Baroness - Yellow & Green

Review

Mit MASTODON teilen BARONESS nicht nur den Herkunftsstaat Georgia, sondern in gewisser Weise auch die musikalische Entwicklung. Nicht, weil ihre Musik trotz einiger verwandter Einflüsse gleich klingt, sondern weil die Richtung, in der sie sich entwickeln, bei beiden Bands nicht vorhersehbar ist. Das erleichtert den Zugang nicht gerade, sorgt aber für ein hohes Maß an Spannung und Entfaltungspotenzial. Die Tatsache, dass “Yellow & Green“ als nach Farben getrenntes Doppelalbum konzipiert ist, mag die Vermutung nahelegen, die beiden Albumseiten hätten für sich genommen einen jeweils eigenen roten Faden. Das lässt sich in dieser Form nicht bestätigen, da “Yellow“ und “Green“ einen ähnlichen Spannungsbogen besitzen und sich musikalisch stärker ähneln, als das rote und blaue Album der Band. Da die Gesamtspiellänge auch die Kapazitäten einer einzigen CD nicht überschreitet, wirkt zumindest die Maßnahme, beide Teile zu trennen, auch nach mehreren Durchläufen noch etwas befremdlich, lässt aber immerhin das Material ein wenig kompakter erscheinen.

 

Das kreative Ergebnis steht für sich als stark am Classic Rock orientiertes Monument, dessen Anteil an rauer Sludge-Kante und an erfreulich unpolierter Spontanität jegliche Kommerzialisierungsvorwürfe im Keim erstickt. BARONESS sind im Jahre 2012 melodieorientierter als zuletzt, überraschen mit betont ruhigem Ausharren auf einer speziellen, leicht psychedelischen Atmosphäre und funktionieren so gesehen am Besten in Stunden etwas einsamer Sehnsucht. BARONESS haben eine neue Kompositionsformel für sich entdeckt, haben die in Ansätzen etwas orientierungslose Experimentierfreude ihrer ersten beiden Scheiben in gut geformte Songs verbaut und klingen dank der ganz offensichtlich zumeist eher im Bauch als im Kopf entstandenen Musik überaus eigenständig. Dass Sänger und Gitarrist John Baizley in manchen Momenten ein wenig neben der Spur liegt, erhöht die Glaubwürdigkeit, macht “Yellow & Green“ zu einem kantigen Rohdiamanten, dem auf lange Sicht jedoch auch ein paar wirklich spektakuläre Momente fehlen. Härtere Nummern wie “Board Up The House“ oder “Take My Bones Away“ dienen dem immer etwas schwebenden Gesamtbild als wohltuende Ausbrüche, das atmosphärische Geplänkel, dass die jeweils in der Mitte platzierten Nebelschwaden auszeichnet, ist gewöhnungsbedüftig, gewinnt aber zunehmend. Vor Allem, wenn man sich bewusst macht, dass BARONESS auf ihrem neuen Album nachdenken, Fragen stellen und ihrer Sehnsucht nach philosophischen Konflikten nachgeben. Der instrumentale Anspruch der Songs zeigt sich selten in ausufernden Gitarrensoli, sondern liegt immer im songbegleitenden Detail. Die unerwarteten melodischen Schwankungen, die sich durch die stattliche Songanzahl ziehen sind es, die dem Werk ihren Charakter verleihen, der vielleicht nicht immer energisch mitreißt, der aber sehr oft herausfordert.

 

In dem verwachsenen Dickicht aus Einflüssen sind mitunter ganz frühe Prog-Bands wie KING CRIMSON herauszuhören, “Mtns. (The Crown And Achor)“ sei hier mal als Beispiel genannt. BARONESS hieven sich selbst auf ein höheres Level, das trifft qualitativ weitestgehend zu, vor Allem aber auch bezüglich der eigenen Ansprüche, die ihre Musik jenseits des Irdischen platziert. Die eingangs erwähnten MASTODON haben auf “Crack The Skye“ einen ähnlichen Weg bestritten. Immer wieder legt sich über die Umgebung ein sinnhaftes Bild der Traurigkeit, durchzogen aber mit Hoffnung und dem Wunsch nach Aufhellung für die geschundene Seele. Highlight in dieser Hinsicht: “Foolsong“ , zugleich einer der kürzesten und besten Songs der beiden Scheiben. Im Verbund mit dem direkt anschließenden “Collapse“ ist dieser späte Augenblick der emotionale Höhepunkt des Albums.

 

Der schwierige Zugang und die Ausrichtung auf eine sehr spezielle Stimmungslage, kann über die Qualität des Album nicht hinwegtäuschen. Das führt zwar dazu, dass die subjektive Punktvergabe von Tag zu Tag zu schwanken vermag, nicht aber dazu, dass man “Yellow & Green“ als schwaches Album bezeichnen kann. BARONESS haben uns nie versprochen, dass ihre Musik leicht konsumier sei, und so gesehen haben sie nicht enttäuscht. Das Doppelalbum braucht Zeit und Hingabe, ist kein fulminanter Überflieger, der alles in den Schatten stellt, aber ein wichtiges Lebenszeichen, dass die Frage aufwirft, wohin es die Band von hieran führen wird.

Weitere Meinungen zu dem Album gibt es übrigens in den nächsten Tagen bei metal.de.

13.07.2012
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