Darkened Nocturn Slaughtercult - Hora Nocturna

Review

Nachdem DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT in den letzten Wochen ja eher wegen ihres Fernsehinterviews bei Arte im Gespräch waren, weniger auf Grund ihrer Musik, legt die düstere Priesterschaft zum rechten Zeitpunkt das vierte Album vor. Glücklicherweise gehören DNS zu denjenigen Black-Metal-Bands, deren Stärken nicht im Dummdieklappeaufreißen liegt, sondern eher in der Darbietung ihrer Stücke.

Auf „Hora Nocturna“ finden sich derer acht, wovon eines, das Titelstück, als nicht vollwertig zumindest für mich ausscheidet. Ich rechne einer Band stets hoch an, wenn sie zu ihren Überzeugungen und zu ihrem Lebensstil (oder Image, je nachdem) steht – mit jenem Track „Hora Nocturna“ haben DNS allerdings einen verdammten schwarzen Bock geschossen. Vier Minuten lang Windspielgeklimper, ritueller Eintonchor, Trommeln, dazu Beschwörungsformeln mit mächtig Kathedralenhall – das war schon vor zehn Jahren hart an der Grenze zur spiritistischen Lächerlichkeit. Okkultismus hatte schon immer zu viel Pathos und zu wenig Durchschaubarkeit für Außenstehende, aber in diesem Fall ist der Track nicht nur nervig und kitschig, sondern zerstört auch den Fluss des Albums. Schade.

Was sich sonst auf dieser Scheibe findet ist nämlich ein durchaus völlig anderes Kaliber. Der Opener „Das All-Eine“ ist schnörkellos, fräst sich mit seinem bestechenden Mainriff gnadenlos ins Trommelfell und überzeugt vor allem durch eine spontane und nachvollziehbare Einfachheit, die Black Metal heute zu oft fehlt. Da finden wir ein pumpendes Drumkit, das Fenriz‘ alter Prämisse „das Schlagzeug ist völlig unwichtig, Hauptsache, es ist da!“ alle Ehre macht und genug Platz für die wuchtig sägenden Gitarren lässt. An denen zeigt sich, dass DNS in den fast zehn Jahren ihrer Existenz Profil und eigenen Ausdruck entwickelt haben. Die Riffs sind zwar typisch für nordisch-rasenden Black Metal, verraten aber in so manchem Break oder Detail interessante Feinheiten. Gleiches gilt für den gut eingesetzten Bass, der sparsam, aber effektive mit netten Alleingängen Akzente setzt. Schön ist auch, dass sich der Vierer trotz aller Tradition sparsam an die Arbeit mit Akustikgitarren, Synthesizern und ambienten Klängen gewagt hat.
In den Glanzmomenten des Albums, wenn Drummer Horrn richtig in die Felle drischt und Frontfrau Onielar sich die Stimmbänder wund schreit, erinnert „Hora Nocturna“ angenehm an IMMORTALs „Pure Holocaust“ und vor allem (in den Vocals) an BEHEMOTHs Klassiker „Sventevith“ und „Grom“ – mit ein bisschen mehr rockiger Bewegung vielleicht. Im Ganzen ist die Platte, wie schon gesagt, allerdings erstaunlich eigenständig und kommt nahe an die Livegewalt der Band heran.

Dass es für „Hora Nocturna“ nicht für eine höhere Wertung reicht liegt daran, dass kein einziges Stück neben eben jenem „All-Einen“ herausstechen kann. „Tempestous Sermonizers Of Forthcoming Death“ kommt nahe heran, ist aber ungestümer, fast thrashig und lässt die sonst oft durchscheinende „epische“ Komponente der Musik vermissen. Bei allen weiteren Stücken hört man – Black Metal. Einfach nur Black Metal, meist im oberen Tempobereich, ruppig und fantastisch druckvoll produziert, ohne Ausfälle, aber auch ohne wirklich herausragende Glanzpunkte. Dafür aber mit ganz viel Herz.
Das immerhin muss man DNS lassen: sie wollen nicht mehr als das, nicht mehr als schwarz/weiß da zu stehen, ihre Musik zu machen, dafür zu bluten und ansonsten in Frieden gelassen zu werden. Das finde ich völlig sympathisch und ok, und deshalb wollen wir ihnen das lassen und im Hinterkopf behalten, dass „Hora Nocturna“ nicht für jeden Metalfan das Richtige sein wird.

07.11.2006
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