deutlichere Aufs und Abs, besitzen würde. So fesselnd die oben genannten Stücke für sich genommen auch sind – sie funktionieren alle nach einem ähnlichen Prinzip. Doch das mag einfach dem Umstand geschuldet sein, dass sich das Duo Baizley/Adams gefühlt alles locker aus dem Ärmel schüttelt. Und im Zweifel doch lieber Natürlichkeit statt zu großer Kopflastigkeit, oder? Obwohl es also interessant gewesen wäre, die fiktive „Purple“-Version zu hören, die ein Aufbrechen des Bewährten gezeigt hätte, gibt es nichts daran zu rütteln, dass BARONESS hier nach Jahren der ungewissen Stille stark nachgelegt haben. Erfreuen wir uns einfach an diesem neuen Vorrat leicht verkappter Ohrwürmer von immens hoher Halbwertszeit.

07.12.2015
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